Was ist eine Depression?
Niemand ist die ganze Zeit glücklich und von daher ist es ganz normal, wenn man anstrengende und weniger schöne Zeiten durchlebt – doch solche Phasen kommen und gehen wieder. Wer jedoch depressiv ist, ist über einen längeren Zeitraum unglücklich, antriebslos und empfindet eine tiefe Traurigkeit. Für Betroffene erscheint dieser Zustand aussichtslos und sie finden keine Möglichkeit, sich aus diesem Tief selbst zu befreien.
Angst, Trauer, Müdigkeit, Lustlosigkeit oder Schlafstörungen sind typische Anzeichen einer Depression, die eine ernst zunehmende Krankheit ist und behandelt werden muss. Ursachen einer solchen Depression können ganz unterschiedlich sein. Berufliche Überlastung, die Trennung eines Partners oder weitere belastende Lebensereignisse können der Auslöser sein.
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Im Video: Ultrahochverarbeitete Lebensmittel könnten Sie depressiv machen
Der Verzehr von extrem verarbeiteten Lebensmitteln, insbesondere von solchen mit Süßungsmitteln, wurde mit einem erhöhten Depressionsrisiko bei Frauen in Verbindung gebracht. Eine neue Studie deutet auf einen starken Zusammenhang zwischen dem Grad der Depression bei Frauen und dem Verzehr ultraverarbeiteter Lebensmittel hin. Zu den ultraverarbeiteten Lebensmitteln gehören abgepackte Suppen, Soßen, Tiefkühlpizza, Fertiggerichte und Snacks wie beispielsweise Hot Dogs. Der Verzehr von neun oder mehr Portionen pro Tag war mit einem 50 % höheren Risiko für die Entwicklung einer Depression verbunden als der Verzehr von vier oder weniger Portionen.
Depression vorbeugen: Die besten Tipps
Deshalb sollten Sie vorbeugen – auch wenn es Ihnen gut geht. Spätestens aber dann, wenn Sie psychische Veränderungen bei sich bemerken. Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen, dass aus Ihren Beschwerden keine Depression entstehen kann. Um eine Depression bestmöglich vorzubeugen, sollten Sie einen gesunden Lebensstil pflegen. Dazu zählen:
- Regelmäßige Bewegung
Sport ist ein wahres Wundermittel gegen depressive Verstimmungen, da Endorphine ausgeschüttet werden. Diese Hormone rufen Glücksgefühle auf, die unsere Laune verbessern. - Gesunde Ernährung
Essen Sie möglichst abwechslungsreich. Nehmen Sie reichlich Obst und Gemüse zu sich. Eine vitamin- und nährstoffreiche Ernährung stärkt das Immunsystem, was unser mentales Wohlbefinden stärkt. - Entspannung
Im Alltagsstress vergessen wir öfters mal, Zeit aktiv für uns zu nehmen, um herunterzukommen. Dabei sorgt Entspannung für ein stabiles, psychisches Gleichgewicht. Nutzen Sie Ihre freie Zeit für Dinge, die Ihnen Freude bereiten: Yoga, ein gutes Buch oder ein Bad sorgen für stressfreie Momente. - Kontakte pflegen
Pflegen Sie Ihr soziales Netz und haben Sie Menschen um sich, die Sie mögen und mit denen Sie gerne Zeit verbringen. Lassen Sie Freunde und Familie an Ihren Sorgen teilhaben und sprechen Sie mit Ihnen über Ihre Probleme. - Ausreichend Schlaf
Schlafmangel kann sich langfristig negativ auf die Psyche auswirken. Empfehlenswert sind daher etwa acht Stunden Schlaf, um am nächsten Morgen frisch und ausgeruht zu sein. - Suchen Sie sich Hilfe
Zögern Sie nicht, sich professionellen Rat bei einem Psychologen zu suchen. Erste Hilfe leisten auch Präventionskurse vieler Versicherungen, die online angeboten werden.
Laut der Deutschen Depressionshilfe erkranken jährlich rund 5,3 Millionen deutsche Erwachsene an einer depressiven Störung. Etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann ist im Laufe des Lebens von einer Depression betroffen. Frauen erkranken also zwei– bis dreimal so häufig an einer Depression wie Männer. Das Journal of Health Monitoring 2019 des Robert-Koch-Instituts stellte in einer Befragungsstudie fest, dass Deutsche eine leicht höhere depressive Symptomatik aufweisen als der europäische Durchschnitt.
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Mit der richtigen Ernährung Depression vorbeugen
Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, einer Depression vorzubeugen. Stellen Sie sicher, dass Sie ausgewogene Mahlzeiten zu sich nehmen, die eine Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen gewährleisten. Das bedeutet, eine Vielzahl von Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, magerem Protein und gesunden Fetten in Ihre Ernährung einzubeziehen.
Besonders wichtig sind Lebensmittel, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, wie fettreicher Fisch, Leinsamen, Chiasamen oder Walnüsse. Diese Fette können Entzündungen reduzieren und die Gehirnfunktion unterstützen. Ballaststoffreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse halten den Blutzuckerspiegel stabil und können Stimmungsschwankungen vorbeugen. Setzen Sie antioxidative Nahrungsmittel auf Ihren Speiseplan, wie Beeren, grünes Blattgemüse, Nüsse und Samen. Antioxidantien schützen die Zellen vor oxidativem Stress und Entzündungen, die mit dem Entstehen einer Depression in Verbindung gebracht werden.
Verzichten Sie hingegen auf verarbeitete Lebensmittel, die reich an Zucker, gesättigten Fetten und Zusatzstoffen sind. Diese Lebensmittel können Entzündungen fördern und sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken.
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"Wichtig ist, dass Betroffene sich umgehend Hilfe suchen" – Prof. Dr. med. Mazda Adli im Interview
Vital.de: Was sind die ersten Anzeichen, an denen Betroffene, aber auch Angehörige eine Depression erkennen können?
Prof. Mazda Adli: Es gibt klare Kriterien für Depressionen, die jeder Behandler erkennen kann, auf die aber auch jeder Betroffene selbst oder Angehörige achten kann. Es wird dabei zwischen Haupt- und Nebensymptomen unterschieden.
Hauptsymptome wären Verlust von Interesse und Freude, niedergeschlagene, depressive Stimmung und Antriebsminderung. Typische Nebensymptome wären vermindertes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, negative und pessimistische Denkinhalte, Konzentrationsschwierigkeiten, Appetitminderung, Schlafstörungen, Lebensüberdruss bis hin zu Suizidgedanken.
Dabei ist natürlich klar, dass auch jeder Gesunde mal niedergeschlagen sein oder negative Gedanken und Schlafstörungen haben kann. Wenn jedoch mehrere der genannten Symptome über einen längeren Zeitraum anhalten, sollten Betroffenen sich nicht scheuen, professionell abklären zu lassen, ob es sich ggf. um eine ernstzunehmende Erkrankung handelt.
Je nachdem, wie viele Haupt- und Nebensymptome vorliegen, bemisst sich der Schweregrad einer Depression. Dabei müssen die Symptome mindestens zwei Wochen lang vorliegen. Je nach Schweregrad unterscheidet sich dann auch die empfohlene Behandlung.
Vital.de: Welche „untypischen“ Symptome gibt es?
Prof. Mazda Adli: Es gibt gelegentlich auch Fälle von atypischen, depressiven Erkrankungen. Dann zeigt sich eine Depression nicht mit Veränderungen von Emotionen, und Stimmungslage, sondern zum Beispiel vorwiegend durch körperliche Symptome. In so einem Fall kann eine Depression mitunter schwer zu erkennen sein. Auch bei Kindern und Jugendlichen gibt es zum Teil sehr atypische Symptome.
Zu solchen Symptomen gehören z.B. allgemeine Schmerzen, Gliederschmerzen, Schwergefühl in Armen und Beinen, Kopfschmerzen, Symptome des Verdauungsapparates von Verstopfung bis zum Durchfall oder sogar Reizdarm, Tinnitus, Engegefühl in der Brust, das dann sogar wie ein Herzinfarkt wirken kann.
Vital.de: Was sind die neuesten Erkenntnisse bzgl. der Ursachen einer Depression?
In der Depressionsforschung werden unterschiedliche Hypothesen verfolgt, um neue Erkenntnisse für die Entwicklung moderner Therapieoptionen zu erlangen.
Die Wirkungsweise vieler klassischer Antidepressiva beruht auf der Hypothese, dass die Signalübertragung durch bestimmte Botenstoffe (wie z.B. Serotonin und Noradrenalin) an den Synapsen verändert ist. Dies wird als Monoamin-Hypothese bezeichnet.
Inzwischen mehren sich aber Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Neuroplastizität, also der Fähigkeit des Gehirns, sich durch Außeneinflüsse oder äußere Anforderungen (z. B. Stress) anzupassen, und der Entwicklung einer Depression.
Es wird davon ausgegangen, dass eine beeinträchtigte Neuroplastizität und damit eine Rückbildung von synaptischen Verbindungen zu einer Depression führen und diese verstärken kann. Bestimmte Wachstumsfaktoren im Gehirn, die eine Neubildung von Synapsen fördern und bei Patienten mit Depressionen reduziert sind, scheinen damit im Zusammenhang zu stehen.
Andere Theorien weisen darauf hin, dass auch chronische Entzündungen und Veränderungen in der Darmflora depressive Symptome hervorrufen können.
Vital.de: Gibt es Möglichkeiten, einer Depression vorzubeugen und wenn ja, was würden Sie raten?
Prof. Mazda Adli: Es gibt im Bereich der Depressionsprävention noch viel zu erforschen. Wir stecken hier immer noch in den Kinderschuhen.
Dennoch können wir viel machen, um unsere Psyche zu schützen und zu stärken. Dazu gehört zum Beispiel eine gute Selbstfürsorge im Umgang mit Stress. Wenn wir im Alltag regelmäßig für genügend Entlastungs- und Erholungsphasen sorgen, schützen wir damit auch unsere psychische Gesundheit. Dafür sollte man eine Sensibilität für den eigenen Stresspegel und das emotionale Befinden haben, was nicht immer leicht fällt.
Regelmäßiger Sport hilft zur Stressregulation, was bei einer Stressfolgeerkrankung wie Depression natürlich hilfreich ist und per se auch antidepressive Wirksamkeit hat. Weitere Faktoren sind ein guter Tag-Nacht-Rhythmus mit ausreichend Schlaf. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung können zusätzlich zu emotionalem Wohlbefinden beitragen. Soziale Verbindungen zu Freunde und wirken ebenfalls Stress entgegen und stützen daher die psychische Gesundheit. Alles in allem kann man durch so einen gesunden Lebensstil präventiv Depressionen entgegenwirken.
Die Prävention von Depression müsste in unserer Gesellschaft eine genauso große Selbstverständlichkeit haben, wie die Bedeutung des täglichen Zähneputzens.
Vital.de: Welches ist der erste Schritt, wenn ich vermute, an einer Depression zu leiden?
Prof. Mazda Adli: Bei Verdacht auf Depression sind die ersten Ansprechpartner Psychiater:innen oder Hausärzt:tinnen. Wichtig ist, dass Betroffene sich umgehend Hilfe suchen, denn je früher eine Depression erkannt und behandelt wird, desto leichter behandelbar ist sie und desto weniger Leid entstehen für Betroffene und deren Angehörige.
Sollte kein Ansprechpartner verfügbar sein, sich aber beim Betroffenen eine starke Zunahme der depressiven Symptome entwickeln und sich krisenhaft zuspitzen, gibt es auch Krisen- bzw. Notfalldienste und psychiatrische Rettungsstellen, die rund um die Uhr geöffnet haben und damit auch wichtige Ansprechpartner in Notfällen sind.
Oftmals sind es sogar die Angehörigen, die als erste die Veränderungen durch eine Depression bei einer betroffenen Person bemerken, Sie stellen dann auch nicht selten den ersten Kontakt zu einem Arzt her. Das Umfeld stellt die Veränderungen manchmal schon fest, wenn sie die Betroffenen selbst noch nicht wahrhaben wollen.
Vital.de: Welche Tipps würden Sie Betroffenen geben, um ihre Lebensqualität zu verbessern?
Prof. Mazda Adli: Betroffene sollten die Erkrankung als einen Teil ihres Lebens akzeptieren, der dabei gut behandelbar ist und auf medizinische und psychotherapeutische Hilfe gut anspricht. Ein gesunder Umgang mit Stress, mit regelmäßiger Entlastung, angenehmen Aktivitäten, ist Therapie und Prävention zugleich.
Mithilfe eines Tagebuchs kann man sich zum Beispiel am Ende eines Tages positive Erlebnisse festhalten und positive Emotionen pflegen. Generell erleichtert die Pflege von angenehmen Ritualen und Genussmomenten den Alltag und strukturiert ihn. Beides führt zu einem positiven Befinden.
Auch Selbsthilfegruppen sind übrigens von oft unschätzbarem Wert. Der Austausch mit anderen Betroffenen, die eine ähnliche Situation erlebt haben, kann eine große Entlastung sein.
Außerdem darf man sich durchaus erlauben, Hilfe und Unterstützung von Freunden und Angehörigen anzunehmen, wenn sich das anbietet. Offen über Gefühle und Sorgen zu sprechen, entlastet und kann auch helfen, erste Anzeichen für einen Rückfall zu erkennen, wenn Freunde, Wegbegleiter und Familie eingeweiht sind.
Vital.de: Welche Auswirkungen hat die Erkrankung auf das Umfeld (Partner, Familie, Kolleg:innen, Freundeskreis)?
Prof. Mazda Adli: Eine Depression kann private und berufliche Beziehungen erheblich beeinflussen und belasten. Gerade enge Angehörige versuchen wir daher frühzeitig in die Behandlung mit einzubeziehen um auch ihnen Informationen und Anleitung zum Umgang mit der Krankheit Depression zu vermitteln. Das wird von Betroffenen und Angehörigen in der Regel als sehr entlastend erlebt. Ein offener Umgang auch gegenüber Freund:innen und Kolleg:innen kann ebenfalls eine große Entlastung sein. Hier kommt es aber auch auf das jeweilige Vertrauensverhältnis an.
Vital.de: Wie können die Angehörigen Betroffene bestmöglich unterstützen?
Prof. Mazda Adli: Entscheidend ist, die Depression als Erkrankung anzuerkennen und den Betroffenen Verständnis zu spiegeln. Eine Depression darf dabei nicht verharmlost und als Alltagsproblem abgetan werden. Verständnis durch die Angehörigen ist oftmals eine zentrale Quelle für Zuversicht und Hoffnung für die betroffene Person.
Wir dürfen dabei nicht vergessen: Bei dieser Aufgabe brauchen Angehörige natürlich auch selbst Unterstützung. Die kann durch die Behandler:innen aber auch zum Beispiel durch Angehörigengruppen kommen, die es zum Glück in unserem Fach gibt und die hervorragende Arbeit machen. Denn: Angehörige sind immer Mit-Leidtragende einer Depression.
Vital.de: Welchen Ratschlag geben Sie Angehörigen, um besser mit der Situation umzugehen?
Prof. Mazda Adli: Da depressive Erkrankungen in der Regel gut behandelbar sind, muss die Beziehung zwischen Betroffenen und ihren Angehörigen nicht langfristig beeinflusst werden. Angehörigen können sich also bewusst machen, dass die Situation nicht von Dauer ist.
Dennoch ist der Einfluss der Depression und die dadurch entstehende Belastung gerade für Angehörige immens und darf nicht unterschätzt werden. Die Angehörigen sind Mittragende der Depression. Daher versuchen wir auch bzw. raten Angehörigen auch, sich an mehreren Stellen in die Therapie mit einbinden zu lassen. Auch ihnen bieten wir Aufklärung und Informationen an und auch ihre Fragen müssen beantwortet werden.

Charité Berlin, Chefarzt Fliedner Klinik Berlin
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