Verkürzte Muskeln: Wie Sie die Symptome behandeln

Verkürzte Muskeln: Wie Sie die Symptome behandeln

Muskeln können strukturell eigentlich nicht verkürzen. Wir erklären, was es mit dem Mythos Muskelverkürzung auf sich hat und wie Sie Symptome behandeln.

Was sind verkürzte Muskeln?

Um verkürzte Muskulatur ranken sich viele Mythen. Wer den ganzen Tag im Bürostuhl sitzt, riskiere eine Verkürzung der Muskeln. Auch Schmerzen in Rücken, Hüfte und Knie werden schnell auf angeblich verkürzte Muskeln geschoben. Verkürzungen der Muskulatur würden dann die Dehnbarkeit beeinträchtigen, Bewegungen einschränken und auf lange Sicht zu Steifheit, Schmerzen und Verspannungen führen.

Doch so einfach ist es mit der Thematik leider nicht. Denn ohne Weiteres können gesunde Muskeln nicht einfach verkürzen werden. Mediziner betonen hier stets die Unveränderlichkeit der strukturellen Länge eines Muskels. Selbst nicht trainierte und selten durch Übungen und Workouts beanspruchte Muskeln werden nicht kürzer. Was der Volksmund als „verkürzte Muskulatur“ bezeichnet, ist eigentlich ein verkürzt erscheinender Muskel, der aufgrund von fehlerhaften neuronalen Signalen in einer gespannten Position gehalten wird. Durch die Anspannung ist der Muskel funktional verkürzt und lässt sich weniger gut dehnen.

Symptome von Verkürzungen der Muskeln

Die häufigsten Symptome von Bewegungseinschränkungen, die umgangssprachlich als Muskelverkürzung bezeichnet werden, sind

  • eingeschränkte Dehnfähigkeit
  • Verspannungen
  • Muskelschmerzen
  • chronische Körperschmerzen

Mögliche Ursachen

Ursache für die Fehlsignale, die einen Muskel in einer verkürzten Position halten, können die Faszien sein. Faszien sind dünne Bindegewebshäutchen, die die Muskelfasern umgeben. Die feinen Häutchen enthalten neben Rezeptoren für die Dehnung auch viele Schmerzrezeptoren, mehr sogar noch als Muskelzellen. Unsere Faszien sind direkt mit dem autonomen Nervensystem verbunden und übertragen Reize und Signale zwischen Hirn und Muskelzellen. Sind die Faszien verklebt, beschädigt oder anderweitig nicht intakt, können falsche Signale an die Muskeln gesendet werden. Das Ergebnis: Verklebte Faszien signalisieren Muskeln zur falschen Zeit An- oder Entspannung. Angespannte Muskeln lassen sich dann nicht mehr wie gewohnt dehnen. Umgangssprachlich wird dann oft eine Verkürzung vermutet. Tatsächlich erscheint die Muskulatur aber nur verkürzt.

Ein weiterer Grund für Muskelverkürzung sind stressbedingte Fehlsteuerungen. Normalerweise sind unsere Muskeln im Ruhezustand nämlich entspannt. Stehen wir aber unter Stress, erhöht sich die Grundspannung der Muskeln. Wir sind fluchtbereit und unsere Muskeln bereiten sich auf Aktion vor. Was evolutionär Sinn ergibt und unseren Vorfahren sicherlich ein ums andere Mal das Leben gerettet hat, sorgt heutzutage für Muskelverspannungen und Schmerzen.

Was Sie gegen verkürzte Muskeln tun können

Muskeln, die strukturell zwar nicht verkürzt sind, erscheinen durch Anspannung aber durchaus so und sind in ihrer Funktionalität eingeschränkt. Um solche scheinbaren Verkürzungen zu beseitigen und wieder Ihre volle Beweglichkeit zu erreichen und schmerzhafte Verspannungen zu lindern, sollten Sie auf diese regelmäßigen Übungen setzen.

Richtiges und regelmäßiges Dehnen

Durch Dehnübungen können Sie „verkürzter Muskulatur“ entgegenwirken. Regelmäßige Übungen können helfen, angespannte Muskeln zu lockern, eine normale Grundspannung wieder herzustellen und verkürzende Spannungssignale auszugleichen. Machen Sie die Übungen zu einem täglichen Ritual und dehnen Sie Ihre Muskeln jeden Tag für etwa 30 Minuten. Wer den ganzen Tag vorwiegend sitzend verbringt, sollte besonders auf die korrekte Dehnung der Hüftbeuger, Oberschenkelmuskulatur und des Rückens achten. Vermeiden Sie federnde Dehnungsbewegungen, da das Verletzungsrisiko hierbei zu groß ist. Stattdessen sollten die Übungen zum Stretching immer langsam und kontrolliert durchgeführt werden. Dehnen Sie die entsprechenden Muskeln für jeweils zwei Minuten am Stück, um deren Beweglichkeit zu verbessern.

Eine einfache Dehnübung für die Beinbeuger Ihrer Oberschenkelmuskulatur ist folgende:

  • setzen Sie sich zu Beginn der Übung mit gerade vor sich ausgestreckten Beinen auf den Boden
  • richten Sie Ihre Füße so aus, dass die Zehenspitzen zur Decke zeigen
  • Ihre Innenknöchel beider Füße berühren sich während der Dehnübung
  • Sie sitzen aufrecht mit durchgestrecktem Rücken
  • strecken Sie Ihre Arme vor sich aus und beugen sich langsam nach vorn
  • beim langsamen Vorbeugen merken Sie die Dehnung in Ihren Oberschenkeln 
  • Ziel der Dehnübung ist es, Ihre Zehenspitzen mit den Fingern zu berühren

Die perfekte Dehnübung für den unteren Rücken ganz einfach zu Hause machen:

  • stehen Sie zu Beginn der Übung im hüftbreiten Stand
  • beugen Sie langsam und kontrolliert über die Hüfte nach vorn
  • während des Vorbeugens bleiben Ihre Beine in den Knie grade
  • Ziel der Dehnübung ist es, Ihre Zehen mit den Fingerspitzen oder besser noch den Boden mit den Handflächen zu berühren
  • während der Übung werden Sie je nach Beweglichkeit eine Dehnung im unteren Rücken, dem Hüftbeuger und den Beinbeugern merken

Faszien trainieren

Fehlsignale, die eine verkürzende Wirkung auf den Muskel haben, können auch von verklebten Faszien ausgelöst werden. Gezieltes Faszientraining mit einer Faszienrolle kann helfen, Verklebungen zu beseitigen und Ihre Faszien wieder geschmeidig arbeiten zu lassen. Es gibt verschiedene Faszienrollen für unterschiedliche Muskelpartien und Körperstellen. Nutzen Sie unterschiedlich harte oder weiche Faszienrollen, um Verspannungen zu lösen und Ihr Bindegewebe gezielt zu massieren.

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Eine einfache Übung mit der Faszienrolle für die Beine:

  • Sie sitzen zu Beginn der Übung mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden
  • Ihr Rücken ist durchgestreckt
  • schieben Sie die Faszienrolle unter Ihre Oberschenkel
  • stützen Sie sich mit den Händen auf dem Boden ab
  • Ihre Beine bleiben grade, während Sie mit Ihre Hüfte vor- und zurückbewegen
  • Ziel der Übung ist es, dass die Muskulatur der Rückseite Ihrer Beine auf der Rolle abrollt
  • leichte Schmerzen in den Muskeln und Beinen zu Beginn der Übung sind normal 

Auf die Alltagshaltung achten

Unsere Muskeln gewöhnen sich an Alltagshaltungen. Merken sich beispielsweise die Muskeln in unserem Rücken, dass wir die meiste Zeit des Tages mit gerundetem Rücken und nach vorn gestrecktem Nacken in sitzender Position verbringen, wird diese Haltung zur Grundspannungshaltung. Lassen Sie es erst gar nicht zu solchen negativen Lernergebnissen Ihrer Muskulatur kommen, indem Sie bewusst sitzen und stehen. Halten Sie Ihren Rücken grade, strecken Sie die Brust hervor und achten Sie auf neutrale Schultern. Auch die Position Ihrer Hüfte im Stand sollte weder zu sehr nach hinten, noch zu sehr nach vorne geschoben sein. Ihr Hüftbeuger sollte sich in einer neutralen Position befinden. Mit der richtigen Haltung können Sie der funktionalen Muskelverkürzung entgegenwirken.

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