
Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen litten im Jahr 2018 insgesamt 3 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 an einer Alkoholsucht. Damit weist Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern einen hohen Konsum alkoholischer Getränke auf und gilt somit als Hochkonsumland.
Die Alkoholsucht ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die nicht nur soziale und berufliche Probleme nach sich ziehen, sondern auch die psychische und körperliche Gesundheit erheblich beeinträchtigen kann. Neben typischen Symptomen wie übermäßigem Alkoholverzehr und der Unfähigkeit, auf alkoholische Getränke zu verzichten, geht die Abhängigkeit in der Regel auch mit einem veränderten Essverhalten einher.
Essverhalten bei Alkoholikern: Was ist typisch für die Erkrankung?
Typischerweise kommt es bei Alkoholikern zu folgenden Veränderungen und Beschwerden in Bezug auf das Essverhalten:
1. Vernachlässigung der Ernährung
Ein zentrales Merkmal des Essverhaltens von Alkoholikern ist die generelle Vernachlässigung einer ausgewogenen Ernährung:
- Alkoholiker neigen dazu, feste Mahlzeiten durch Alkohol zu ersetzen.
- Der Alkoholkonsum steht im Mittelpunkt des Alltags, während die Nahrungsaufnahme in den Hintergrund rückt.
- Oft wird das verfügbare Geld vorrangig für Alkohol ausgegeben, wodurch weniger für Nahrungsmittel zur Verfügung steht.
2. Mangelernährung
Als Folge der Vernachlässigung der Ernährung tritt bei Alkoholikern häufig eine Mangelernährung auf:
- Durch den hohen Alkoholkonsum und die unzureichende Nahrungsaufnahme kommt es zu Nährstoffmängeln.
- Die alkoholbedingte Schädigung der Leber beeinträchtigt die Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen.
- Alkohol spült wichtige Nährstoffe und Vitamine aus dem Körper, was den Mangel weiter verstärkt.
3. Gestörte Hunger- und Sättigungsregulation
Alkohol hat einen direkten Einfluss auf die Hunger- und Sättigungsregulation:
- Die Wirkung des Alkohols auf das zentrale Nervensystem beeinflusst Neurotransmitter im Gehirn, die für das Hunger- und Sättigungsgefühl verantwortlich sind.
- Alkoholiker haben oft ein gestörtes Hungergefühl und neigen zu unregelmäßigen Esszeiten.
4. Heißhungerattacken
Ein weiteres typisches Merkmal im Essverhalten von Alkoholikern sind Heißhungerattacken:
- Durch den Einfluss von Alkohol auf den Blutzuckerspiegel und die Hormonbalance kann es zu einem intensiven Verlangen nach süßen oder fettigen Lebensmitteln kommen.
- Dies führt oft zu ungesunden Essgewohnheiten, bei denen kalorienreiche und nährstoffarme Lebensmittel bevorzugt werden.
5. "Drunkorexie"
Ein spezifisches Phänomen, das bei einigen Alkoholikern beobachtet wird, ist die sogenannte "Drunkorexie":
- Betroffene reduzieren bewusst ihre Kalorienaufnahme durch Nahrung, um die Kalorien später durch Alkohol "auszugleichen".
- Dieses Verhalten kann zu einer weiteren Verschärfung der Mangelernährung führen.
6. Magen-Darm-Beschwerden
Alkoholkonsum hat auch direkte Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt, was das Essverhalten beeinflusst:
- Alkoholbedingte Magen-Darm-Probleme können dazu führen, dass Betroffene weniger und seltener essen.
- Studien zeigen die negativen Auswirkungen von Alkoholismus auf das Darmmikrobiom, die Magen-Darm-Schleimhäute und die generelle Magen-Darm-Gesundheit von Betroffenen.
Das gestörte Essverhalten bei Alkoholikern ist ein komplexes Phänomen, das eng mit der Suchterkrankung verwoben ist. Es umfasst sowohl physiologische als auch psychologische Aspekte und kann schwerwiegende gesundheitliche Probleme zur Folge haben.
Ernährungsberatung für Alkoholiker
Es gibt spezifische Ernährungsberatungen und -therapien für Alkoholiker, die eine wichtige Rolle bei der Genesung spielen können. Viele Betroffene entwickeln im Laufe der Erkrankung ein gestörtes Essverhalten. Die Beratung zielt vor allem darauf ab, regelmäßige und ausgewogene Mahlzeiten zu etablieren. Ein wichtiger Faktor ist der Ausgleich von Nährstoffmängeln, da Alkoholismus, wie bereit erwähnt, häufig mit einer Mangelernährung einhergeht. Eine gezielte Ernährungstherapie zielt darauf ab, Defizite an Vitaminen (besonders B-Vitamine), Mineralstoffen und anderen Nährstoffen auszugleichen.
Auch die Stabilisierung des Blutzuckerspiegels ist von Bedeutung, da Alkoholiker zu Blutzuckerschwankungen neigen. Eine ausgewogene Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten kann helfen, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren. Da die Leber durch den Alkoholmissbrauch oft geschädigt ist, wird eine leberschonende und -unterstützende Ernährung empfohlen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr essenziell, um den Körper bei der Entgiftung zu unterstützen.
Darüber hinaus werden Strategien zur Bewältigung von alkoholbedingten Heißhungerattacken vermittelt. Je nach individuellem Bedarf kann die Beratung auf Gewichtszunahme oder -abnahme ausgerichtet sein. Eine spezifische Ernährungsberatung für Alkoholiker sollte immer individuell angepasst sein und in Abstimmung mit der medizinischen Behandlung erfolgen. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der ganzheitlichen Therapie bei Alkoholismus.