
Viele Eltern kennen es: Man selbst ist schon hundemüde, aber das geliebte Baby will und will nicht schlafen und schreit in einer Tour. Was also tun? Mit dem Krümel auf dem Arm durch die Wohnung laufen, bis es endlich schläft? Oder doch eher das Baby pucken zum Einschlafen?
Während einige Hebammen auf die traditionelle Wickeltechnik in den ersten Lebensmonaten schwören, raten immer mehr Ärzte davon ab, sein Baby zu pucken und in eine Decke, ein Tuch zu wickeln. Doch warum? Wir haben uns die Vor- und Nachteile des Puckens angeschaut und zusammengetragen. Denn eine Sache ist wohl die wichtigste: Dass es diesem kleinen Wesen auch gepuckt so gut wie möglich geht.
Was ist Pucken?
Das Pucken ist eine traditionelle Wickeltechnik, die schon seit Jahrhunderten in zahlreichen Kulturen angewandt wird. Dabei wird der Säugling in den ersten Monaten mehr oder weniger fest in eine Decke, ein Tuch, spezielles Pucktuch oder Stoffbänder gepuckt und den Bewegungen des Neugeborenen oder Säuglings Grenzen gesetzt. Das Ziel dieser Technik ist die Beruhigung des Kindes, sollte es sich zu viel bewegen. Das Baby pucken, um das Einschlafen zu fördern, ist besonders beliebt und verbreitet.
Wie fest der Säugling beim Pucken in das Tuch gewickelt werden soll, ist umstritten und Teil des Austauschs von Verfechtern und Kritikern der Wickeltechnik. Mittlerweile gibt es auch Schlafsäcke und Pucktücher, die das Einwickeln mit Decken, Stoffbändern oder Pucktüchern simulieren. Aus diesen speziellen Tüchern kann das Kind im Zweifelsfall schnell befreit werden.
Warum mögen viele Babys das Pucken?
Es kommt durchaus häufig vor, dass ein Baby Pucken mag. Woher kommt das? Ganz sicher sind sich Kinderärzte und Experten nicht. Ein Grund könnte sein, dass sich das Baby so eingewickelt an die Enge im Mutterleib erinnert fühlt. Dieses Gefühl gibt einem Baby Sicherheit. Das Argument mit dem Mutterleib gilt übrigens auch, warum Babys und Kleinkinder so oft am Rand eines Babybettchens schlafen. Wie im Mutterleib lieben Babys auch "draußen" Begrenzungen.
Baby pucken: Die Vorteile
Befürworter der Wickeltechnik machen immer wieder deutlich, wie vorteilhaft Baby pucken sein kann. Gründe für das Pucken sind:
- Manche Säuglinge finden durch die Begrenzung der Bewegung besser in den Schlaf.
- Kinder, die viel schreien, lassen sich mit Pucken leichter beruhigen.
- Pucken soll auch bei Bauchschmerzen und Blähungen helfen.
- Kinder mit Hirnschäden weinen durch Pucken weniger.
Wichtig ist, dass das Pucken beim Säugling auch gut ankommt. Weint Ihr Kleines schon beim Einwickeln ins Tuch, mag es die Enge nicht. Auch so etwas kommt vor. So oder so sollten Sie beide Augen offen halten, wenn Sie Ihr Baby pucken möchten. Notfalls fragen Sie Ihre Hebamme noch einmal um Rat.
Baby pucken: Die Nachteile
Mittlerweile mehren sich die Stimmen, die das Baby pucken ablehnen. Diese Stimmen kommen hauptsächlich aus der Ärzteschaft. Kinderärzte geben zu bedenken, dass:
- gerade im Sommer beim Pucken die Gefahr einer Überhitzung und sogar eines Hitzschlags bei dem kleinen Körper besteht. Babys reagieren auf Hitze wesentlich empfindlicher und ein eingewickelter Körper kann die Hitze schlechter abgeben. Daher ist es wichtig, die Temperatur des Babys sorgfältig zu überwachen und sicherzustellen, dass es nicht zur Überhitzung kommt.
- die Gefahr einer Dehydrierung besteht. Wie beim Hitzschlag ist hier die Gefahr im Sommer noch erhöht.
- Die Gefahr besteht, dass wichtige Nerven und Arterien abgeklemmt werden.
- Pucken die natürliche Reifung der Hüfte beeinträchtigen kann. Da beim klassischen Pucken die Beine in Streckstellung aneinander gebunden werden, kann sich bei häufigem und langanhaltendem Pucken eine Hüftdysplasie entwickeln. Bei einer Hüftdysplasie befindet sich die Hüftgelenkpfanne in Fehlstellung. Dadurch liegt der Hüftkopf des Oberschenkels nicht mehr in der Pfanne.
- Die Gefahr eines platten Hinterkopfs besteht, da die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird und der Säugling seinen Kopf nicht drehen kann. Dadurch schläft das Baby dauerhaft auf dem Hinterkopf.
- Es nicht genug Platz zum tiefen Luftholen und Schreien gibt.
Man muss allerdings anmerken, dass solche Problematiken bei Kindern sehr selten und auch nur dann auftraten, wenn sie extrem eng und über einen langen Zeitraum gepuckt wurden. Oftmals waren die Babys auch unsachgemäß eingewickelt. Deshalb empfehlen immer mehr Hebammen und Kinderärzte sogenannte Pucksäcke, wenn Eltern ihr Baby pucken wollen. In ihnen besitzen die Babys eine große Beinfreiheit.
Übrigens: In Deutschland wird die Hüfte des Babys spätestens bei der U3 geprüft. Etwaige Komplikationen fallen dann bereits auf.
Studien stützen Warnungen
Die Ärzteschaft ist mit ihrer Sorge um gepuckte Babys nicht alleine. So belegte eine türkische Studie 2007, dass von 3.541 Säuglingen über 200 Hüftfehlstellungen aufwiesen. Von ihnen wurden die meisten die ersten Monate gepuckt.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine kanadische Studie 2016, die das Risiko einer Hüftfehlstellung bei gepuckten Babys als stark erhöht einschätzt. Von 400 untersuchten Kindern hatten 133 eine Fehlstellung der Hüfte nach dem dritten Lebensmonat. Auch hier wurden viele von ihnen gepuckt.
Warum kann Pucken hilfreich sein?
Das wohl wichtigste Argument von Anhängern und Eltern für das Pucken ist der sogenannte Moro-Reflex beim Baby. Dieser Klammerreflex wurde nach Ernst Moro benannt. Der Moro-Reflex beschreibt das ruckartige Strecken der Arme, Spreizen der Finger und Öffnen des Mundes beim überraschenden Zurückneigen des Babys in eine Rückenlage.
Dieser Reflex ist bei jungen Babys und Neugeborenen ganz normal und kein Grund zur Besorgnis. Manchmal kann es aber vorkommen, dass der Moro-Reflex im Liegen ausgelöst wird, wodurch das betroffene Baby beispielsweise aus dem Schlaf gerissen werden kann. Das Baby pucken kann dann hilfreich sein, um diesem Reflex in der Rückenlage vorzubeugen. Zumindest so lange der Klammerreflex auftritt.
Ein Pucktuch erleichtert das Pucken
Auch wenn Pucken von vielen Kinderärzten, Kinderärztinnen, Medizinern und Medizinerinnen kritisch gesehen wird, möchten viele Eltern nicht auf die Wickelmethode verzichten. Erleichtern kann das Pucken neben dem Pucksack auch ein sogenanntes Pucktuch. Dieses hat häufig spezielle Flügel mit Klettverschluss, die das Risiko eines zu engen Wickelns verhindern sollen. Diese speziellen Pucktücher gibt es in gut sortierten Fachgeschäften.
Ab wann wird Pucken überflüssig?
So sinnvoll pucken in den ersten Wochen und Monaten eines Neugeborenen sein kann, gibt es doch gewisse Anzeichen, wann es keinen Sinn mehr macht Ihr Baby zu pucken. Dies kann sein:
- Wenn Ihr Baby einen starken Bewegungsdrang hat und gerne strampelt. Dann kann das Einwickeln der Arme und Beinchen für Ihr Baby zu einengend sein. Meistens merkt man dies aber schon zu Beginn des Puckens. Ihr Baby wird unruhig und zeigt sein Missfallen durch Zappeln und Strampeln beim Einwickeln in eine Decke oder ein Tuch? Diese Zeichen deuten darauf hin, dass es das Pucken wahrscheinlich nicht mag. In solchen Fällen ist es wichtig, auf die Bedürfnisse Ihres Babys zu achten und alternative Schlafmethoden in Betracht zu ziehen, die mehr Bewegungsfreiheit ermöglichen. Einige Babys empfinden den engen Körperkontakt als beruhigend, während andere lieber ihre Arme und Beinchen frei bewegen möchten.
- Wenn Ihr Kleines sich anfängt zu drehen. Ein gepucktes Baby ist durchaus in der Lage, sich von der Rückenlage auf den Bauch zu drehen. Andersherum werden aber die Arme benötigt, was nicht funktionieren kann, wenn die Arme eingewickelt sind. Dann besteht Erstickungsgefahr. Deswegen sollte beim Baby pucken vermieden werden, sobald es sich von alleine auf den Bauch drehen kann.
- Wenn Ihr Kind anfängt, nach der Welt zu greifen. Das Ertasten seiner Umwelt ist ein wichtiger Entwicklungsschritt im Leben eines Babys. Wird das Baby dann gepuckt, wird dieser wichtige Entwicklungsschritt gehemmt.
Alternativen zum Pucken
Spätestens, wenn sich Ihr Kleines drehen kann, sollten Sie mit dem Pucken aufhören. Denn dann ist die Gefahr zu groß, dass es sich auf den Bauch dreht, aber nicht mehr aus eigener Kraft zurückrollen kann. Reagiert Ihr Baby aber nach wie vor positiv auf das Einwickeln – beispielsweise, weil es dann besser und ruhiger schläft – gibt es auch noch Alternativen, die Sie weiterhin nutzen können.
- Tragetuch: In einem Tragetuch werden die Beine des Babys hüftfreundlich gespreizt und gleichzeitig bekommt es ganz viel und enge Nähe von Mama oder Papa. Mit dieser Wickelmethode haben Sie Ihr Kind ganz nah an Ihrem Körper und können direkt auf die Bedürfnisse Ihres Krümels eingehen.
- Pucksack: Ein Pucksack gibt dem Baby an den Armen die Begrenzung, die es braucht, um friedlich zu schlummern und gleichzeitig werden durch die Beinfreiheit keine wichtigen Nerven abgeklemmt. Auch eine Hüftdysplasie wird so umgangen.
Pucken stirbt in Deutschland aus
Wenn Sie Ihr Baby pucken möchten, dann gehören Sie zu einer aussterbenden Art, denn immer weniger Eltern wollen noch ihr Baby pucken. Kein Wunder, mit Therapiedecken, Tragetüchern, Babytragen und Pucksäcken gibt es genügend Wickelmethoden, sein Baby ganz nah und eng zu wickeln und das Kleine keinem Risiko auszusetzen. Und ganz ehrlich: Am liebsten sind Babys sowieso ganz nah bei Mama oder Papa, ob mit viel oder wenig Bewegungsfreiheit.
Quellen:
Ärzteblatt: Hüft-Fehlstellungen: Trend zum „Baby-Pucken“ gefährdet Entwicklung.
Informationsdienst Wissenschaft: DEGUM: „Baby-Pucken“ gefährdet gesunde Entwicklung der Hüfte.
Kinder und Jugendärzte im Netz: Kinder- und Jugendärzte warnen vor Pucken: „Pucken ist überflüssig und gefährlich für Säuglinge“.
BMJ Journals: Randomised controlled trial of swaddling versus massage in the management of excessive crying in infants with cerebral injuries.