Das große ABC fürs gesunde Grillen

Von A wie Alufolie bis Z wie Zucchini. Alles dreht sich hier um den Sommer-Favoriten der Deutschen. Immer schön gesund.

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Vom Nachbarn zur linken ziehen Duftwolken voller Röstaromen herüber, rechts kommt gut hörbar eine Grill-Party in Schwung. Grillen gehört zum Sommer wie laue Nächte unterm Sternenhim- mel. Rund 39 Prozent der Deutschen greifen laut Statista alle zwei Wochen zu Fleischzange und Zünder. Doch Grillen kann leicht zur ungesunden Angelegenheit werden, wenn Zucker-Marinaden, giftiger Rauch oder fettes Billigfleisch das Garten-Vergnügen trüben. Vom großen Spaßverderber ganz zu schweigen: Der Garvorgang bei hoher Hitze setzt Schadstoffe frei, die in dringendem Krebs-Verdacht stehen. Doch mit diesem Abc kann jeder richtig gesund grillen. 

A

Alu-Folie falsch gewickelt
Kartoffeln, Fisch, Gemüse

werden gerne mal in Alufolie eingeschlagen, auf Alu-Grillschalen
gelegt. Doch mariniertes, salziges oder säurehaltiges Grillgut sorgt
dafür, dass Aluminium aus der Folie ins Nahrungsmittel übergeht,
so das Institut für Risikobewertung. Zu viel Aluminium aber kann Nieren. Leber, Knochen, Gehirn schädigen. Deutlich gesünder sind Grillschalen aus Edelstahl, Gusseisen, Emaille, wieder verwendbare Grillgitter für Fisch und Gemüse. Ebenso spezielle, gewässerte Wood-Wraps aus Ahorn, Erle, Zeder. Ganz natürlich: Grillgut in Kohl-, Rhabarber-, Mangold- oder Weinblätter einwickeln. 

B

Blitz-Hygiene

Zangen, Gabeln, Bretter oder Tischflächen, die mit rohem Fleisch, Fisch oder verwendeten Marinaden in Kontakt waren, peinlich genau säubern. Grill mit Spachtel, Bürste blitzblank schrubben. Hände unter fließendes, warmes Wasser halten, 30 Sekunden einseifen. Auch Finger-Zwischenräume, -nägel, -spitzen. Gut abspülen, abtrocknen.

C

Campylobacter-Keime vernichten

Der Keim sitzt vor allem auf Geflügel, verursacht heftige Durchfall-Erkrankungen. Das Robert Koch-Institut rät, Hähnchen und Pute vorm Grillen abzutupfen und bei einer Kerntemperatur von mindestens 70 Grad wenigstens zwei Minuten durchzugrillen.

D

Durchbrutzler von Fleisch werden 

Schön rosa, etwas roter die Fleisch-Farbe beim Grillen bitte vergessen. Damit dabei Salmonellen und Campylobacter-Keime abgetötet werden, sollte Fleisch immer ausreichend durchgegart werden. Das Center for Disease Control and Prevention in Atlanta rät zu diesen Garzeiten (mit Küchen-Thermometer kontrollieren):

Ganzes Hähnchen, Hähnchen- und Putenbrust 74 Grad, Hamburger und Schweinefleisch 71 Grad, Steak medium 71 Grad, well done 77 Grad, Medium rare 63 Grad, Fisch 63 Grad.

E

Elektro, Gas, Holzkohle - Der gesunde Sieger Grill-Traditionalisten behaupten: Nur die Röstaromen auf dem Holzkohle-Grill liefern den typischen Grill-Geschmack. Aber das stimmt so nicht. Denn Holzkohle besteht 

überwiegend aus Kohlenstoff, ver- brennt zu geschmacksneutralem Kohlendioxid. Die Aromen entste- hen allein durchs scharfe Anbra- ten der Fleisch-Eiweiße. Und das schaffen Gas-oder Elektrogrills so gut wie ein Kohle-Grill. Bei der Öko-Bilanz sind Kohle-Grills aber klare Verlierer. Sie setzen pro Grill- Abend 6,7 Kilogramm CO2 frei. Ein Gas-Grill etwa nur 2,3 Kilo, Elektro-Grills sogar nur 0,5.

F

Fleischportion nach Mass 

Mehr als 300 Gramm Fleisch pro Woche sollten nicht verzehrt werden, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Das ist in etwa die Menge pro Gast bei fleischlastigen Grill-Partys. Doch Ernährungsmediziner raten, die Menge zu halbieren, stattdessen mehr Gemüse zu rösten.

G

Grillkohle aus Buche, mit Siegel 

Gute Grillkohle besteht aus hartem Laubholz mit hohem Brennwert wie Buche. Sie ist zwar doppelt so teuer wie Baumarkt-Billigkohle, hält die Hitze aber bis zu dreimal länger. Wer kein Tropenholz verbrennen will, sollte auf das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council), das PEFC-Label (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) setzen. Pestizidfreie Grillkohle garantiert das Naturland-Siegel.

H

Holzwolle mit Wachs als perfekter Zündstoff 

Der ideale Grillanzünder sollte wenig Ruß entwickeln, geschmacks-, geruchsneutral sein, die Kohle schnell entflammen. Und er darf der Gesundheit nicht schaden. Top sind Würfel aus gepresster Holzwolle mit Wachs, die eine lange Brenn-Dauer aufweisen. Nachhaltig sind Bambus-, Kokos-, Olivenkern-Briketts, Mais-Spindeln. Die Rote Karte bekommen flüssige Anzünder mit Paraffin oder Petroleum, die z. B. bei Kindern Fieber, Erbrechen und Atemprobleme auslösen können. Es kann zu einer sogenannten chemischen Lungenentzündung kommen.

I

Ingwer-Marinade pusht Antioxidanzien 

Ein cleverer Trick, mit dem sich die Konzentration der krebserregenden heterozyklischen aromatischen Amine (HAA) senken lässt: Ingwer-Marinade für das Grillgut. Denn sie pusht nicht nur die antioxidative Wirkung von Kräutern, sie schützt zudem noch das Herz, so die British Heart Foundation. Rezept: Saft von 1 Orange, 3 TL Olivenöl, 2 cm fein gehackte Ingwerknolle, 2 ausgepresste Knoblauchzehen gut verrühren. Grillgut darin mindestens ein bis zwei Stunden ziehen lassen.

J

Joghurt-Marinade

Schwerverdauliche Fleischproteine werden durch eine Joghurt-Marinade viel verträglicher für Menschen mit Magen-Darm-Problemen. Auch Vegetarier und Veganer müssen nicht auf Grill-Genuss verzichten. Denn es gibt jede Menge Fleischersatz wie Soja-, Tofu-, Erbsen-, Lupinen-Produkte und Darmproblemen. Denn ihre Milchsäure-Bakterien brechen die Eiweiß-Moleküle auf. Besonders sinnvoll bei Rindfleisch, Lachs, Geflügel. Am besten zwei Stunden lang marinieren.

K

Krebs-Amina blocken

Bitte rotes Fleisch niemals verkohlen lassen, rät die Deutsche Krebsgesellschaft. Wird Fleisch nämlich zu lange und heiß gegrillt, bilden sich heterozyklische aromatische Amine (HAA). Und tropft Fett, Fleischsaft, Marinade in die Holzkohle, entstehen polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Beide fördern bösartige Tumoren.

L

Lager-Temperatur niedrig halten 

Rohes Fleisch verdirbt leicht. Erst ultrakurz vor dem Grillen aus dem Kühlschrank holen. Rind-, Lamm-, Schweinefleisch immer bei Temperaturen unter 7 Grad lagern. Hackfleisch und Geflügel bei maximal 4 Grad. Krankmacher-Keime vermehren sich dann nur noch langsam.

M

Mikrowelle als Grillstarter

Mit jeder Minute länger auf dem Grill steigt das Risiko, dass sich schädliche Substanzen bilden, die Tumore verursachen können Deshalb rät das American Institute for Cancer Research dazu, das Fleisch vorher kurz in die Mikrowelle oder in den Backofen zu legen und 1 Minute vorzugaren. Ganz wichtig: Danach muss es sofort auf den Grill gelegt werden.

N

Niedrig-Temperatur, Bitteschön 

Wird bei Temperaturen unter 177 Grad gegrillt, bilden sich so gut wie keine erbgutschädigende Substanzen, die heterozyklischen Amine (HCA). Optimal für das Niedrigtemperatur-Grillen ist eine Temperatur von 110 bis 120 Grad. Das klappt prima mit Gaskugelgrills. In ihnen reicht es oft, das Fleisch mit 80 bis 120 Grad zu garen. Also kleine Hitze, dafür etwas länger. Gefahr gebannt!

O

Oregano & Co. 

Die gefährlichen HCA-Substanzen werden nachhaltig durch Oregano, Rosmarin, Kurkuma, Koriandersamen, Kreuzkümmel auf dem Grill-Fleisch oder in Marinaden um bis zu 79 Prozent neutralisiert. Das hat eine Studie des Food Safety Consortium der University of Ark-ansas herausgefunden. Besonders effektiv bei Rindfleisch, das beim Grillen mehr HCA bildet als Schweinefleisch oder Geflügel.

P

Pökel-Fleisch erhält Grillverbot

Niemals Kasseler, Bauchspeck oder Bockwürste auf den Grill packen. Denn werden diese Fleischwaren mit dem Konservierungsstoff Nitritpökelsalz (E 250) über 150 Grad erhitzt, bilden sich schädliche chemische Verbindungen, genauer gesagt Nitrosamine. Einige von ihnen sind vermutlich krebserregend, so die Verbraucherzentrale Hamburg.

Q

Qualität ist Trumpf beim Fleisch 

Grillmeister wissen: Billigfleisch schnurrt wegen seines hohen Was-sergehalts blitzschnell zusammen. Qualitätsfleisch dagegen ist magerer, nährstoffreicher, gart schneller, bildet weniger Krebsstoffe. Die Schnittstellen sollten hell, trocken sein. Läuft Fleischsaft aus – Finger weg! Rindfleisch sollte intensiv rot, Schwein kräftig rosa, Kalb zart hellrosa, Lamm hellrot sein. Und: Nur fein marmoriertes Fleisch kaufen. Es ist saftiger.

R

Rapsöl auf dem gesunden Rauchpunkt

Welche Öle sich zum Grillen eignen, verrät der Rauchpunkt. Wird er überschritten, bilden sich Schadstoffe. Gute Öle wie Raps-, Olivenöl halten mindestens 220 Grad aus. Temperaturstabil ist auch Traubenkernöl mit dem Pflanzenfarbstoff Pro- cyanidin. Eine starke Waffe gegen aggressive Sauerstoff-Moleküle.

S

Schwarzer Pfeffer schützt vor Schadstoffen

Forscher der Kansas State University haben entdeckt, dass der Scharfstoff Capsaicin in Pfeffer auf dem Fleisch gefährliche HCA-Schadstoffe beim Grillen zu fast 100 Prozent verhindert. Am besten mit Gewürzen wie Oregano und Knoblauch kombinieren.

T

Trennschärfe fürs Grillgut 

Besonders gesund ist indirektes Grillen auf einem Grill mit Deckel, etwa einem Kugelgrill. Bei einem Holzkohle-Grill wird die heiße Glut komplett auf eine Seite geschoben, bei einem Gas-Grill nur die seitlichen Brenner angezündet. Jenseits der Trennlinie liegt das Grillgut, das durch den geschlossenen Deckel schonend bei niedrigen Temperaturen gegart wird. Die Grillzeiten verlängern sich zwar. Ideal für dickere Bratenstücke, ganze Hähnchen oder Pulled Meat.
 

Unbedingt Fisch 

Besonders geeignet für den Grill-Rost sind festfleischige Fische wie Lachs, Rotbarsch, Dorade. Am besten in einem Fischkorb oder einem Fischbräter grillen. Auch Garnelen, Hummer, Jacobsmuscheln sind gesunde Fleisch-Alternativen.

V

Vergiftungs-Stopp bei Rauch-Alarm 

Sieht jeder, ignoriert jeder: Beim Holzkohle-Grillen entsteht Rauch. Mit unerfreulichen Feinstäuben, Kohlenmono-, dioxid. Möglichst wenig davon einatmen. Also immer im Freien grillen.

W

Waren-Güte für Fisch und Veggie 

Seit dem 1. Februar 2024 müssen Supermärkte, Schlachter, Hofläden oder Wochenmarkt-Stände klar kennzeichnen, woher nicht vorverpacktes frisches, gekühltes oder gefrorenes Fleisch stammt. So lässt sich billiges, oft minderwertiges Fleisch aus dem Ausland besser erkennen. Und das noch freiwillige Tierwohl-Siegel zeigt, ob Grillware z.B. aus artgerechter, biologischer Haltung stammt.

Y

Ysop-Exot für mediterranen Health-Touch 

Das „heilige Kraut“ der Bibel verleiht nicht nur dem Grillgut einen unverwechselbaren, bitter-süßen Geschmack und einen Hauch von Mittelmeer. Es fördert auch die Verdauung. Und steckt laut Studie der Iuliu Hațieganu University of Medicine and Pharmacy voller gesunder Polyphenole, die vor krebserregenden Substanzen schützen.

Z

Zucchini: Top Veggie

Wer beim Grillen mehr auf Gemüse setzt, tut der Gesundheit einen echten Dienst, so das American Institute for Cancer Research. Sehr geeignet: Paprika, Brokkoli, Zucchini, Auberginen, Gemüsezwiebeln, Süßkartoffeln, Spargel, Tomaten, Pilze, Maiskolben. Tipp: Gemüse knackig vorkochen oder blanchieren, mit Rapsöl bestreichen, mit Pfeffer, Salz, Knoblauch oder Chili würzen.

 

Dr. Matthias Riedl
Dr. Matthias Riedl

Dr. Matthias Riedl ist bekannt als Ernährungs-Doc aus dem NDR-Fernsehen. Der Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe leitet das medicum Hamburg, Deutschlands größtes Zentrum für Ernährungsmedizin und Diabetologie (medicum-hamburg.de).