Im Sport soll regelmäßiges Dehnen beweglicher machen, Muskelkater lindern und Verletzungen vorbeugen. Doch wann ist das Stretching eigentlich sinnvoll und wann sollte man es lieber lassen? Und sollte man sich eher vor oder nach dem Sport dehnen? Für die positiven Effekte sollten Sie diese Grundprinzipien beachten.
Stretching: Das passiert im Muskel
Beim Dehnen eines Muskels wird das Bindegewebe flexibler. Die Länge des Muskels bleibt, anders als in früheren Zeiten angenommen, dabei natürlich gleich. Das Argument, dass nicht gedehnte Muskeln verkürzen, ist ein Mythos und stimmt somit nicht. Stattdessen entfernt sich der Muskel bei der Dehnung zwischen dem Ansatz und dem Ursprung, den sogenannten Muskelspindeln, maximal von beiden Enden.
Dehnen: Vor oder nach dem Sport?
Eine der häufigsten Fragen zum Dehnen bezieht sich auf den Zeitpunkt: Sollte ich mich vor oder nach dem Sport dehnen? Die Antwort hängt tatsächlich von der jeweiligen Sportart ab.
Dehnen vor dem Sport
Grundlegend ist es wenig sinnvoll, sich lange und ausgiebig vor denjenigen Sportarten zu dehnen, in welchen Schnellkraft benötigt wird. Da die Muskelspannung durch statisches Dehnen, also längeres Halten der Dehnposition, herabgesetzt wird, ist es für Sprinter, Mannschaftssportler, aber auch Kraftsportler kontraproduktiv, sich vor einer Einheit ausgiebig zu dehnen. Es kann sogar die Verletzungsgefahr erhöhen! Ein gründliches Warm-up mit ein paar dynamischen Stretches (s.u.) ist hier deutlich sinnvoller.
Es gibt jedoch Sportarten, in denen eine extreme Beweglichkeit notwendig ist, um Leistung abzurufen, z.B. beim Turnen oder Tanzen. Hier sollte jedoch auch immer ein gründliches Warm-up von mindestens 10 Minuten an allererster Stelle stehen. Danach kann die Muskulatur statisch aufgedehnt werden. Generell sollten Sie niemals kalt und unaufgewärmt in eine Dehnung hineingehen!
Dehnen nach dem Sport
Auch das Dehnen nach dem Sport hängt von der vorangehenden Belastung ab. Nach einer Jogging-Einheit oder anderen Ausdauerbelastungen können Sie sich ausgiebig statisch dehnen, um Ihre Beweglichkeit auf Dauer zu verbessern. Verletzungen kann man mit dem Dehnen jedoch nicht vorbeugen.
Nach Sporteinheiten, die den Muskel an seine Grenzen gebracht haben, z.B. nach einem anstrengenden Krafttraining, einer Sprinteinheit oder einem Sprungkrafttraining, sollten Sie auf das statische Dehnen verzichten. Denn, starke Belastungen verursachen kleine Risse im Muskel – sogenannte Mikrorupturen. Diese verursachen einerseits den typischen Muskelkater, führen aber auch zu Muskelwachstum, sind also sogar sinnvoll. Wird der Muskel allerdings direkt nach einem Training gedehnt, in welchem er solche kleinen Risse bekommen hat, besteht eine erhöhte Verletzungsgefahr!
Tipp: Gönnen Sie nach intensiven Einheiten dem jeweiligen Muskel eine Pause und verschieben Sie das Dehnen auf den Folgetag.
Auch interessant: Gegen Rückenschmerzen – so dehnen Sie Ihren Rücken richtig >>
Statisches oder dynamisches Dehnen: Vor- und Nachteile
Bei Stretching wird in statisches und dynamisches Dehnen unterschieden. Beide Varianten bringen Vor- und Nachteile mit sich.
Dynamisches Dehnen
Diese Art des Dehnens eignet sich vor allem für das Warm-up. Durch sanfte und federnde Bewegungen mit ca. 10 bis 15 Wiederholungen wird die Muskulatur besser durchblutet und gelockert.
- fördert das Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen
- verbessert die Durchblutung
- steigert kurzzeitig den Bewegungsumfang, lindert Verspannungen, Schmerzen und Stress
- bereitet den Körper auf hohe Intensitäten und komplexe Bewegungen vor
- steigert langsam den Puls und bereit auf den Sport vor
- unterstützt eine präzisere Ausführung von Übungen, z. B. bei Kniebeugen
- zu intensives Dehnen kann das Verletzungsrisiko steigern und die Maximalkraft mindern
- Kraftsport, Powerlifting, CrossFit, Gewichtheben
- Schnellkraft-Sportarten wie Fußball, Sprinten, Radsport, Leichtathletik
Statisches Dehnen
Beim statischen Dehnen werden die Muskeln hingegen für mindestens 20 Sekunden in einer Position gedehnt. Dies empfiehlt sich im aufgewärmten Zustand oder nach dem Training, allerdings nicht nach großer Belastung oder bei bereits entstandenen Muskelkater. Dieser kann sich durch das Dehnen sogar verschlimmern.
- Beweglichkeit und Bewegungsradius werden verbessert
- sorgt für weniger Mobilitätseinschränkungen oder versteifte Muskeln im Alltag, z. B. bei Rücken- oder Nackenschmerzen
- Nach dem Dehnen ist der Muskel nicht mehr für große Belastungen ausgelegt
- Dehnen vor dem Sport kann den Muskel anfälliger für Verletzungen machen
- Tanzen, Turnen, Yoga, Pilates
- Kampfsport wie Karate oder Taekwondo
Die 5 wichtigsten Stretching-Regeln
- Vor dem Sport bzw. zum Aufwärmen sollten Sie sich dynamisch dehnen. Statisches Dehnen ist je nach Sportart nur nach dem Warm-up oder am Ende der Trainingseinheit sinnvoll.
- Atmen Sie beim Stretching normal weiter, damit die Muskulatur mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird.
- Führen Sie statische Dehnübungen langsam aus, niemals ruckartig.
- Bei Verletzungen, Muskelkater oder nach starker Belastung sollten Sie die Muskeln nicht dehnen.
- Dehnen Sie nur bis an Ihre körperlichen Grenzen. Der Dehnschmerz sollte erträglich sein.