
Dieses Diabetes-Medikament könnte vom Markt verschwinden
Millionen Patientinnen und Patienten, die bislang auf Metformin als Standardtherapie setzen, könnten bald vor großen Herausforderungen stehen.
Die neue Regel verpflichtet Pharmahersteller, sich an den Kosten für zusätzliche Reinigungsstufen in Kläranlagen zu beteiligen, um Medikamentenrückstände aus dem Abwasser zu filtern. Für Metformin, das als günstiges Generikum weit verbreitet ist, würden diese Umweltauflagen die Produktionskosten um ein Vielfaches erhöhen. Da die Preise für das Medikament gesetzlich gedeckelt sind, könnten viele Hersteller gezwungen sein, Metformin vom Markt zu nehmen.
Für Betroffene hätte das gravierende Folgen: Sie müssten auf teurere und oft weniger praktische Alternativen ausweichen, was auch für das Gesundheitssystem erhebliche Mehrkosten bedeuten würde.
Wie wirkt Metformin?
Die Hauptwirkung besteht darin, dass Metformin die Produktion von Glukose in der Leber hemmt, sodass weniger Zucker ins Blut abgegeben wird. Gleichzeitig verbessert Metformin die Aufnahme und Verwertung von Glukose in den Muskel- und Fettzellen, wodurch der Blutzuckerspiegel weiter gesenkt wird.
Darüber hinaus verzögert Metformin die Aufnahme von Glukose aus dem Darm nach den Mahlzeiten und erhöht die Insulinsensitivität der Körperzellen, sodass diese besser auf das körpereigene Insulin ansprechen. Ein wichtiger Vorteil: Metformin senkt das Risiko für Unterzuckerungen nicht, da es die Insulinausschüttung nicht direkt beeinflusst.
Warum sind Alternativen zu Metformin oft teurer und weniger verträglich?
Alternativen zu Metformin sind oft teurer, weil sie meist neuere Wirkstoffe enthalten, die noch unter Patentschutz stehen oder aufwendiger in der Herstellung sind. Zudem werden diese Medikamente häufig nicht als Generika angeboten, was die Preise zusätzlich erhöht.
Was die Verträglichkeit betrifft, können Alternativen wie DPP-4-Hemmer, GLP-1-Analoga oder SGLT2-Hemmer häufiger Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit oder Harnwegsinfekte verursachen und sind nicht für alle Patientengruppen geeignet. Metformin gilt dagegen als gut erforscht, kostengünstig und wird von den meisten Patienten gut vertragen.
Sind auch andere Medikamente betroffen?
Ja, auch andere Medikamente könnten von den neuen EU-Regelungen betroffen sein. Die Abwasserrichtlinie verpflichtet alle Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika, sich an den Kosten für eine zusätzliche Reinigungsstufe in Kläranlagen zu beteiligen, um Mikroschadstoffe wie Medikamentenrückstände aus dem Abwasser zu entfernen.
Die Kostenumlage richtet sich nach dem Volumen und der Umwelttoxizität der jeweiligen Wirkstoffe, sodass vor allem häufig verschriebene und preisgünstige Generika – wie Metformin – besonders unter Druck geraten. Schon jetzt ziehen sich Generika-Hersteller zunehmend aus der Versorgung zurück, weil die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht tragfähig sind, und Experten warnen vor einem Dominoeffekt, der zu Versorgungsengpässen bei weiteren wichtigen Medikamenten führen könnte. Die Pharmaindustrie und Branchenverbände befürchten daher, dass die Richtlinie unbeabsichtigt die Verfügbarkeit vieler lebenswichtiger Arzneimittel gefährden könnte.
Quelle: Deutsche Apothekerzeitung