
Wir alle kennen die Weisheit der alkoholischen Einschlafhilfe. Abends ein Glas Wein oder eine Flasche Bier, und schon kann man friedlich schlummern. Ganz falsch ist das nicht, denn in geringen Mengen fördert Alkohol tatsächlich das „Einschlafen“. Hat man jedoch zu viel getrunken, kann sich der Schlaf erheblich verschlechtern. Vor allem das Durchschlafen wird bereits bei geringsten Mengen Alkohol gestört.
Alkohol und Schlaf: Warum der Rausch die Nachtruhe stört
Die Aussage, ein Glas Wein am Tag sei gesund, wird häufig diskutiert. Studien liefern darauf keine eindeutige Antwort. Ob man nach Alkoholkonsum Schlafstörungen entwickelt, hängt stark von Faktoren wie Alter, konsumierter Menge, soziodemographischen Gegebenheiten und genetischen Eigenschaften ab.
Eine klarere Antwort gibt es jedoch auf die Frage, ob Alkohol generell beim Schlafen hilft. Die Antwort lautet: Nein. Denn Alkohol ist keinesfalls förderlich für erholsamen Schlaf. Im Gegenteil, er verursacht insbesondere in der zweiten Nachthälfte Schlafstörungen. Aber warum hat man dann nach drei Gläsern Rotwein „bleierne Augenlider“?
Wie Alkohol massive Schlafstörungen auslösen kann
Alkohol wird oft als Einschlafhilfe genutzt, doch tatsächlich kann er massive Schlafstörungen auslösen:
1. Veränderung der Schlafphasen
Schlaf setzt sich aus vier Phasen zusammen, die gemeinsam einen Schlafzyklus bilden. In der Nacht durchlaufen wir bis zu sechs solcher Schlafzyklen. Gehen wir mit drei oder vier Gläsern Wein ins Bett, verändert sich der Ablauf der Schlafphasen. „Die sedierende und muskelentspannende Wirkung des Alkohols lässt einen leichter einschlafen, jedoch unterdrückt sie auch den wichtigen REM-Schlaf und verstärkt das Schnarchen sowie die obstruktive Schlafapnoe“, erklärt Joachim Maurer, Leiter der Sektion für Schlafmedizin am Universitätsklinikum Mannheim und Vorsitzender des Verbandes der Somnologen Baden-Württemberg.
Wer also alkoholisiert ins Bett geht, schläft zwar schneller ein, aber nicht erholsam durch. Forscher wie Joachim Maurer bestätigen, dass die Schlafqualität leidet, wenn der REM- und Tiefschlaf durch den Alkohol verkürzt wird. Dies kann zu Konzentrations- und Gedächtnisschwächen am nächsten Tag führen.
2. Alkoholkonsum regt die Urinproduktion an
Ein weiterer Grund, warum viele Menschen nach Alkohol Schlafstörungen erleben, ist die Wirkung des Alkohols auf die Urinproduktion. „Alkohol regt die Urinproduktion an, sodass man in der zweiten Nachthälfte häufiger auf die Toilette muss, was den Schlaf stört“, erklärt Joachim Maurer.
Trinkt man regelmäßig und in größeren Mengen Alkohol, kann dies zu ernsthaften Schlafstörungen führen, da der Körper im Schlaf Entzugserscheinungen durchlebt. Auch bestimmte Lebensmittel können übrigens Schlafprobleme verursachen.
3. Schlechter Schlaf durch Herzrasen
Alkoholische Getränke können das Herz-Kreislaufsystem beeinflussen und zu einer erhöhten Herzfrequenz führen. Da Alkohol als Stimulans auf das Herz wirkt und vorübergehend den Herzschlag beschleunigen kann, erfahren manche Menschen nach Alkoholkonsum Herzklopfen oder Herzrasen in der Nacht, was ebenfalls den Schlaf stören kann. Ein weiterer Grund für die erhöhte Herzfrequenz: Alkohol kann die Blutgefäße erweitern, was zu einem niedrigeren Blutdruck führt. Der Körper versucht dann, diesen durch einen beschleunigten Herzschlag auszugleichen.
Frauen sind stärker betroffen als Männer
Bei Frauen tritt die Unfähigkeit, nach Alkoholkonsum zu schlafen, häufiger auf als bei Männern. Der Grund dafür ist derselbe, der auch erklärt, warum Frauen bei gleicher Menge Alkohol schneller betrunken werden: Die Blutalkoholkonzentration ist bei Frauen um etwa ein Fünftel höher als bei Männern. Dies liegt an einem höheren Fettanteil und geringeren Körperflüssigkeiten, die Frauen für den Abbau des Alkohols zur Verfügung haben. Demnach braucht der weibliche Körper auch mehr Zeit, um den Alkohol abzubauen.
Was, wenn Sie nach Alkohol nicht schlafen können?
Liegt es an Ihnen, dass Sie nach Alkohol nicht schlafen können, wälzen Sie sich nachts hin und her und müssen ständig auf die Toilette? In diesem Fall sollten Sie auf bestimmte Maßnahmen verzichten, um Ihre Situation nicht zu verschlimmern. „Auf keinen Fall sollten Sie zusätzlich Schlafmittel einnehmen!“, warnt Professor Maurer. Die Wirkung von Schlafmitteln kann sich durch den Alkohol gefährlich verstärken. „Besser ist es, viel Wasser zu trinken, um die negativen Effekte des Alkohols abzumildern.“
Alkohol sollte daher niemals als Einschlafhilfe genutzt werden, da er nur zu Beginn der Nacht eine beruhigende Wirkung hat. Spätestens ab der zweiten Nachthälfte kehrt sich diese beruhigende Wirkung um und sorgt dafür, dass Sie nicht gut schlafen können und mit einem zerstreuten Gefühl in den Morgen starten.
3 Blitz-Tipps bei Durchschlafstörungen durch Alkohol
Um zu verhindern, dass Sie nach Alkohol nicht schlafen können – insbesondere, wenn bereits Schlafstörungen bekannt sind – empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, abends vier bis sechs Stunden vor dem Schlafengehen keinen Alkohol mehr zu konsumieren. Auch bewährte Hausmittel können helfen, den Schlaf zu fördern. Für den Fall, dass es bereits zu spät ist, folgen hier drei schnelle Tipps:
- Trinken Sie warme Milch mit Honig
Versuchen Sie es mit warmer Milch und Honig. Diese Mischung erinnert an Kindheitserinnerungen und kann helfen, sich zu entspannen. Der Honig erhöht den Blutzuckerspiegel und vermindert die negativen Effekte des Alkohols. - Essen Sie eine Kleinigkeit
Ein kleiner Happen vor dem Schlafengehen kann helfen, Durchschlafstörungen zu verhindern. Am besten etwas Salziges mit vielen Elektrolyten wie saure Gurken, Salzstangen oder eine kräftige Brühe. Achten Sie jedoch darauf, nicht zu viel zu essen, um weitere Schlafprobleme zu vermeiden. - Nehmen Sie Magnesium ein
Alkohol ist ein Nervengift, das auch die Muskeln beeinträchtigt. Magnesium kann helfen, die Muskeln zu entspannen und ist einer der ersten Mineralstoffe, die durch Alkohol abgebaut werden. Eine Brausetablette mit Magnesium kann daher als Einschlafhilfe dienen.
Prof. Dr. med. Joachim Maurer leitet die Sektion Schlafmedizin am Universitätsklinikum Mannheim und ist Vorsitzender des Verbandes der Somnologen Baden-Württemberg. Er ist ein Hauptautor des Buches „Praxis der Schlafmedizin“ und gehört zu den Top-Ärzten der Focus-Liste für die Themen „Schlafmedizin“, „Schlafchirurgie“ und „Sinusitis“.
Quellen:
- Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol – Konsumverhalten in Deutschland, Robert Koch Institut, 2003
- Die Schlafphasen des Menschen, Resmed Healthcare
- Das obstruktive Schlafapnoesyndrom, Uniklinik Ulm – Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
- Schlaf, Gesundheit, Leistungsfähigkeit, K. Hecht, M. Poppei, A. Engfer, J. Peter, 2013
- Alkohol und Schlaf, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- Ernährungsmedizin und Diätetik, W. Burghardt, H. Kasper, 2020
- Sleep, alcohol and alcohol abuse, Wiley Online Library
Unser Schlaf besteht aus vier Phasen
- Die Einschlafphase: In dieser Phase schlafen wir noch sehr leicht, aber unser Puls und die Atmung haben sich bereits beruhigt.
- Die Leichtschlafphase: Diese Phase ist der Einschlafphase ähnlich, aber unsere Atmung ist noch ruhiger, und die Herzfrequenz hat fast ihren niedrigsten Stand erreicht.
- Der Tiefschlaf: Hier regeneriert sich der Körper. Die Herzfrequenz erreicht ihren tiefsten Punkt, und wir sind nur schwer zu wecken.
- Die REM-Phase: In dieser Traumphase sind unsere Muskeln und Gliedmaßen ausgeschaltet. Wir verarbeiten die Erlebnisse des Tages in Form von Träumen.