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Chronische Schlafstörungen: Diese 5 Fakten sollten wir alle kennen

„Es gibt Dinge, die ich gern früher über chronische Schlafstörung gewusst hätte.“ – mit diesem Satz beginnt Maria K. unser Gespräch. Sie leidet selbst unter der Erkrankung und möchte mit ihren Erfahrungen anderen Betroffenen helfen.

Chronische Schlafstörungen: Wenn Gedanken den Schlaf rauben© Adobe Stock/bmf-foto.de/Bild Nr.642543071
Chronische Schlafstörungen: Wenn Gedanken den Schlaf rauben

Wer hin und wieder nachts keine Ruhe findet, weil sich im Kopf das Gedankenkarussell dreht, muss sich keine großen Sorgen machen. Doch bei Menschen, die seit Monaten oder vielleicht sogar Jahren nicht richtig schlafen können, kann es sich um eine chronische Schlafstörung handeln. Diese können nicht nur die Lebensqualität erheblich einschränken, sondern auch zu gesundheitlichen Problemen führen.1 Etwa sechs bis zehn Prozent der Erwachsenen in Deutschland leiden unter chronischen Schlafstörungen.2 Zu den Betroffenen gehört auch Maria K. Im Interview berichtet sie uns von ihren Erfahrungen mit der Erkrankung und was sie gern vorher gewusst hätte.

Fakt 1: Chronische Schlafstörungen sind eine eigenständige Erkrankung, die auch ohne Begleiterkrankungen auftreten kann.

Maria, wie äußerte sich die Erkrankung bei Ihnen?

Mit Anfang 20 konnte ich plötzlich nicht mehr richtig einschlafen und auch nicht mehr wie gewohnt durchschlafen. Ich war körperlich und mental todmüde, aber sobald ich mich ins Bett legte, war ich wach. In den ersten paar Tagen dachte ich mir, es wird schon wieder, jeder schläft ja mal schlecht. Aber aus den Tagen wurden Wochen und ich war überhaupt nicht mehr leistungsfähig. Dann habe ich schon überlegt, woran es liegen könnte. Aber es war nicht so, dass ich mental besonders gestresst war oder es auf der Arbeit Druck gab. Eigentlich war alles gut.

Wie lange haben Sie gewartet, bis Sie ärztlichen Rat gesucht haben? 

Es hat ungefähr ein halbes Jahr gedauert, in dem ich gehofft habe, ich bekomme die Schlafstörung durch Kaffeeverzicht am Nachmittag, Sport treiben, Schlaftees und verschiedene freiverkäufliche Arzneimittel aus der Apotheke allein in den Griff. Aber als nichts von dem half und es überhaupt keine Besserung gab, ging ich zu meinem Hausarzt.

Wie verlief die Diagnosestellung und wer hat die Diagnose gestellt? War sofort klar, dass Sie unter einer chronischen Schlafstörung leiden?

Ich weiß, dass es bei vielen Betroffenen anders ist, aber ich hatte ein Riesenglück, weil mich mein Hausarzt direkt ernstgenommen hat. Er hat mich beim ersten Termin darüber aufgeklärt, dass es sich bei der chronischen Schlafstörung um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt, das auch in jungen Jahren auftreten kann und das nichts ist, wofür ich irgendetwas kann. Bis zur tatsächlichen Diagnosestellung hat es dann etwas gedauert. Ich sollte als erstes ein Schlaftagebuch schreiben, um genau verfolgen zu können, wie mein Schlafverhalten eigentlich aussieht. Dann habe ich auch eine Psychologin aufgesucht, weil die Erkrankung psychisch sehr belastend ist. Ich habe verschiedene Medikamente und mentale Übungen ausprobiert. Zum Schluss stand dann die Diagnose der chronischen Schlafstörung. 

Fakt 2: Chronische Schlafstörungen gehen mit erheblichen Auswirkungen auf die Tagesaktivität einher.

Welche Auswirkungen hatte die Schlafstörung auf Ihren Alltag? Wie haben Sie sich damit gefühlt?

Tagsüber war ich immer müde und überhaupt nicht mehr konzentrationsfähig. Ich hatte teilweise sogar beim Autofahren Angst und dachte, dass ich eigentlich gar nicht am Steuer sitzen sollte. Aber irgendwie muss man ja trotzdem funktionieren. Zu der Zeit studierte ich außerdem berufsbegleitend und ich konnte meine Ziele – sei es bei der Arbeit, in der Uni oder beim Sport – überhaupt nicht mehr erreichen. Zunehmend kam dann auch dazu, dass ich mich einfach zurückgezogen habe. Meine Familie und Freund:innen haben mich irgendwann darauf angesprochen, denn ich habe gar nicht mehr richtig am Leben teilgenommen. 

Welche Symptome waren am belastendsten?

Ich würde sagen, auf der einen Seite hat mich diese eingeschränkte Leistungsfähigkeit wirklich beschäftigt. Auf der anderen Seite war es die Psyche – dieses „sich in ein Schneckenhaus zurückziehen“ und alles, was damit verbunden ist. Man fühlt sich irgendwie allein mit der Erkrankung.

Interviewpartnerin Maria K.© Privat
Interviewpartnerin Maria K.

Definition chronische Schlafstörung: Wenn Symptome von chronischen Schlafstörungen wie Einschlaf- und Durchschlafprobleme sowie Aufwachen frühmorgens über mindestens drei Monate mehrmals pro Woche auftreten, obwohl es ausreichende Möglichkeit zum Schlafen gab, sprechen Mediziner:innen auch von einer chronischen Insomnie. Wichtig zu beachten ist, dass eine chronische Schlafstörung auch immer mit einer Beeinträchtigung der Aktivität am Tage verbunden ist. 

Mögliche kurzfristige Auswirkungen chronischer Schlafstörungen:3,4,5

  • Erschöpfung
  • Schläfrigkeit am Morgen
  • Spannungen in der Familie
  • Reizbarkeit und schlechte Laune
  • Mangelnde Konzentrations- und Leistungsfähigkeit
  • Geringe Kontaktfreudigkeit
  • Leistungseinschränkungen bei der Arbeit oder der Ausbildung

Fakt 3: Chronische Schlafstörung kann langfristige gesundheitliche Schäden nach sich ziehen.

War Ihnen bewusst, dass eine chronische Schlafstörung langfristige Folgen für Ihre Gesundheit haben kann?

Anfangs war mir das nicht klar. Das habe ich tatsächlich das erste Mal von meinem Arzt erfahren. Er hat mir das ganze Krankheitsbild erklärt und welche körperlichen und psychischen Auswirkungen langfristig entstehen können. Er hat mir quasi gesagt, was Sache ist, und das fand ich auch gut. Dadurch war ich dann auch noch motivierter, die chronische Schlafstörung in den Griff zu bekommen.

Mögliche langfristige Auswirkungen chronischer Schlafstörungen:6

  • Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkte und Herzversagen 
  • Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 erhöht sich
  • Risiko für Auftreten späterer neurodegenerativer Erkrankungen wie Demenz erhöht sich
  • Risiko für psychische Erkrankungen wie Demenz erhöht sich

Fakt 4: Es gibt mittlerweile Behandlungsoptionen, die für die Behandlung der chronischen Schlafstörung zugelassen sind und nicht nur die Schlafdauer verlängern, sondern auch die Schlafqualität positiv beeinflussen können.

Welche Therapien haben Sie ausprobiert, bevor Sie bei Ihrer jetzigen gelandet sind? 

Neben den frei verkäuflichen Medikamenten aus der Apotheke wie Schlaftees oder Baldrian habe ich zeitweise auch verschreibungspflichtige Schlafmittel genommen, um einfach irgendwie schlafen zu können. Das hat auch funktioniert, der Schlaf war aber überhaupt nicht erholsam. Ich bin morgens aufgewacht und habe mich total gerädert gefühlt. Ich habe gedacht, wenn ich nicht erholsam schlafe, dann löst das mein Problem nicht, und habe die Medikamente wieder abgesetzt. Regelmäßige Schlafgewohnheiten haben mir geholfen, ein bisschen den Stress zu reduzieren, aber nicht dazu geführt, dass ich langfristig besser schlafe. Letztendlich bin ich dann auf meine jetzige Therapie gekommen. 

Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer jetzigen Therapie? Haben Sie auch Auswirkungen auf Ihren Alltag oder Ihre Lebensqualität verspürt?

Meine jetzige Therapie hilft mir tatsächlich wieder ein- und durchzuschlafen. Außerdem macht sie nicht abhängig und ich fühle mich auch nicht ausgeknockt. Die ersten drei bis vier Tage hat es etwas gedauert, weil ich die anderen Medikamente gewohnt war, mit denen man sofort schläft. Aber nach diesen ersten Tagen konnte ich plötzlich gut ein- und durchschlafen und das auch noch erholsam. Es war eine große Erleichterung für mich zu merken, dass ich morgens aufwache und wieder Energie habe, am Leben teilzuhaben.

Fakt 5: Der Schritt zur Ärztin beziehungsweise zum Arzt lohnt sich. Gemeinsam kann eine individuelle Behandlungsoption gefunden und ein Stück Lebensqualität zurückgewonnen werden. 

Können Sie beschreiben, was es verändert hat, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen? 

Ich hätte gern vorher gewusst, wie sehr es sich auszahlt, eine Ärztin beziehungsweise einen Arzt aufzusuchen, und ich möchte jede:n, der oder die auch mit Schlafstörungen zu kämpfen hat, ermutigen, dies zu tun. Es lohnt sich stark zu bleiben und sich auch dann nicht einschüchtern zu lassen, wenn man abgewiesen wird. Nur durch die Diagnose der chronischen Schlafstörung und der passenden Therapie konnte ich meinen Alltag, meine Leistungsfähigkeit, meine Lebensfreude und meine Energie zurückgewinnen. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Chronische Schlafstörungen sind ein sehr komplexes Thema. Wichtig ist zu wissen: Die Erkrankung ist behandelbar und es lohnt sich, professionellen Rat zu suchen. Das zeigt auch das Interview mit Maria. Hausärzt:innen können eine erste Einschätzung geben und an Ärzt:innen überweisen, die sich auf chronische Schlafstörungen spezialisiert haben. Dazu gehören Fachärzt:innen der Neurologie, Psychiatrie und Schlafmedizin. Hier kannst du Schlaf-Expert:innen in Deiner Umgebung finden. Ausführliche Informationen zu der Erkrankung, den Ursachen, den Symptomen, der Diagnose und den Therapieoptionen findest du hier.

 

DE-DA-00595

1Riemann D et al. J Sleep Res 2017; 26(6): 675–700.

2Vargas I et al. Brain Sci 2020; 10(2): 71.

3Roth T J Clin Sleep Med 2007; 3(5 suppl): S7–S10.

4Ellis JG et al. J Psych Res 2012; 46: 1278–1285.

5BfArM. ICD-11 Version 2023-01. Online verfügbar unter: https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme /Klassifikationen/ICD/ICD- 11/uebersetzung/_node.html (Zuletzt aufgerufen am: 18.08.2023).

6Riemann D et al. S-3 Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/ Schlafstörungen. (AWMF Registriernummer 063-003), Update 2016. Somnologie, 20 (Suppl s2), 97–180.