Alkoholmissbrauch: Was Sie über riskantes Trinkverhalten und Abhängigkeit wissen müssen

In Deutschland wird sehr viel Alkohol getrunken. Viele Menschen trinken in problematischen Mengen, es droht Alkoholsucht. Diese vier Phasen des Alkoholmissbrauchs müssen Sie kennen.

Alkoholkonsum in Deutschland: Trockene Zahlen

Alkoholkonsum wird in der deutschen Gesellschaft bemerkenswert unkritisch betrachtet. Alkohol gehört einfach dazu und ist wie selbstverständlich Teil vieler sozialer Situationen. Menschen, die in ausgelassenen sozialen Situationen keinen Alkohol trinken oder ein angebotenes alkoholisches Getränk ablehnen, müssen ihre Entscheidung mitunter lang und breit erklären.

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Laut Weltgesundheitsorganisation gehört Deutschland zu den Ländern, in denen der Alkoholkonsum pro Kopf pro Jahr am höchsten ist. Im Jahr 2016 wurde in Deutschland pro Person 13,4 Liter reiner Alkohol pro Jahr getrunken – das entspricht etwa 222 Litern Bier.

Auch das Bundesministerium für Gesundheit sieht Grund zur Sorge. Etwa 7,9 Millionen Menschen in Deutschland trinken Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Bei weiteren 9 Millionen Menschen würde ein problematischer Alkoholkonsum bestehen.

Das Problem: Alkoholsucht verläuft schleichend und kann jeden Menschen gleichermaßen treffen. Um den eigenen Umgang mit Alkohol besser reflektieren und einordnen zu können, sollte jeder die verschiedenen Phasen des Alkoholmissbrauchs kennen.

Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit: Unterschiede

Wenn es um Sucht, Abhängigkeit oder problematische Konsumverhalten geht, werden häufig viele Begriffe ohne Trennschärfe verwendet. Alkoholmissbrauch muss nicht gleich Alkoholabhängigkeit bedeuten. Wo genau die Unterschiede liegen, müssen wir daher genau definieren. 

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Alkoholmissbrauch: Alkoholmissbrauch bezieht sich auf den übermäßigen oder unkontrollierten Konsum von alkoholischen Getränken, der zu gesundheitlichen, sozialen oder psychologischen Problemen führen kann. Es beinhaltet eine Vielzahl von Verhaltensweisen, wie regelmäßiges Trinken in großen Mengen, Trinken trotz negativer Konsequenzen, Vernachlässigung von Verpflichtungen aufgrund des Trinkens und Schwierigkeiten, das Trinken einzuschränken oder aufzuhören. Alkoholmissbrauch kann zu Abhängigkeit oder Alkoholismus führen und hat potenziell schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden einer Person.

Alkoholabhängigkeit: Alkoholabhängigkeit, auch bekannt als Alkoholismus oder Alkoholsucht, ist eine chronische Erkrankung, bei der eine Person physisch und psychisch von Alkohol abhängig ist. Es handelt sich um eine fortschreitende Störung, bei der das Verlangen nach Alkohol immer stärker wird und der Konsum außer Kontrolle gerät.

Diese Phasen des Alkoholmissbrauchs müssen Sie kennen 

Alkoholmissbrauch verläuft typischerweise in Phasen. Der Missbrauch kann in Alkoholismus enden. Alkoholsucht ist eine psychische Erkrankung und sagt nichts über den Charakter eines Menschen aus. Für die Gesundheit hat Alkoholsucht aber katastrophale Auswirkungen. 

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Experimentierphase

In dieser frühen Phase, die manchmal auch voralkoholische Phase genannt wird, beginnt eine Person, Alkohol auszuprobieren und möglicherweise erste positive Erfahrungen damit zu machen. Der Konsum ist jedoch noch kontrolliert und sporadisch.

Gewohnheitsphase

In dieser Phase wird der Alkoholkonsum regelmäßiger und die Menge des konsumierten Alkohols steigt. Die Person entwickelt eine Gewohnheit, Alkohol in bestimmten Situationen oder zur Bewältigung von Stress oder Problemen zu konsumieren.

Es entstehen jetzt auch öfter Verlangen nach Alkohol. Es kann zu ersten Entzugserscheinungen kommen, wenn längere Zeit kein Alkohol mehr getrunken wird. Starkes Schwitzen, Zittern der Hände, Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen sind dann nicht ungewöhnlich.

Missbrauchsphase

In dieser Phase verliert die Person allmählich die Kontrolle über ihren Alkoholkonsum. Der Konsum nimmt zu und es treten negative Auswirkungen auf das persönliche und berufliche Leben auf. Die Person vernachlässigt möglicherweise ihre Verantwortlichkeiten, hat Probleme in Beziehungen und kann körperliche oder psychische Gesundheitsprobleme entwickeln.

Oft trinken Personen jetzt mehr, als sie eigentlich wollten. Es fällt ihnen zunehmend schwer, mit dem Trinken aufzuhören, wenn sie einmal angefangen haben. Auch die Zeit, die Personen jetzt für das Trinken oder die Erholung und Ausnüchterung vom Trinken aufbringen, nimmt stark zu.

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Abhängigkeitsphase

In dieser Phase entwickelt die Person eine Abhängigkeit vom Alkohol. Der Konsum wird zwanghaft und die Person hat Schwierigkeiten, ohne Alkohol zu funktionieren. Entzugserscheinungen können auftreten, wenn der Konsum reduziert oder eingestellt wird. Die Abhängigkeit hat schwerwiegende Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens der Person.

Wie viel Alkohol ist noch ok?

Die meisten Menschen wissen, dass übermäßiger Alkoholkonsum abhängig und krank machen kann. Doch wie viel Alkohol ist eigentlich zu viel? Die empfohlene Menge an Alkohol, die als gesund angesehen wird, variiert je nach Land und Gesundheitsorganisation.

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie nennt als Richtwert 100 Gramm reinen Alkohol pro Woche als "sicher". Das entspricht etwa 370 Milliliter Bier oder 160 Milliliter Wein am Tag – es sollten aber auch mindestens zwei Tage pro Woche gar kein Alkohol getrunken werden

Alkoholsucht: Wo finde ich Hilfe?

© PatrikStedrak / iStock

Wenn Sie Hilfe bei einer Alkoholsucht suchen, gibt es verschiedene Ressourcen und Unterstützungsmöglichkeiten, die Ihnen zur Verfügung stehen. Hier sind einige Optionen:

  1. Hausarzt: Ihr Hausarzt kann ein guter erster Ansprechpartner sein. Er kann Sie über Behandlungsmöglichkeiten informieren und Sie gegebenenfalls an einen Spezialisten oder eine Suchtberatungsstelle überweisen.
  2. Suchtberatungsstellen: Es gibt viele öffentliche und private Suchtberatungsstellen, die kostenlose oder kostengünstige Unterstützung für Menschen mit Alkoholproblemen anbieten. Dort können Sie professionelle Beratung erhalten und Informationen zu Therapieoptionen erhalten.
  3. Therapeuten und Psychiater: Ein Therapeut oder Psychiater mit Erfahrung in der Behandlung von Suchterkrankungen kann Ihnen helfen, Ihre Alkoholsucht zu bewältigen. Sie können individuelle Therapiesitzungen anbieten und Ihnen bei der Entwicklung von Bewältigungsstrategien helfen.
  4. Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen wie Anonyme Alkoholiker (AA) bieten eine unterstützende Gemeinschaft von Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen. In diesen Gruppen können Sie sich austauschen, von den Erfahrungen anderer lernen und Unterstützung erhalten.

Wie wird Alkoholmissbrauch zur Abhängigkeit?

In der Suchtforschung wird Alkoholmissbrauch nicht nur in Phasen eingeteilt. Auch Trinkverhalten geben Aufschluss darüber, wie gefährdet eine Person ist, eine Abhängigkeit oder Sucht zu entwickeln. Dazu werden die Begriffe "riskanter Konsum", "schädlicher Gebrauch" und "Alkoholabhängigkeit" voneinander abgegrenzt. 

"Riskanter Konsum" bezieht sich auf einen Alkoholkonsum, der potenziell schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Dies umfasst den regelmäßigen Konsum von Alkohol in Mengen, die über die von Gesundheitsorganisationen empfohlenen Grenzwerte hinausgehen. Ein riskanter Konsum kann zu gesundheitlichen Problemen führen, wie Lebererkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychischen Störungen und Unfällen. Riskant ist der Konsum dann, wenn Frauen pro Tag 12 Gramm Alkohol konsumieren. Bei Männern sind es 24 Gramm täglich. Riskanter Konsum kann in die Abhängigkeit führen, muss es aber nicht. 

"Schädlicher Gebrauch" bezieht sich auf einen Alkoholkonsum, der bereits negative Folgen für die Gesundheit oder das soziale Leben einer Person hat. Es beinhaltet den Konsum von Alkohol in einer Weise, die zu körperlichen oder psychischen Schäden führt, wie zum Beispiel Leberschäden, Beziehungsprobleme, Arbeitsplatzverlust oder rechtliche Schwierigkeiten. Schädlicher Gebrauch kann ein Vorläufer für eine Alkoholabhängigkeit sein.

Die Abhängigkeit beschreibt dann die körperliche und psychische Sucht nach Alkohol. Es ist eine chronische Erkrankung und macht sich durch unkontrollierbares Verlangen bemerkbar.

Alkoholmissbrauch Selbsttest: Bin ich gefährdet?

Es gibt viele Selbsttests, mit denen Sie Ihr eigenes Trinkverhalten einschätzen können. Einer der gängisten Tests ist der CAGE-Selbsttest. CAGE steht für

C – Cut down (engl. etwas verringern) Haben Sie jemals – oder öfter – das Gefühl gehabt, dass Sie Ihren Alkoholkonsum einschränken sollten?

A – Annoyed (engl. genervt sein) Haben Sie sich jemals – oder regelmäßig – geärgert oder verteidigt, wenn jemand Ihren Alkoholkonsum kritisiert hat?

G – Guilt (engl. Schuld, Schuldgefühle) Haben Sie jemals – oder regelmäßig – ein schlechtes Gewissen oder Schuldgefühle wegen Ihres Alkoholkonsums gehabt?

E – Energizer (engl. Wachmacher) Haben Sie jemals morgens einen Drink gebraucht, um sich beruhigt zu fühlen oder den Tag zu beginnen?