Kollegin Cordula lässt Teeblätter in den Filter rieseln. Sonst strahlt sie immer, wenn die anderen längst das Mittagstief packt. Heute wirkt sie geknickt. „Ich hatte letzte Nacht meine ersten Hitzewallungen“, flüstert sie. „Wie eine Feuersäule, die durch mich hindurchging.“ Sie habe das Fenster aufgerissen und sich in die kalte Luft gestellt. „So fühlt sich das Älterwerden an ...
Wechseljahre – furchtbares Wort.“ Diese Gefühle kennen viele Frauen zwischen 40 und 50.
Der große Wandel
Der Hormonhaushalt des Körpers stellt sich einmal komplett um, wie zuletzt in der Pubertät. Die fruchtbare Phase endet, ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Jede Frau reagiert anders auf diese Veränderungen. Manche merkt schon im Alter von 40, dass sich etwas tut. Bei anderen tauchen die ersten Anzeichen erst zehn Jahre später auf. Hitzewallungen bringen uns zum Schwitzen, die Schleimhäute werden trockener, der Zyklus ist nicht mehr so regelmäßig, die Stimmungen wechseln abrupt. Wie der Körper muss auch die Seele eine neue Balance finden. Vieles ordnet sich neu: Die Kinder gehen aus dem Haus, der Partner wird wieder wichtiger. Im Job streben Jüngere nach. Zugleich brauchen die eigenen Eltern mehr Aufmerksamkeit. Wir realisieren deutlich, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist und sich nicht mehr alle Wünsche erfüllen werden – zum Beispiel der nach einem eigenen Kind. „Das kann ein schmerzhafter und langwieriger Weg sein, muss es aber nicht“, sagt die Wechseljahrberaterin Dorli Lechner aus Hamburg (Infos: www.wechseljahr-beratung.de).
Gelassenheit in den Wechseljahren
Mehrheitlich gelassen
Die meisten Frauen kommen mit diesem Prozess gut klar. Viel Bewegung und Sport stabilisieren die Laune und senken das nach den Wechseljahren erhöhte Risiko, an Osteoporose oder einer Herz- Kreislauf-Schwäche zu erkranken. Ausgewogen zu essen, beugt einer Gewichtszunahme in den Wechseljahren vor. Ein paar Rundungen mehr sind aber normal. Generell zeigen Studien: Entgegen der verbreiteten Sorge nehmen manche Frauen auch ab. Und: Je offener und positiver Frauen mit dem Klimakterium umgehen, desto weniger leiden sie. Einer von drei Frauen gelingt das nicht. Ihre Beschwerden sind so massiv, dass Verhaltensänderungen im Alltag und homöopathische oder pflanzliche Präparate allein nicht wirken. „Dann kann eine Hormontherapie helfen“, sagt Prof. Olaf Ortmann, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde der Universität Regensburg am Caritas-Krankenhaus St. Josef. Er hat die Arbeiten an den ärztlichen Leitlinien für die Hormontherapie in den Wechseljahren koordiniert. Infrage kommen Tabletten und Hormonpflaster. „Die Symptome sind dann häufig wie weggeblasen“, verspricht Ortmann. Gegen Scheidentrockenheit empfiehlt er eine vaginale Östrogenanwendung. Die individuelle Therapie
Wichtig sei, die Therapie auf die Bedürfnisse der Frau abzustimmen, so Ortmann. „Die Zeiten, in denen Hormone ausschließlich vorbeugend verordnet wurden, sind lange vorbei.“ Denn eine Hormontherapie mit einer Östrogen-Gestagen-Kombination kann das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, erhöhen. Das belegen mehrere Studien. In absoluten Zahlen heißt das: Von 10 000 Frauen, die fünf Jahre eine Hormon-Kombi-Therapie machen, erkranken pro Jahr dreizehn an Brustkrebs – von den Frauen ohne nur acht.
Ein Neuanfang im Leben
Es lohnt sich also, herauszufinden, was Ihnen noch guttut: ob pflanzliche Mittel gegen Wechseljahrsbeschwerden, Kneippkuren oder Yoga. Garantiert keine Nebenwirkungen hat es, mit anderen Frauen über alles zu reden, was Sie bewegt. Wechseljahrberaterin Dorli Lechner erinnert sich, wie eine Frau sich nach einem Vortrag bei ihr bedankte: „Jetzt weiß ich endlich, dass ich nicht verrückt bin.“ Die Wechseljahre bieten die Chance, klarer zu sehen, was wirklich zählt. Altes loszulassen, Neues anzupacken. „Das ist wie eine Häutung. Man kommt zum Kern“, sagt Dorli Lechner. Und irgendwann hat jede den Übergang geschafft. „Die meisten Frauen fühlen sich danach wieder voller Tatkraft. Klar ist man öfter mal müde. Aber das sind normale Alterserscheinungen.“ Kollegin Cordula bietet reihum Tee an. Und lacht schon wieder.
Fragen rund um die Wechseljahre
Was hilft bei Beschwerden?
Hitzewallungen
Wer sich in Schichten kleidet, kann sich nach Bedarf aus- und wieder anziehen. Salbeitee hat eine schweißhemmende Wirkung, 2–3 Tassen pro Tag trinken. Soforthilfe bei akuter Hitze: Arme bis zum halben Oberarm in ein mit kaltem Wasser gefülltes Waschbecken tauchen, ca. 2–5 Minuten halten. Danach die Haut an der Luft trocknen lassen. Das stabilisiert den Kreislauf.
Herzrasen
Das Herz macht sich jetzt manchmal stärker bemerkbar als früher. Bei Freude oder Anspannung ist das okay. Kommen andere Beschwerden hinzu, wie etwa Schwindel, Seh- und Sprachstörungen, unbedingt zum Arzt gehen. Bei
Stress mehr bewegen und Ausdauersport machen, das hebt die Stimmung.
Gefühlsachterbahn
Ein Tee mit Johanniskraut (oder Tabletten) wirkt gegen Unruhe und Stimmungsschwankungen. Auf natürliche Art gleichen die Wirkstoffe der Traubensilberkerze (z. B. in „Klimaktoplant N“, Apotheke) Hormonschwankungen aus. Gut für die empfindlichen Schleimhäute: das Schüssler Salz Nr. 4 (Kalium Chloratum). Haferstrohtee wirkt harntreibend, beruhigt und stärkt die Blase, die öfter mal gereizt reagiert.
Endlich keine Regel mehr. Wie lange muss ich noch verhüten?
Faustregel: Frauen über 50, die seit einem Jahr keine Regelblutung mehr hatten, können auf Pille oder Spirale verzichten. Jüngere sollten seit zwei Jahren keine Regel mehr haben. „Dass eine Frau nicht mehr blutet, muss nicht
heißen, dass sie ihre Menopause schon hatte“, sagt Frauenärztin Elke Franzki, 63, aus Hamburg. „Gerade bei Frauen unter 50 kann das nur eine Episode sein – und irgendwann setzt die Regel wieder ein. Deshalb lieber auf Nummer sicher gehen.“ Auch wenn Frauen nur leichte Blutungen haben, sollten sie verhüten, etwa mit Hormonspirale, Minipille oder dem neuen Caya-Diaphragma.
Ungeeignet: die Temperatur-Mess-Methode.
Immer eine Alternative: Kondome – auch als Schutz gegen sexuell übertragbare Krankheiten.