
Lange verpönt als arme Leute-Essen, als geschmacklos, schwer verdaulich – so was von altmodisch. Mehr Negativ-Image für die Hülsenfrüchte gibt kaum. Doch vor rund sechs bis zehn Jahren der Game-Changer: Die Samen von Schmetterlingsblüten erleben einen ungeahnten Aufwärtstrend. Sogar in der Sterneküche. So hat sich ihre Produktion zwischen 2019 und 2021 um sagenhafte 62 Prozent gesteigert. Sogar ein „Internationaler Tag der Hülsenfrüchte“ gibt ihnen die Ehre. Dieser Kompass widmet ihnen on top gebührende Steckbriefe und Infos in Hülle und Fülle.
Ackerbohne
In mittelalterlichen Kochschriften wird sie ignoriert oder als Hunger-Essen für arme Leute geschmäht. Dieser Ruf haftet der Ackerbohne, die auch die unschönen Namen Sau-, Puff-, Pferde-, Fava- oder Dicke Bohne trägt, noch heute an. Kultiviert wird die wirklich saftige, anspruchslose Bohne schon seit 6000 Jahren.
Spezieller Gesund-Faktor: Hervorstechend ist ihr hoher Gehalt der Aminosäure L-Dopa, die der Körper in den Neurotransmitter Dopamin umwandelt. 100 bis 200 Gramm Ackerbohnen täglich können so laut Studie der Universität Istanbul als pflanzliches Co-Therapeutikum die Behandlung von Parkinson unterstützen.
Extra-Tipp: Für einen gesunden Snack Ackerbohnen 20 Minuten kochen. In 2 EL Olivenöl, Basilikum, 1 TL Zitronensaft, Meersalz wenden, im Backofen bei 190 °C ca. 30 Minuten rösten.
Belugalinse
Benannt ist die feine, schwarze, glänzende Hülsenfrucht nach dem Edel-Kaviar. Nicht ganz zu Unrecht, denn auch sie ist eine echte Delikatesse. Mit einem nussartigen Geschmack, der an geröstete Maronen erinnert. Im Gegensatz zu anderen Linsen bleibt sie beim Kochen knackig.
Spezieller Gesund-Faktor: Ihre Polyphenole machen Belugalinsen zu perfekten Bodyguards für Herz und Gefäße. Ähnlich wie Blutdrucksenker blockieren sie ein Enzym, das die Blutgefäße verengt, senken so den Blutdruck (Università degli Studi di Milano). Und sie verringern gefäßschädliche LDL-Blutfette.
Extra-Tipp: Soja-Allergene in Edamame können häufig eine Nahrungsmittelallergie auslösen, z.B. vertragen viele Menschen, die auf Birkenpollen allergisch reagieren, auch Soja. Es kommt dann nämlich zu Kreuz-Allergien.
Edamame
Bei Licht betrachtet ist der leuchtend grüne, leicht nussig schmeckende Exot nichts anderes als eine unreif geerntete, also grüne Sojabohne. Daher auch sein japanischer Name, der „Bohne am Zweig“ bedeutet.
Spezieller Gesund-Faktor: Edamame-Bohnen haben einen sehr niedrigen glykämischen Index, sind also geradezu ideal bei Diabetes Typ 2. Auch ihre Isoflavone, ungesättigten Fettsäuren und die reichlichen Ballaststoffe regulieren den Blutzucker.
Extra-Tipp:Frische Kräuter wie Petersilie, Basilikum, Schnittlauch, Lauchzwiebeln, Liebstöckel, Oregano, vertragen sich ausgezeichnet mit Belugalinsen.
Gartenerbse
Die grüne Mini-Kugel mit ihrem starken, gesunden Süß-Faktor stammt eigentlich aus Vorder- und Mittelasien, wird seit ca. 7000 v. Chr. angebaut. Damit sind Erbsen wohl eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt.
Spezieller Gesund-Faktor: Ihr hoher Gehalt an Ballaststoffen macht Erbsen zum echten Darmfreund, der die Verdauung anschiebt. Außerdem liefern die Ballaststoffe guten Darmbakterien Futter. Das sorgt für eine gesunde Balance im Mikrobiom, stärkt so laut Studie der Göteborgs Universität das Immunsystem.
Extra-Tipp: Beim Erbsenspeisen ergeben sich aus 1000 Gramm Schoten gerade mal 400 Gramm Erbsen. Als Belohnung gibt es aber ein Maximum an Geschmack. Und sie sind leicht verdaulich. Wer normalerweise nach Hülsenfrüchten Probleme mit dem Bauch bekommt, kann frische Erbsen ohne Reue genießen.
Grüne Bohne
Die wilde Form der heutigen Garten-, Busch- oder Stangenbohne ist in Südamerika zu Hause. Im 16. Jahrhundert eroberte sie Europa – und verdrängte schnell die ungeliebte
Spezieller Gesund-Faktor: Grüne Bohnen stehen ganz weit oben in den Top 10 der größten pflanzlichen Vitamin-K-Quellen. So stärken sie den Knochen Gesundheit, schützen vor Osteoporose, aber auch vor Zahnausfall. Das berichtet die renommierte Cleveland Clinic.
Extra-Tipp: Frische Bohnen halten im Kühlschrank maximal ein bis zwei Tage. Danach werden sie mehlig, bitter. Besser gleich nach dem Kauf kurz blanchieren, kühl lagern. Das hält länger frisch.
Kichererbse
Sie hat weit mehr zu bieten als nur einen lustigen Namen. Aber mit „kichern“ hat dieser nichts zu schaffen. Er leitet sich ab vom lateinischen „cicer“, was schlichtweg „Erbse“ bedeutet. Aus den runden Hülsenfrüchten lassen sich Köstlichkeiten wie Hummus, Falafel, feines Curry zaubern.
Spezieller Gesund-Faktor: Kichererbsen enthalten relativ große Mengen Mangan. Das Spurenelement ist enorm wichtig, da mit die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, ausreichend Energie produzieren.
Extra-Tipp: Kichererbsen-Bratlinge eignen sich hervorragend als Fleischersatz. 500 g Kichererbsen über Nacht einweichen, ca. 30 Minuten kochen. Mit 2 gehackten Zwiebeln, 2 Knoblauchzehen, je 1 Bund Petersilie und Koriander zu Pattie-Teig formen.
Kidneybohne
Aus mexikanischen Chili con carne ist sie einfach nicht wegzudenken. Tatsächlich stammt die einierhülsenfrüchte, rote, nussige und süßlich-aromatische Bohne aber aus Peru.
Spezieller Gesund-Faktor: Ihre resistente Stärke wird von Darmbakterien in kurzkettige Fettsäuren umgebaut, z.B. in Butyrate. Diese verbessern ganz entscheidend die Darmgesundheit. Sie können sogar einen Darmkrebs ausbremsen, zeigen zahlreiche internationale Studien. Auch Flavonoide in den Bohnen bieten einen hohen Krebschutz.
Extra-Tipp: Die roten Bohnen sind durch ihren hohen Magnesium-Gehalt auch schnelle Stresslöser, bauen Nervosität ab, beruhigen bei innerer Unruhe, steigern die Konzentrations-Fähigkeit.
Limabohne
Es gibt sie in Weiß, Brauntönen oder Grün, gefleckt oder gestreift. Vor allem aber ist sie rund und groß – bis zu drei Zentimeter im Durchmesser. Kein Wunder, dass die Limabohne den Beinamen Mondbohne trägt.
Spezieller Gesund-Faktor: Ihr hoher Anteil an Folsäure ist für die Zellteilung und die Neubildung von Zellen unentbehrlich. Besonders in der Schwangerschaft. Und ihr Eisen-Gehalt sorgt dafür, dass Sauerstoff-Aufnahme und -Transport zu jeder Zelle des Körpers optimal ablaufen.
Extra-Tipp: Limabohnen müssen vor dem Kochen 10 bis 12 Stunden eingelegt werden. Nach dem Einweichen brauchen sie wegen ihrer Riesengröße noch etwa 2 bis 2,5 Stunden Kochzeit.
Lupine
Bis vor wenigen Jahren galt sie noch als Viehfutter. Heute sind Lupinen-Bohnen eine trendy pflanzliche Eiweiß-Quelle – nicht nur für Vegetarier. In Sachen Eiweiß sind sie nämlich Spitzenreiter unter den Hülsenfrüchten.
Spezieller Gesund-Faktor: Ihre Aminosäure Arginin kann die Blutfettwerte, die Insulin-Empfindlichkeit und die Darmflora positiv beeinflussen, berichten Forscher der Edith Cowan University.
Extra-Tipp: MungSprossen ziehen geht ganz einfach. Keimglas zu 1 Viertel mit getrockneten Bohnen füllen. Mit Wasser aufgießen, ca. 12 Stunden quellen lassen. Wasser abgießen, ca. 18 bis 20 Grad stellen. Keimende Sprossen 3-mal täglich mit frischem Wasser abspülen. Nach 4 Tagen ernten.
Mungbohne
Das erbsenkleine Böhnchen, auch als Mungo-, Jerusalembohne bekannt, ist geschmacklich eher dezent-neutral. Was kaum einer weiß: Ihre Keimlinge werden im Supermarkt meist fälschlicherweise als Sojasprossen angeboten.
Spezieller Gesund-Faktor: Ihr üppiger Protein-Gehalt und die Ballaststoffe züglend das Hungerhormon Ghrelin. Und fördern zeitgleich die Ausschüttung von Sättigungs-Hormonen, so eine Untersuchung der Universität Côte d'Ivoire.
Extra-Tipp: MungSprossen ziehen geht ganz einfach. Keimglas zu 1 Viertel mit getrockneten Bohnen füllen. Mit Wasser aufgießen, ca. 12 Stunden quellen lassen. Wasser abgießen, ca. 18 bis 20 Grad stellen. Keimende Sprossen 3-mal täglich mit frischem Wasser abspülen. Nach 4 Tagen ernten.
Puy Linse
Der gebürtige Franzose gehört zu den seltenen grünen Linsen. Er wächst in der Auvergne in Höhenlagen zwischen 600 und 1 200 Metern. Und zwar vollständig ohne Düngemitel oder Extra-Bewässerung. Der nussige Geschmack macht diese Linse zu einer aromatischen Delikatesse.
Spezieller Gesund-Faktor: Ihre Polyphenole wie Procyanidin und Flavanol haben einen starken anti-entzündlichen Effekt, löschen so Mikroentzündungen im Organimus. Das berichtet das Guelph Food Innovation Centre.
Extra-Tipp: Beim Einkauf darauf achten, dass sich am Packungs-Boden keine melzige Substanz findet. Falls doch, besser verzichten. Die Linsen könnten von Parasiten befallen sein.
Rote Linse
Streng genommen ist sie keine eigene, spezielle Sorte. Bei roten Linsen handelt es sich in Wirklichkeit um geschälte Berglinsen. Wegen der fehlenden Schale sind sie süßer, sämiger.
Spezieller Gesund-Faktor: Auch ohne Schale liefern die Hülsenfrüchte sekundäre Pflanzenstoffe, die die Hirn-Blut-Schranke überwinden. Dort schützen sie die grauen Zellen vor Entzündungen, verbessern so Gedächtnis, Orientierungsvermögen.
Extra-Tipp: Rote und gelbe ge- schälte Linsen werden meist mit Sonnenblumenöl geölt angeboten, um die Hüllenlosen besser zu kon- servieren. Den Ölfilm vorm Kochen mit heißem Wasser abspülen
Schwarze Bohne
Für ihre satte, pechschwarze Far- be sind ein ganzes Paket an Pflanzenfarbstoffen verantwortlich. Typisch für sie ist eine fleischige Konsistenz, ein kräftiges Aroma.
Spezieller Gesund-Faktor: Viel Eisen, Phosphor, Kupfer, Zink Calcium, Magnesium halten laut schwedischer Lunds Universität Knochen stabil, Sehnen, Bänder und Gelenke elastisch.
Extra-Tipp: Sie sind derart reich an Aromastoffen, dass sogar das Kochwasser der Bohnen prima als Würzbrühe oder Suppenbasis verwendet werden kann.
Sojabohne
In China gilt sie traditionell als einer der fünf heiligen Samen. Sie kann braun, gelb, weiß, grün oder schwarz-violett sein, rund, flach, nieren- oder eiförmig.
Spezieller Gesund-Faktor: Das Soja-Eiweiß enthält alle neun essenziellen Aminosäuren, die der Körper nicht selbst produzieren kann. Das unterstützt die Bildung von Hormonen, Enzymen, Neurotransmittern, Aminosäuren, boostet sämtliche Stoffwechsel-Vorgänge, erklärt die Harvard T.H. Chan School of Public Health.
Extra-Tipp: Getrocknet, luft- dicht, dunkel und trocken gelagert halten Sojabohnen mindestens ein Jahr. Frische Bohnen müssen sofort verarbeitet werden, weil sie sonst blitzschnell verderben.
Tellerlinse
Mit einem Durchmesser von bis zu sieben Millimetern zählt die gelbe, olivfarbene, grüne Linse zu den richtig großen Linsensorten. Mit ihrer Größe aber hat ihr Name nichts zu tun. Denn früher hieß sie Hellerlinse, weil sie für wenig Geld zu kaufen war. Als der Heller als Zahlungsmittel ausgedient hatte, veränderte sich der Name allmählich in Tellerlinse.
Spezieller Gesund-Faktor: Das Risiko für chronische Krankheiten nimmt durch die Linsen Polyphenole und ihre mehr als ordentliche anti-entzündliche Wirkung deutlich ab, sagt die American Heart Association. Dazu gehören Diabetes, Herzerkrankungen, Übergewicht, Krebs.
Extra-Tipp: Die Linsen benötigen zum Kochen die 3- bis 4-fache Menge an Wasser. Konkret bedeutet das, dass für 250 Gramm Linsen der Topf mit einem Liter Wasser gefüllt werden sollte.
Weiße Bohne
Der Klassiker unter den Bohnensorten hat sein ursprüngliches Zuhause in den tropischen und subtropischen Regionen Mittel- und Südamerikas. Er schmeckt mild, weich und mehlig.
Spezieller Gesund-Faktor: Mehrere Langzeit-Studien etwa der Harvard Medical School be- weisen, dass die außerordentlich kompakte Nährstoff-Dichte in den Weißen Bohnen das Risiko für Übergewicht um 22 Prozent verringert. Und die Gefahr von inne- rem Bauchfett (siehe auch Seite 15) sogar um 23 Prozent.
Extra-Tipp: Weil sie keinen besonders ausgeprägten Eigengeschmack hat, saugt sie Aromen aus Kräutern und Gewürzen wie Ingwer, Lorbeer, Chili, Paprika, Senf auf wie ein Schwamm. Geradezu köstlich schmeckt sie in Kombi mit Zwiebeln und Tomaten, etwa als gebackene Bohnen.
Mal ungesund, mal toxisch: Da gibt es zwei Haken
Roh können Hülsenfrüchte zu Unverträglichkeit und Vergiftungen führen.
Super eiweißreich sind Hülsenfrüchte. Sogar für Menschen mit Gicht geeignet, weil sie wenig Purine enthalten. Aber nur, wenn sie gekocht sind. Und zwar mindestens 15 Mi- nuten bei 100 Grad. Das zerstört vor allem
das hochgiftige Protein Phasin, das zu den Lektinen zählt. Es steckt besonders in Bohnen. Schon ganz wenige davon lösen ungekocht schwere Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen und Bauchkrämpfe aus.
Dr. Matthias Riedl ist bekannt als Ernährungs-Doc aus dem NDR-Fernsehen. Der Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe leitet das medicum Hamburg, Deutschlands größtes Zentrum für Ernährungsmedizin und Diabetologie (medicum-hamburg.de).