
Bisher galt Cholesterin als Verursacher von Herzkreislauferkrankungen und Schlaganfällen. Ein erhöhter Blutfettspiegel kann sogar schon bei jungen Menschen zur Arterienverkalkung führen, wie die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen in München warnt.
Schlimm genug. Aber jetzt kam heraus: Wenn der Cholesterinspiegel ansteigt, nehmen nicht nur die Blutgefäße Schaden. Bereits leicht erhöhte Blutfette reichen aus, um das Risiko für Altersdemenz, Alzheimer oder Gefäßschäden im Gehirn deutlich zu steigern.
SELTENER DEMENZ
Forscher eines US-Versicherungsunternehmens und der finnischen Universität Kuopio beobachteten 40 Jahre lang fast 10000 Frauen und Männer. Lagen die Cholesterinwerte über 240 mg/dl, kletterte das Alzheimer-Risiko um 60 Prozent. Doch schon bei niedrigeren Werten zwischen 200 bis 240 mg/dl stieg das Demenz-Risiko um 50 Prozent. Wie das geschieht, ist noch nicht endgültig geklärt. Sicher ist aber: Menschen, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren Mittel gegen einen zu hohen Blutfettspiegel eingenommen haben, erkranken auffällig seltener an Alzheimer, sagt Prof. Stefan Teipel von der Klinik für Psychiatrie am Uniklinikum Rostock.
WENIGER NEBENWIRKUNGEN
Ein Grund mehr, etwas gegen einen erhöhten Cholesterinspiegel zu tun, wie es bei 40 Prozent der erwachsenen Deutschen der Fall ist. Eine wirkungsvolle Maßnahme ist die Statin- Therapie. Spezielle Medikamente mit Wirkstoffen wie Pravastatin oder Simvastatin sorgen heute dafür, dass vor allem das schädliche LDL-Cholesterin wirkungsvoll aus dem Blutkreislauf entfernt wird. Eine neue Studie von Prof. Paul Ridker, Direktor der Harvard Medical School in Boston an über 17 000 Patienten zeigt, dass eine solche Behandlung das Risiko von Herzattacken und Schlaganfälle um bis zu 44 Prozent senken kann. Das gilt auch für Menschen ohne erhöhte Blutfette, dafür aber mit erhöhten Entzündungswerten.
Viele Patienten haben Angst vor den Nebenwirkungen dieser Statine, wie Muskelschmerzen. „Die fatale Folge ist, dass die wirksame Behandlung abgebrochen wird. Inzwischen spricht aber einiges dafür, dass ein wesentlicher Teil der unerwünschten Begleitwirkungen entsteht, weil die Statine nicht nur den Cholesterinspiegel senken, sondern auch die körpereigenen Vorräte an Ubichinon, dem Coenzym Q-10“, berichtet Kardiologe Professor Gustav G. Belz aus Mainz.
Um die Verträglichkeit der Cholesterinsenker zu steigern, haben Wissenschaftler ein Behandlungskonzept mit einer Kombination aus Q10, Folsäure und Omega 3 entwickelt („Ameu compact“, rezeptfrei in Apotheken). „Eine Studie mit über 18000 Patienten zeigt, dass Omega-3-Fettsäuren den LDL-cholesterinsenkenden Effekt von Statinen optimieren“, sagt der Mainzer Kardiologe. Das Vitamin Folsäure senkt einen zu hohen Homocystein- Spiegel, der ebenfalls eine Gefahr für die Blutgefäße ist.
ES GIBT KEINEN PAUSCHALWERT
Und ab welchem Wert muss ein erhöhter Cholesterinspiegel behandelt werden? „Ab wann mit einer erhöhten Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu rechnen ist, hängt vom individuellen Gesamtrisiko des Patienten für diese Krankheiten ab“, sagt Professor Helmut Gohlke, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung und Chefarzt am Herzzentrum Bad Krozingen.
Eine Faustregel sagt: Bei gesunden Menschen liegt der Grenzwert bei 240 mg/dl für das Gesamtcholesterin und 160 mg/dl für das „böse“ LDLCholesterin. Bei Übergewicht, erhöhtem Blutdruck, Bewegungsmangel, Rauchen oder Herz- und Gefäßleiden bei Eltern und Geschwistern liegt er bei 200 mg/dl bzw. 130 mg/dl. Noch niedriger sollte er bei Patienten mit kranken Herzkranzgefäßen, nach einem Herzinfarkt oder bei Diabetes liegen. Das Gesamtcholesterin sollte dann sogar unter 150 mg/ das LDL-Cholesterin im Idealfall unter 70 mg/dl betragen.
Der erste Schritt zum gesunden Cholesterinspiegel sind aber nicht Medikamente. Oft reicht es schon, die Ernährung umzustellen. Besonders vorteilhaft ist die Mittelmeer-Küche mit viel Obst, Gemüse, öfter Fisch statt Fleisch und gesunden Fetten wie Olivenöl. Insgesamt sollten pro Tag nicht mehr als 60 Gramm Fett aufgenommen werden. Ein
weiterer effektiver Cholesterinsenker ist Sport. Eine 12-Jahres-Studie der University of North Carolina zeigte, dass sich bei Frauen bereits durch nur 30 Minuten lockeren Sport pro Woche die Cholesterin-Balance klar verbessert. Da tritt als Nebenwirkung nicht mal ein Muskelkater auf.
Gute Fette, schlechte Fette
- Mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Omega- 3-Fettsäuren in Kaltwasserfischen wie Makrele, Lachs und Hering senken erhöhte Blutfettwerte. Zwei Fischmahlzeiten pro Woche mit je 200 Gramm Fisch decken den Bedarf von täglich 300 Milligramm.
- Omega-6-Fettsäuren in Sonnenblumen-, Mais- oder Weizenkeimöl gelten als bedingt gute Fette. Sie sind z. B. wichtig für die Wundheilung oder zur Infektionsabwehr. Aber zuviel kann die positiven Effekte wieder aufheben.
- Auch einfach ungesättigte Fettsäuren in Oliven- und Rapsöl, Nüssen oder Samen senken das LDL-Cholesterin.
- Gesättigte Fettsäuren z. B. in Schweineschmalz, Speck, Fleisch, Milch, Käse, Butter und Eiern, auch in Avocados und Kokosfett fördern einen Anstieg der Blutfettwerte und damit das Risiko für Herzinfarkt und Gefäßverkalkung.
- Transfettsäuren entstehen durch industrielle Prozesse, in den pflanzliche Öle gehärtet werden. Wahre Transfett-Bomben sind oft Pommes Frites, Chips, oder Fertigmenüs.