
Schmetterlinge im Bauch, das Herz klopft bis zum Hals, die Nächte schlaflos. Erinnern Sie sich noch an damals? Bestimmt. Und heute? Finden Sie Ihren Partner zwar immer noch anziehend und bewundernswert. Aber eine langjährige Beziehung ist kein unbeschriebenes Blatt. Natürlich haben sich in den Jahren kleine Verletzungen und Kränkungen angesammelt. Jede für sich eine Lappalie, doch zusammengenommen werden daraus Risse im Gefüge der Liebe. Die lassen, ähnlich wie die großen Kränkungen Fremdgehen oder Lügen, den Beziehungskitt bröckeln.
Diese Erfahrung machte auch das Autorenpaar Silvia Bickel-Renn und Klaus Renn. Und zwar in doppelter Hinsicht: Nicht nur, dass sie selbst immer mal wieder vor Problemen standen. Die Paartherapeuten beobachteten auch an ihren Klienten, dass in vielen Beziehungen „Tretminen“ entstanden waren, also Themen, die schon so viel Ärger verursacht hatten, dass sie bewusst umgangen wurden. Silvia Bickel-Renn: „Solche Reizthemen hängen meist mit der Familie des anderen, dem Umgang mit Geld oder der Kindererziehung zusammen. Werden diese Themen angeschnitten, führen sie zu heftigen, immer gleichen Auseinandersetzungen.“
Paare, die beschlossen haben, sich weniger zu streiten, lassen diese Themen oft außen vor. Doch das klammert neben dem Thema auch einen Teil der Persönlichkeit des Partners aus: Streiten sich zwei zum Beispiel oft über Erziehung, bildet die Mutter vielleicht eine Allianz mit den Kindern – und damit gegen den Mann. Oder toleriert einer die Verschwendungssucht des Partners ohne Nachfragen, wird nicht geklärt, welches tiefere Bedürfnis hinter dem entfesselten Konsum steckt.
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Der Krealog
Genau hier setzt das vom Autorenpaar entwickelte Konzept des „Krealogs“ an. Das Wort steht für „kreativer Dialog“.
Spielregeln des Krealogs
- Pro Sitzung geht es immer nur um ein Thema. Heute wählt Partner Eins ein Thema, beim nächsten Mal heißt es: Rollentausch.
- Partner Zwei schreibt zuerst nur mit und stellt Fragen nach der immer gleichen Abfolge (siehe rechts). Der psychologische Fragenkatalog stellt sicher, dass wirklich alle Aspekte des Themas zur Sprache kommen.
- Die Rolle von Partner Zwei beschränkt sich im ersten Teil des Krealogs auf das Fragen und Mitschreiben, auch wenn ihm tausend Er- widerungen durch den Kopf schießen.
- Erst nach der Pause erhält Partner Zwei ausführlich Gelegenheit, seine Sicht auf das von Eins Gesagte darzustellen. Nun schreibt Partner Eins still mit.
Im Unterschied zu herkömmlichen Diskussionen, in denen es oft zu früh darum geht, einen Kompromiss auszuhandeln, und die Partner zudem oft unterschiedliche Fragestellungen auf einmal diskutieren, kommt im Krealog nur ein Thema pro Termin auf den Tisch. Eine halbe Stunde hat jeder der Partner Zeit, seine Sicht auf das Thema darzustellen.
Silvia Bickel-Renn: „Absicht ist, dass auch Dinge zur Sprache gebracht werden, die der andere sonst aus Rücksicht nicht äußern würde. Führt ein Paar z.B. einen Krealog zum Thema Schwiegermutter, darf der Mann seinen Wunsch, seine Mutter mindestens zweimal in der Woche zu besuchen, aufrechterhalten und begründen. Vielleicht versteht seine Partnerin nach dem Krealog, dass ihr Mann sich unwohl fühlt, weil er weiß, dass seine verwitwete Mutter traurig zu Hause sitzt. Und vielleicht kann sie sich dann über das große Herz ihres Mannes freuen: Bestimmt wird er sich auch um sie intensiv kümmern, wenn es ihr schlecht geht. Doch jetzt geht es ihr bestens, und sie kann den Abend allein genießen. Probieren Sie’s, es lohnt sich.
Der Paar-Krealog
Endlich mal in Ruhe miteinander reden – das erfordert einen kühlen Kopf und eine störungs- freie Umgebung. Also alle Telefone und den Fern- seher ausschalten, sich eine Stunde Zeit nehmen, Getränke bereitstellen und vor dem Gespräch ein paarmal tief durchatmen. Dann kann es losgehen.
Fragenkatalog für den ersten Teil des Krealogs
1) Zur Themenfindung fragt Partner Zwei und notiert die Antworten
- Was ist dein Thema?
- Was findest du an deinem Thema schwierig, bemerkenswert oder interessant?
- Was ist dein persönliches Ziel, dein Wunsch bezüglich dieses Themas? (Nach der Themenfindung liest Partner Zwei die Antworten vor, Partner Eins hört schweigend zu. Erst dann interviewt Partner Zwei weiter.)
2) Expedition nach innen: Partner Zwei fragt weiter
- Was sind deine Gedanken zu deinem Thema?
- Welche Gefühle hast du zu deinem Thema?
- Welche Körperempfindungen spürst du in Verbindung mit deinem Thema?
- Welche Wertvorstellungen verbindest du mit deinem Thema? (Partner Zwei liest alle Antworten vor.)
3) In Bildern denken
Partner Eins lehnt sich für ein bis zwei Minuten zurück, vertieft sich in die innere Resonanz. Dann bittet Partner Zwei Partner Eins, die folgenden Sätze zu vervollständigen:
- Ich fühle mich wie...
- Diese Überschrift und dieses Bild kommen mir zu meinem Thema in den Sinn ... (Antworten vorlesen)
4) Kreative Veränderungsschritte
- Welche ersten Handlungsschritte entstehen in Bezug auf dich und auf unsere Beziehung? Diese Schritte sollten so klein sein, dass sie noch am gleichen Tag ausgeführt werden können. Zum Beispiel: etwas im Internet recherchieren, aufräumen oder kochen. (Antworten vorlesen)
Nun werden die Rollen gewechselt: Der Erzählende wird zum Zuhörer, der fragt und mitschreibt
1) Zum gewählten Thema fragt nun Partner Eins und notiert.
- Was fällt dir zu meinem Thema ein?
- Was ist an meinem Thema für dich schwierig, bemerkenswert oder interessant?
- Welches Ziel hast du für dich? (Antworten vorlesen)
2) Expedition nach innen:
- Was sind deine Gedanken zu meinem Thema, was verbindest du damit?
- Welche Gefühle hast du zu diesem Thema?
- Welche Körperempfindungen spürst du im Zusammenhang mit diesem Thema?
- Welche Wertvorstellungen verbindest du mit dem Thema, wie bewertest du es? (Antworten vorlesen)
3) In Bildern denken
Partner Zwei horcht in sich hinein und vervoll- ständigt dann folgende Sätze:
- Ich fühle mich wie...
- Diese Überschrift und dieses Bild kommen mir zu dem Ganzen in den Sinn... (Antworten vorlesen)
4) Kreative Veränderungsschritte
- Welche Impulse ergeben sich für dich? (Antworten vorlesen)
Der Selbstversuch
Autorin Ute Oda Frantzen und Ihr Mann wagten den Selbstversuch - und kauften sich am Ende ein Sofa.
“Es ist nicht so, dass mein Mann und ich uns nichts zu sagen hätten. Ich erfrage schon vor der ersten Tasse Kaffee seinen Tagesablauf und stimme ihn mit meinem ab. Währenddessen erzählt mein Mann mir den Handlungsstrang des Films, den er gestern Abend gesehen hat.

Umso erstaunter sind wir, wie entspannend es ist, als wir abends den ersten „Krealog“ unseres Lebens führen und jeder ohne Unterbrechung reden kann – über eine Sache.
Meinem Mann fällt sofort ein Thema ein: Er möchte endlich den bequemen, dunkelroten Ledersessel für sich kaufen. Ohne einen Mucks schreibe ich seine Antworten mit, habe aber, so scheint’s, meine Mimik überhaupt nicht im Griff. Ich solle doch bitte, sagt er, das Augenrollen und Lippen-Zusammenkneifen unterlassen.
Es ist nämlich so: Ich sehe ja ein, dass er einen Sessel als Rückzugsort braucht. Aber ich will mich auf einem Sofa ausstrecken können. Und solange das nicht da ist, können wir meiner Meinung nach nicht beurteilen, ob sein Supersessel in unser Wohnzimmer passt. Allerdings ist Gefahr im Verzug, der Sessel wurde gerade um die Hälfte reduziert, und bestimmt spazieren noch andere Leute am Schaufenster vorbei und sehen ihn mit seinem roten Schild. Trotzdem kann mein Mann doch nicht ernsthaft von mir erwarten, dass ich binnen drei Tagen ein Sofa aussuche, das uns zehn Jahre gefallen soll. Das alles sage ich ihm, als die Krealogregeln mir endlich erlauben, meine Sicht auf das Thema zu äußern. Mein Mann schafft es, ein neutrales Gesicht zu machen. Der Handlungsimpuls, der jeden Krealog abschließen soll, sieht so aus: Ich begebe mich in Ruhe auf Traumsofa-Jagd und bestelle es auch gleich. Und wenn der Sessel dazu passt und das Schicksal uns hold ist, wird das gute Stück brav im Schaufenster auf uns warten. Ich danke meinem netten Mann.“