
Ihr Partner oder Ihre Partnerin ist abends um 22:00 Uhr topfit, während Sie schon seit einer Stunde in den Seilen hängen? Das kann an der Theorie der Eule oder Lerche liegen. Eine Eule – in dem Fall Ihre Partnerin oder Ihr Partner – ist nämlich nachts aktiv und eine Lerche – also Sie – sind tagaktiv. Wahrscheinlich sind Sie schon längst wach, während Ihre bessere Hälfte noch die Federn hütet, dafür werden Sie abends müde, sobald die Sonne untergeht.
Chronotypen nennt das die Wissenschaft. Mundartlich werden sie auch Schlaftypen genannt. Oder eben Eule und Lerche. Kann man also alle Menschen in die beiden Kategorien Eule oder Lerche einteilen? Ganz so einfach ist es nicht, schon alleine, weil sich das Schlafverhalten im Laufe eines Lebens mehrmals ändern. Wenn Sie aber wissen wollen, warum Sie beispielsweise so unterschiedlich zu Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner ticken, ist der Vergleich Eule oder Lerche ein guter Indikator.
Eule oder Lerche: Welcher Schlaftyp sind Sie?
Um herauszufinden zu welchem Schlaftyp Sie gehörst, müssen Sie natürlich erst einmal wissen, ab wann Forscher und Mediziner von einer Eule und ab wann von einer Lerche sprechen. Dazu gibt es ein paar Anhaltspunkte. Sie werden zum Schlaftyp der Lerche gezählt, wenn:
- Sie morgens ab sechs Uhr wach und fit sind.
- Sie Ihren Leistungshöhepunkt zwischen neun und elf Uhr vormittags haben.
- Sie am liebsten gegen zehn Uhr abends ins Bett gehen.
Zum Schlaftyp der Eule werden Sie dann gezählt, wenn:
- Sie lieber erst um neun Uhr morgens oder später aufstehen.
- Sie Ihren Leistungshöhepunkt zwischen vier Uhr nachmittags und neun Uhr abends erreichen.
- Sie regelmäßig bis zwei Uhr nachts oder noch länger wach sind.
Ob Sie Eule oder Lerche sind, erkennen Sie übrigens schon am Essverhalten. Liegt Ihnen das Frühstück wie ein Stein im Magen? Dann gehören Sie höchstwahrscheinlich zur Gattung der Eulen, denn nachtaktive Menschen frühstücken nicht gerne. Für Lerchen ist das Frühstück (fast) die wichtigste Mahlzeit des Tages.
Welche Rolle spielen Genetik und Alter?
„Grundsätzlich ist der Schlaf- und Wach-Rhythmus des Menschen genetisch festgelegt und dadurch individuell verschieden“, erklärt die Medizinerin Kathrin Frank, warum die innere biologische Uhr bei jedem anders tickt. Allerdings: Ihr Schlaftyp, also ob Sie Eule oder Lerche sind, verändert sich im Laufe des Lebens. Die meisten Kleinkinder sind bereits früh morgens sehr aktiv. Oftmals zum Leidwesen der Eltern, die am Wochenende gerne mal ausschlafen würden.
„Was auch klar ist: Jugendliche sind fast immer Eulen und die frühen Schulzeiten sind für sie oft eine Qual. Daher leiden viele Schülerinnen und Schüler unter chronischem Schlafmangel“, gibt Dr. Kathrin Frank zu bedenken. Je älter Sie werden, desto eher entwickeln Sie sich wieder in Richtung Morgenmensch.
„Der Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen ist tatsächlich stark altersabhängig“, bestätigt auch der Neurologe Wolf-Oliver Krohn. „Neugeborene schlafen bis zu 20 Stunden täglich, Kinder zehn bis zwölf Stunden. Erwachsene liegen meistens sieben bis acht Stunden im Bett, während ältere Menschen oft mit weniger als sechs Stunden Schlaf in 24 Stunden auskommen ohne am Tag müde zu sein“, so Dr. Wolf-Oliver Krohn.
Was kennzeichnet eine Eule?
Abseits der schon genannten Unterschiede im Schlafrhythmus haben die beiden Vogelarten weitere, ganz unterschiedliche Eigenschaften. So schläft die Eule nicht nur gerne länger und ist dafür bis in die Nacht wach, sie unterscheidet sich auch in anderen Merkmalen zur Lerche:
- Eine Eule gilt als wesentlich kontaktfreudiger.
- Ebenso soll sie risikobereiter sein, als die Lerche.
- Die Eule gilt als weniger treu und sexuell aktiver.
Gesundheitlich sollten Eulen wohl eher aufpassen, denn:
- Eulen gelten generell als schmerzempfindlicher.
- Eulen neigen angeblich zu stärkerem Übergewicht.
- Eulen sollen wohl anfälliger für Depressionen sein.
Was kennzeichnet die Lerche?
Die Lerche gilt als der geborene Frühaufsteher. Zu Zeiten, in denen die Eule noch in tiefsten Träumen steckt, beginnt für die Lerche schon die allmorgendliche Routine. Meist erreicht sie ihren Leistungshöhepunkt zwischen neun und elf Uhr morgens. Natürlich besitzt auch die Lerche laut einiger Forscher markante Eigenschaften. Beispielsweise:
- Lerchen lernen leichter als Eulen.
- Lerchen sind treuer und haben weniger Sex.
- Selbstkontrolle ist bei Lerchen stärker ausgeprägt.
- Das Krebsrisiko ist bei Lerchen erhöht.
Wie schon oben bei den Eulen, sollten Sie diese Aussagen nicht allzu ernst nehmen, auch wenn ihnen Studien zugrunde liegen. Beispiel Lernen: Hier kamen zwei Deutsche Universitäten zu zwei unterschiedlichen Ergebnissen. Während bei der Universität Trier laut Studie beim Lernen die Eulen klar die Nase vorn haben, bescheinigt die Universität Heidelberg den Lerchen einen Vorteil beim Lernen.
Vorsicht mit solchen Aussagen
Eule oder Lerche? Zwar gibt es einige Studien, die die oben genannten Thesen vordergründig bestätigen, trotzdem sollten Sie solche Aussagen mit Vorsicht genießen. Wie schon erwähnt, ändern die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens mehrmals ihren Chronotyp. Werden aus untreuen, risikobereiten und schmerzempfindlichen Eulen so in kurzer Zeit treue, gesetzte, schmerzunempfindliche Lerchen? Ganz sicher nicht.
Manche Forscher geben in ihren Untersuchungen auch ganz offen zu, dass noch andere Faktoren wie Erziehung, Charakter oder Ernährung mit in ihren Studien berücksichtigt wurden. Zudem wird oft eine große Anzahl von Menschen einer gewissen Gruppe untersucht. Hieraus ergibt sich ein Mittelwert. Dieser sagt allerdings nur etwas über die Masse, nicht aber etwas über den Einzelnen aus. Weiterhin wurde bisher keine der Studien bestätigt. Jede Eule oder Lerche ist also ganz unabhängig von ihrem Chronotypen individuell verschieden.
Eule oder Lerche – individuell verschieden
„Das Schlafbedürfnis zeigt eine große Streuung zwischen einzelnen Menschen und wird durch genetische Faktoren, frühkindlich erworbene Gewohnheiten, körperliche Aktivität und psychische Faktoren beeinflusst“, fasst Wolf-Oliver Krohn die Hintergründe des unterschiedlichen Schlafbedürfnisses zusammen. Eule oder Lerche? So einfach ist das also nicht zu beantworten.
Krohn weiß auch: „Der Schlaf-Rhythmus mit einer langen Wachphase am Tage und einer langen Schlafphase in der Nacht entwickelt sich über die ersten Lebensjahre. Im fortgeschrittenen Erwachsenenalter häufen sich die nächtlichen Aufwachphasen und auch die Wachphase am Tage wird durch kurzzeitige Schlafphasen (Sekunden bis Minuten) unterbrochen. Ab dem 35. Lebensjahr schlafen Frauen etwas mehr als Männer. Ein wichtiger Hinweis auf einen mangelhaften Nachtschlaf ist eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit.“
Frühaufsteher oder Langschläfer? Das ist Ihr Schlafverhalten
Frühaufsteher oder Langschläfer, Eule oder Lerche – Sie wollen wissen welches Schlafverhalten Sie besitzt? Das können Sie in Ihrem Urlaub ganz einfach testen. Gehen Sie dann ins Bett, wenn Ihr Biorhythmus sich meldet, sprich: wenn Sie müde werden, ab in die Falle mit Ihnen (egal, wie früh am Abend es ist). Stellen Sie keinen Wecker, sondern schlafen so lange, wie Ihr Schlafrhythmus von alleine vorgibt.
Wichtig für Ihren Biorhythmus ist auch, eine natürliche Lichtumgebung zu schaffen. Setzen Sie sich nachts keinem künstlichem Licht aus. Nach einigen Nächten hat sich dein natürlicher Schlafrhythmus eingestellt. Werden Sie abends früh müde und wachen morgens früh auf, sind Sie ein Frühaufsteher (Lerche). Meldet sich Ihr Biorhythmus erst spät abends oder sogar erst nachts nach 23:00 Uhr und Sie werden erst am späten Morgen oder gar Vormittag wach, sind Sie ein Langschläfer (Eule).
Eule oder Lerche oder keins von beidem?
Tatsächlich gibt es noch einen dritten Chronotypen. Den sogenannten Normaltyp. Rund 60 Prozent der Bevölkerung macht diesen Typen aus. Sie schlafen am besten zwischen null Uhr in der Nacht und acht Uhr am Morgen und haben ihr Leistungshoch am späten Vormittag. Haben Sie sich also bisher mit Eule oder Lerche nicht identifizieren können, gehören Sie wahrscheinlich zur der großen Gruppe des Normaltyps.
Es ist übrigens egal, ob Sie Eule oder Lerche sind oder zur Gruppe des Normaltypen zählen, für Ihre Gesundheit ist hauptsächlich wichtig, dass Ihr zirkadianer Rhythmus nicht aus dem Tritt gerät. Der zirkadiane Rhythmus beschreibt die Fähigkeit unseres Körpers sich auf den 24-Stunden-Tag zu synchronisieren. Forscher gehen davon aus, dass der Chronotyp (und damit der persönliche zirkadiane Rhythmus) vererbt wird.
Ist "umtrainieren" eine gute Lösung?
„Problematisch wird es, wenn man durch äußere Zeitgeber wie Arbeit und familiäre Verpflichtungen permanent gegen den eigenen Rhythmus schlafen oder wach sein muss“, so Schlafmedizinerin Kathrin Frank.
„Ob es möglich ist, den zirkadianen Rhythmus auszutricksen, ist letztlich von den oben genannten Faktoren abhängig. Sinnvoller ist es in jedem Fall, sich dem Schlafbedürfnis und Rhythmus individuell anzupassen und Schlaf als individuelle Notwendigkeit anzuerkennen“, unterstreicht Wolf-Oliver Krohn.
Grundsätzlich gilt: Sie können sich Ihren natürlichen Rhythmus, ob Eule oder Lerche, nicht abgewöhnen oder umtrainieren. Sie können sich aber sehr wohl dazu motivieren, gegen Ihren eigenen Rhythmus aktiv zu sein. Besonders Eulen haben nämlich im Alltag damit zu kämpfen, dass sie ihren natürlichen Rhythmus kaum ausleben können. Denn Schule und Arbeit beginnen meist früh am Morgen.
Allerdings: Auf Dauer kann das sogar ungesund sein, es wird sehr viel geistiges und körperliches Potenzial verschenkt, weil Abendmenschen während der Arbeitszeiten gar nicht richtig zur Höchstform auflaufen können.
„Die wenigsten Menschen sind extreme Lerchen oder extreme Eulen – die meisten sind Mischtypen“, macht die Expertin Kathrin Frank Mut.
Dr. Kathrin Frank ist Fachärztin unter anderem für Schlafmedizin und Leiterin eines Schlaflabors in Karlsruhe (www.schlaflabor-durlach.de).
Der Neurologe Dr. Wolf-Oliver Krohn engagiert sich als Patientenberater für die Deutsche Hirnstiftung (www.hirnstiftung.org) – das ist eine gemeinnützige Organisation, die über neurologische Erkrankungen aufklärt und Patienten bei medizinischen Fragestellungen weiterhilft.
Quellen:
Science Direct: How many diurnal types are there? A search for two further “bird species”.
Building Healthy Academic Communities Journal: The Influence of Chronotype and Grit on Lifestyle and Physical Activity.
Stiftung Gesundheitswissen: Schlaf: Warum wir ihn brauchen.
Ärzteblatt: Frühe Aufsteher erkranken seltener an Depressionen.