Antibiotika ohne Rezept? Bei diesen Lutschtabletten sollten Sie doppelt hingucken
Halsschmerzen sind nichts Ungewöhnliches. Während der Erkältungssaison plagen wir uns nicht nur mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit rum, sondern eben oft auch mit Halsschmerzen. Ursachen für Halsschmerzen können Viren sein, etwa Erkältungsviren, oder Bakterien. Starke Medikamente sind bei solchen verhältnismäßig harmlosen Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten nicht notwendig.
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Um den Heilungsprozess aber anzustubsen und unserem Immunsystem Rückendeckung zu geben, greifen viele Menschen bei Atemwegsinfekten und Halsschmerzen gerne zu rezeptfreien Mitteln aus der Apotheke. Ein Klassiker dabei: Halsschmerztabletten. Die Lutschtabletten wirken entzündungshemmend, schmerzlindernd und haben oft eine leicht betäubende Wirkung. Das macht das Schlucken leichter und die Halsschmerzen erträglicher.
Was viele Menschen aber nicht wissen: Einige rezeptfreie Halstabletten enthalten Antibiotika. So kommen antibiotische Substanzen etwa vor in:
- Lemocin
- Dorithricin
- Locabiosol
Die Halslutschtabletten enthalten Antibiotika wie Tyrothricin und Fusafungin. Sie wirken als lokale Antibiotika, die vor allem Streptokokken bekämpfen sollen. In der Packungsbeilage von Lemocin etwa heißt es bei der "Wirkung", dass Tyrothricin speziell gegen Bakterien wirken würde und diese durch den Eingriff in ihren Stoffwechsel abtöteten würde.
Aber: Experten warnen vor den Beimischungen von Antibiotika in den Tabletten, denn die Konzentration ist so gering, dass eine Wirkung fast ausgeschlossen ist. Und obwohl die Antibiotika in den Halstabletten unsinnig sind, können sie einen ungewollten Nebeneffekt haben. Denn die unkontrollierte Verwendung von Antibiotika kann zur Entstehung von resistenten Keimen führen.
Antibiotikaresistenzen: Darum sind rezeptfreie Antibiotika ein Problem
Antibiotika sind wichtige Substanzen, um bakterielle Krankheitserreger zu behandeln. Doch jedes Mal, wenn wir Bakterien mit antibiotischen Mitteln bekämpfen, führen wir ungewollt eine evolutionäre Selektion durch. Soll heißen: Die meisten Bakterien eines Stammes werden durch ein angewandtes Antibiotikum getötet. Einige Bakterien aber überleben. Sie sind gegen das Antibiotikum von Natur aus resistent. Diese Bakterien vermehren sich nun so, wie es Bakterien nunmal tun: Sie teilen und teilen und teilen sich. Mit der Zeit entsteht ein neuer, komplett gegen das Antibiotikum resistenter Stamm. Um diese stärkeren Bakterien nun erfolgreich bekämpfen zu können, braucht es ein neues Antibiotikum – und dann beginnt der Anpassungsprozess der Bakterien auf ein neues.
In der Medizin herrscht gewissermaßen ein Wettrüsten. Bakterien passen sich an Antibiotika an und entwickeln Resistenzen, auf die die Pharmakologie mit neuen Antibiotika reagieren muss. Die Horrorvorstellung vieler Gesundheitsexperten: Die Entstehung von multiresistenten Keimen, die sich mit keinem derzeit verfügbaren Antibiotikum behandeln lassen.
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Das RKI warnt: „Jeder Einsatz von Antibiotikum fördert die Bildung von Resistenzen.“ Daher sollten wir antibiotische Mittel auch nur bei besonders schweren Erkrankungen nehmen. Ärzte und Ärztinnen verschreiben uns dann entsprechende Mittel.
Wenn wir nun aber Antibiotika in Lutschtabletten aus der Apotheke quasi ganz nebenbei und ohne besondere Wirkung gegen Erkältungsviren oder verhältnismäßig harmlose Bakterien im Rachen nehmen, riskieren wir die Gefahr der Entstehung ganz neuer, resistenter Keime. Daher sind auch Rückstände von antibiotischen Medikamenten in unseren Lebensmitteln ein großes Problem, auf das die Lebensmittelindustrie reagieren muss.
Antibiotika auch durch schlechte Ernährung?
Wir nehmen Antibiotika nicht nur unwissentlich mit rezeptfreien Halsschmerztabletten zu uns, auch unsere Ernährung kann dazu beitragen, dass wir geringe Mengen Antibiotika aufnehmen, ohne es zu bemerken. In Fleisch, besonders Billig-Fleisch aus Massentierhaltungen, stecken oft Antibiotika-Rückstände. Rinder, Schweine und Hühner leben nämlich in mitunter in unwürdigen und katastrophalen Bedingungen, können sich in ihren Ställen oft nicht bewegen und sind schwer krank. Gegen offene Wunden, Abszesse und Bakterien wird den Tieren Antibiotika mit der Nahrung gegeben. Rückstände davon bleiben im Fleisch, das wir dann später essen. Auch diese antibiotischen Rückstände erhöhen das Risiko der Entstehung resistenter Keime.