
Klar, auch Kosmetikzutaten unterliegen Moden. Sie werden entdeckt, probiert, erfüllen dann vielleicht nicht die in sie gesetzten Erwartungen – und verschwinden in der Versenkung. Doch manche Wirkstoffe wie Coenzym Q 10, Retinol, Glyzerin und Hyaluronsäure halten sich trotz anderer Hypes – und werden jetzt sogar wieder verstärkt eingesetzt. Woran liegt das? Geht den Beautyherstellern etwa die Forschungspuste aus? „Im Gegenteil“, sagt Dr. Birgit Kunze, Hautärztin aus Hamburg. „Nur sind dies einfach die besten und bewährtesten Wirkstoffe, die wir kennen.“ Hinzu kommt, dass sich diese vier Substanzen im Labor herstellen lassen. Das bringt gleich mehrere Vorteile: Sie kosten nicht allzu viel, haben immer die gleiche Qualität und lassen sich super weiterentwickeln. „Oft sind bestimmte Abwandlungen sogar noch wirksamer und gleichzeitig verträglicher als der Ursprungsstoff“, bestätigt Dr. Birgit Kunze. Wir stellen Ihnen die cleversten Klassiker vor.
COENZYM Q10: Bewährter Zündstoff für müde Zellen
Wer sich schlapp fühlt, kommt oft schon mit einer kleinen Energiespritze wieder auf die Beine. Das geht der Haut nicht anders. Nur braucht unser Teint keine Tasse Kaffee, sondern Coenzym Q10. Dahinter verbirgt sich eine vitaminähnliche Substanz, die den Kraftwerken unserer Zellen, den Mitochondrien, die nötige Power gibt, um sich selbst schneller zu erneuern. Das Coenzym Q10 der ersten Generation, das 1997 auf den Markt kam, vertrugen aber einige Frauen nicht so gut, weil es meist synthetisch hergestellt wurde. „Künstliches Coenzym Q10 hat zu viele Doppelbindungen in der Molekülstruktur“, erklärt Dr. Thomas Blatt, Humanbiologe und Leiter der Abteilung für Hautalterung bei Beiersdorf. „Nivea verwendet deswegen ein Coenzym Q10, das wir aus Hefe gewinnen, die in Bottichen zum Gären gebracht wird – fast wie beim Bierbrauen. Daraus lässt sich ein Coenzym Q10 extrahieren, das unserem hauteigenen zum Verwechseln ähnelt.“ Eine weitere sanfte Quelle: Coenzym Q10 aus Tabak.
PRODUKTE: z.B. „Hautstraffende Body Milk Q10 plus“ von Nivea, 400 ml ca. 7 Euro; „Age Control Q10 Creme“ von Declaré, 50 ml ca. 34 Euro; „Q10 Active Tagespflege“ von Eucerin**, 50 ml ca. 24 Euro; „Alcina Kräftigende Q10-Creme“ von Dr. Kurt Wolff*, 50 ml ca. 28 Euro
Retinol, Glyzerin und Hyaluronsäure
RETINOL: Ein Faltenglätter wird sanfter
Vitamin A funktioniert neuerdings oft durch „Vitamin B“, also gute Beziehungen. Seine reine Form, das Retinol, wirkt zwar ausgesprochen effektiv gegen Falten, kann sensible Haut aber auch schnell reizen – eine Herausforderung für die Forschung! Die Wissenschaftler der Apothekenmarke Vichy kombinieren Retinol mit Adenosin, einer körpereigenen Substanz, die die Nerven entspannt. Dadurch bleibt der zellerneuernde Peelingeffekt des Vitamin A erhalten, trotzdem sieht die Haut seltener rot. Eine geschickte Verbindung ist auch der Clou bei Garnier: Der Wirkstoff Pro-Retinol besteht aus einer Retinolvorstufe und Färberdistelöl. Auf der Haut zerlegt ein Enzym den Mix in Vitamin A und hautberuhigende Fettbausteine. Für Frauen mit normaler Haut gibt’s noch die Intensiv- Varianten. Linda Blahr, Trainingsmanagerin bei SkinCeuticals: „Wir setzen Retinol in der für Kosmetik zugelassenen Höchstkonzentration von 0,3 Prozent ein.“
PRODUKTE: z.B. „UltraLift Straffender Roll-On“ von Garnier mit Pro-Retinol, 15 ml ca. 9 Euro; „Liftactiv Retinol HA Nachtpflege“ von Vichy** mit Adenosin, 30 ml ca. 24 Euro; „Retinol 0.3 Creme“ von SkinCeuticals*, 30 ml ca. 72 Euro
GLYZERIN: Feuchtigkeitsspender in neuem Gewand
Ein Oldie, der jetzt durch seine Coverversionen noch mal zum Hit wird: So lässt sich die Entwicklung des Glyzerins beschreiben. Bereits 1873 wurde dieser Alkohol entdeckt und avancierte zu einer der beliebtesten Zutaten in Seife, Gesichts- und Handcremes – bis Ende der 80er-Jahre erste Kritik laut wurde. Die bezog sich auf die Wirkweise, denn Glyzerin arbeitet wie ein Magnet: Es zieht Feuchtigkeit an und speichert sie in der oberen Hautschicht. Das funktioniert aber nur bei hoher Luftfeuchtigkeit. Bei trockener Luft oder wenn der Glyzerinanteil der Creme zehn Prozent übersteigt, holt sich dieser Wirkstoff die fehlende Flüssigkeit entweder aus dem Bindegewebe oder die Haut wird spröde. Jetzt ist es geglückt, dieses Manko zu umgehen: Dove z.B. mischt klassisches Glyzerin mit einer abgewandelten Form, die Glycerol Quat heißt. Avène verwendet stattdessen Glycoleol, eine Vorstufe von Linolsäure, die sich erst bei Hautkontakt in Glyzerin und Fettsäuren spaltet und dadurch sanfter wird. Olaz benutzt Glyzerin, das peu à peu freigesetzt wird.
PRODUKTE: z.B. „Sérénage Aufbau Tagespflege“ von Avène** mit Glycoleol, 40 ml ca. 32 Euro; „Regenerist Pflege für makellose Haut LSF 30“ von Olaz, 50 ml ca. 27 Euro; „Visible Effects Body Lotion“ von Dove mit Glycerol Quat, 250 ml ca. 4 Euro
HYALURONSÄURE: Moderner Jungbrunnen für trockene Haut
Ein Polster schützt und stützt – ob finanziell, im Sofa oder unter der Haut. Für Letzteres ist Hyaluronsäure zuständig, die winzige Wasserkissen zwischen den Bindegewebsfasern bildet und die Haut dadurch schön glatt aussehen lässt. Ein Gramm dieser körpereigenen Zuckerart kann beachtliche drei Liter Feuchtigkeit binden! Doch mit der Zeit schwächelt die Produktion, die Haut wird schlaff, spröde und bekommt Fältchen. Seit den 80er- Jahren kam der Nachschub aus dem Cremetopf und stammte gruseligerweise aus Hahnenkämmen. Heute wird Hyaluronsäure meist synthetisch hergestellt oder aus Bakterienkulturen gewonnen. Das gefällt den Kunden aus ethischen Gründen besser und auch der Haut: Tierische Hyaluronsäuremoleküle sind nämlich so sperrig, dass sie auf der Oberfläche hängen bleiben. Moderne Varianten lassen sich dagegen in verschiedenen Größen produzieren, die unterschiedlich tief eindringen und die Haut so viel intensiver mit Feuchtigkeit versorgen als früher.
PRODUKTE: z.B. „AntiAge+ Hyaluron Effekt Augenpflege“ von frei**, 15 ml ca. 20 Euro; „Feuchtigkeitscreme Wildrose“ von Lavera*, 30 ml ca. 10 Euro; „Sensitive Hyaluron Repair & Protect Creme“ von Eubos**, 50 ml ca. 21 Euro