Solange wir atmen, riechen wir. Ungefähr 20.000 Mal holen wir innerhalb von 24 Stunden Luft. Mit jedem Atemzug dringt eine Flut von Aromen in unser Riechorgan. Mal ins rechte, mal ins linke Nasenloch. Immer abwechselnd. Etwa 30 Millionen Riechzellen, 80 Millionen Riechhärchen sowie 347 (bisher identifi- zierte) Rezeptoren für Geruchsmoleküle begutachten dort die Botschaften aus einer unsichtbaren Welt – und wecken sofort Erinnerungen, Emotionen. Riechen wir Limonen, denken wir an Sommerfrische. Brandgeruch alarmiert uns, saure Milch lässt uns zurückzucken.
Wie das in allen Einzelheiten funktioniert, ist noch lange nicht erforscht. Fest steht aber, dass der Geruchssinn entwicklungsgeschichtlich der älteste Sinn ist. Ihn bildeten unsere Vorfahren, die Wirbeltiere, als Erstes aus. Erstaunlicher Effekt: Bestimmte Duftmoleküle aus ätherischen Ölen können in unserem Körper die Ausschüttung von Histamin und Prostaglandinen hemmen. Allergien, Entzündungen, Fieber und Schmerzen lassen dadurch spürbar nach. Wir haben also nicht nur alle eine Nase im Gesicht, auch viele unserer Zellen können „riechen“. Doch unabhängig davon, wo ein (Sommer-)Duft zuerst auf einen Rezeptor trifft, wird er für uns unmittelbar zum Erlebnis. Gleich zwei Besonderheiten stecken hinter diesem Turbo-Effekt: Zum einen ist unsere Nase das einzige Sinnesorgan, das ohne Umwege mit dem Gefühlszentrum im Gehirn, dem sogenannten limbischen System, verbunden ist. Zum anderen fungiert unsere Haut quasi als Außenposten des Gehirns. Beide, Haut und Gehirn, entstehen nämlich aus derselben Zellschicht des frühen Embryos.