Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: Die Gründe für den Anstieg chronischer Darmentzündungen

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nehmen weltweit und auch in Deutschland deutlich zu – aktuell sind hierzulande etwa 650.000 Menschen betroffen, Tendenz steigend. Wissenschaftliche Studien bestätigen: Der deutliche Anstieg ist ein globales Phänomen und betrifft inzwischen auch Länder außerhalb Europas und Nordamerikas.

Arzt hält die Hände hoch und darüber ist eine Grafik eines Darms© iStock/mi-viri
Was steckt hinter dem Zuwachs bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa?

Der menschliche Darm spielt eine zentrale Rolle für Gesundheit und Wohlbefinden. Doch immer mehr Menschen entwickeln Störungen des Verdauungstrakts, die weit über „normale“ Verdauungsprobleme hinausgehen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind chronische, meist in Schüben verlaufende Entzündungen des Darms, die die Lebensqualität teils massiv einschränken können. Ursprünglich vor allem in westlichen Ländern verbreitet, nehmen CED seit Jahren auch in Schwellen- und Entwicklungsländern zu – ein alarmierender Trend, den Wissenschaftler weltweit beobachten.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: 5 Gründe für den Anstieg chronischer Darmentzündungen

Wissenschaftliche Untersuchungen identifizieren mehrere Faktoren, die am weltweiten Anstieg beteiligt sind:

1. Westlicher Lebensstil

Länder mit hoher Industrialisierung und Urbanisierung haben laut internationalen Studien eine deutlich höhere CED-Rate. Aspekte wie fettreiche Ernährung, hoher Zuckerkonsum, wenig Ballaststoffe, Rauchen und Bewegungsmangel erhöhen das Risiko.

2. Hygiene-Hypothese

Kinder in sehr „sauberen“ Umgebungen trainieren ihr Immunsystem weniger mit Keimen, was später Überreaktionen wie autoimmune Entzündungen begünstigen kann.

3. Umweltfaktoren und Schadstoffe

Genussmittel, Luftverschmutzung, Antibiotikaeinsatz und andere Umweltgifte werden als zusätzliche Risikofaktoren diskutiert.

4. Genetische Veranlagung

Studien zeigen, dass CED in Familien gehäuft auftreten, etwa 10–20 % der Betroffenen haben Verwandte mit der Erkrankung.

5. Veränderte Darmflora

Forschungen legen nahe, dass ein Ungleichgewicht der Mikroorganismen im Darm („Mikrobiom“) CED auslösen oder verstärken kann.

Was sind die aktuellen Therapieansätze und -fortschritte?

Die aktuellen Therapieansätze und Fortschritte bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa basieren vor allem auf modernen medikamentösen Behandlungen, die das Immunsystem gezielt modulieren. Die Therapie hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt und bietet Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Verlauf neue Optionen:

  • Biologika: Diese Medikamentenklasse, die seit über 15 Jahren eingesetzt wird, hat die Behandlung revolutioniert. Dazu gehören TNF-Alpha-Inhibitoren (z. B. Infliximab, Adalimumab), die Entzündungsreaktionen wirksam unterdrücken. Neuere Biologika sind etwa Integrin-Inhibitoren (Vedolizumab) und Interleukin-Inhibitoren wie Ustekinumab, Guselkumab, Mirikizumab und Risankizumab. Diese greifen spezifisch in Immunprozesse ein und zeigen auch bei Patienten Wirkung, die auf ältere Therapien nicht angesprochen haben.
  • JAK-Inhibitoren (Januskinase-Hemmer): Diese sogenannten Small Molecules blockieren Enzyme, die entzündliche Signale weiterleiten, und sind als Tabletten verfügbar. Beispiele sind Upadacitinib, das in Deutschland zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa und Morbus Crohn zulässig ist und in Studien positive Langzeitergebnisse gezeigt hat.
  • S1P-Rezeptor-Modulatoren: Ebenfalls Small Molecules, die den Austritt von Immunzellen aus den Lymphknoten verhindern und so die Entzündung im Darm verringern. Diese Medikamente werden oral eingenommen und bieten weitere Behandlungsoptionen neben Biologika.
  • Neue Zulassungen 2023/2025: Interleukin-23p19-Inhibitoren wie Guselkumab und Mirikizumab sind seit 2023 bzw. 2025 in der EU zur Behandlung von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn zugelassen. Studien zeigen, dass diese Medikamente auch bei Patientengruppen mit unzureichendem Ansprechen auf andere Therapien wirksam sind.

Trotz der Fortschritte benötigen viele Patienten weiterhin individuelle Therapieanpassungen. Operative Eingriffe bleiben insbesondere bei Komplikationen wie Stenosen, Fisteln oder Abszessen eine wichtige Behandlungsoption. Die interdisziplinäre Betreuung umfasst heute sowohl medikamentöse als auch chirurgische Strategien, um die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen.

Quellen: Gastro-Liga und Universimed

Wie äußern sich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa konkret im Alltag der Betroffenen?

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa äußern sich im Alltag der Betroffenen durch eine Vielzahl belastender Symptome, die je nach Krankheitsverlauf und Schweregrad sehr unterschiedlich ausfallen können. 

Typischerweise leiden Menschen mit Colitis ulcerosa unter häufigen schleimig-blutigen Durchfällen, die oft mit krampfartigen Bauchschmerzen einhergehen. Der Stuhldrang ist meist stark und kann die Betroffenen tagsüber und nachts mehrmals zur Toilette zwingen. Viele Patienten beschreiben außerdem das Gefühl, den Darm nicht vollständig entleeren zu können. Je nach Ausbreitung der Entzündung können die Durchfälle und Schmerzen variieren, von milden Beschwerden mit wenigen Durchfällen bis hin zu schweren Schüben mit hohem Fieber und starkem Krankheitsgefühl. Auch Müdigkeit und allgemeine Erschöpfung sind weit verbreitet. Die Entzündungen verlaufen dabei oft in Schüben, sodass sich zwischen aktiven Phasen oft symptomfreie oder mildere Remissionsphasen abwechseln.

Bei Morbus Crohn sind die Beschwerden ähnlich vielfältig, jedoch können die Entzündungen im gesamten Verdauungstrakt auftreten, nicht nur im Dickdarm. Typische Symptome sind heftige, oft krampfartige Bauchschmerzen, meist im rechten Unterbauch, anhaltender wässriger oder schleimiger Durchfall, teilweise mit Blut. Zusätzlich leiden Patienten häufig unter Übelkeit, Appetitlosigkeit und unerklärlichem Gewichtsverlust, was den Alltag stark beeinträchtigen kann. Auch Begleitsymptome wie Fieber, Müdigkeit und Erschöpfung gehören zum Bild. Bei Kindern können sich die Symptome auch in Wachstumsstörungen zeigen. Morbus Crohn verläuft ebenfalls schubweise und kann durch verschiedene Komplikationen, zum Beispiel Fisteln oder Abszesse, den Alltag weiter erschweren.