
Sexuelle Gewalt – oft im familiären Umfeld
Die Studie, die vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim gemeinsam mit weiteren Forschungseinrichtungen durchgeführt wurde, macht deutlich: Die Täter stammen häufig aus dem engsten Umfeld der Kinder.
Am häufigsten gaben Betroffene an, von Familienmitgliedern oder Verwandten missbraucht worden zu sein. Aber auch in Schulen, Sportvereinen und Freizeiteinrichtungen kommt es zu Übergriffen. Männer erleben sexualisierte Gewalt dabei häufiger in Sport- und Freizeiteinrichtungen oder durch kirchliche Mitarbeiter, während Frauen überwiegend im familiären Kontext betroffen sind.
Das große Schweigen und die Dunkelziffer
Besonders besorgniserregend ist das große Dunkelfeld: Rund 38 Prozent der Betroffenen sprechen aus Scham oder Angst nie über das Erlebte. Studienleiter Harald Dreßing betont, dass das tatsächliche Ausmaß vermutlich noch höher liegt. Die Ergebnisse zeigen, dass trotz gewachsener gesellschaftlicher Aufmerksamkeit und Präventionsmaßnahmen das Problem nicht kleiner geworden ist. Im Gegenteil: Über das Internet und soziale Medien erleben inzwischen fast ein Drittel der Befragten sexualisierte Gewalt – ein Trend, der insbesondere Kinder und Jugendliche zusätzlich gefährdet.
Gesellschaftliche Aufgabe und politische Forderungen
Die Forscher fordern eine „gesellschaftspolitische Kraftanstrengung“, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen. Es brauche mehr Aufklärung, Prävention und niedrigschwellige Hilfsangebote für Betroffene. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, plant daher eine bundesweite Erhebung in Schulen, um das Dunkelfeld weiter zu erhellen und gezielter gegen sexualisierte Gewalt vorgehen zu können.