Bevölkerung ausgebrannt und leer
Klimawandel, Krieg in der Ukraine, Coronapandemie, Inflation, Fachkräftemangel, Altersarmut: Die Lister der Krisen, die wir alle durchleben und miterleben, könnten wir seitenweise weiterführen. Wir leben in emotional besonders herausfordernden Zeiten, die uns psychisch enorm viel abverlangen.
Im Video: Drohender Burnout?
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Dass der Zustand dauerhafter und sich gegenseitig aufschaukelnder Krisen uns als Gesellschaft massiv beeinflusst, stellte jüngst auch der renommierte Sozialwissenschaftler und Klaus Hurrelmann in einem Interview mit der TAZ dar. Der Senior Professor for Public Health and Education an der Berliner Hertie School diagnostizierte der deutschen Bevölkerung eine extreme mentale Erschöpfung.
Als Metapher zur Veranschaulichung des Gesundheitszustandes der deutschen Bevölkerung zieht Hurrelmann das Krankheitsbild der posttraumatischen Belastungsstörung heran. Wir seien ausgebrannt, abgeschlagen und wegen all der Krisen längst taub geworden.
Wir haben es mit einer psychisch sehr belasteten, sehr erschöpften Bevölkerung zu tun.
Der Sozialwissenschaftler erklärt im Interview, dass die Belastungssymptome in drei verschiedene Richtungen in und aus der Gesellschaft wirkten. Der Belastungsdruck nach innen würde für mehr psychische Störungen, Angst- und Essstörungen und Depressionen sorgen. Der Druck nach außen macht sich etwa durch vermehrte gesellschaftliche Aggressivität bemerkbar, die auch durch immer extremere politische Ansichten deutlich werden. Auf eine dritte Art, machen sich die Dauerbelastungen durch Sucht als Ausgleichsventil bemerkbar: Drogen, die Flucht in digitale Welten und Social Media nennt Hurrelmann hier.
Sind Sie mental erschöpft? Das sind die Symptome
Für mentale Erschöpfung gibt es viele andere Bezeichnungen. Eine der geläufigsten ist „Burnout“. Das chronische Stresssyndrom wird bei immer mehr Menschen diagnostiziert. Allein bei der gesetzlichen Krankenkasse AOK kamen 2021 je 1.000 Versicherte sechs Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund einer Burnout-Diagnose – im Jahr 2004 waren es nur 0,6 Fälle je 1.000 Versicherte.
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Die typischen Anzeichen dafür, dass Sie mental erschöpft sind, sind:
- Ständige Müdigkeit: Trotz ausreichendem Schlaf fühlen Sie sich ständig müde und haben wenig Energie.
- Konzentrationsschwierigkeiten: Sie haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und Aufgaben zu erledigen, die normalerweise einfach für Sie wären.
- Emotionale Instabilität: Sie können sich leicht gereizt oder übermäßig emotional fühlen.
- Schlafstörungen: Sie haben Schwierigkeiten einzuschlafen oder durchzuschlafen.
- Körperliche Symptome: Dazu gehören Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme und allgemeine Schmerzen und Beschwerden.
- Verlust der Motivation: Sie haben wenig Interesse oder Freude an Aktivitäten, die Sie normalerweise genießen.
- Veränderungen im Appetit: Sie essen entweder viel mehr oder viel weniger als üblich.
- Gefühle von Wertlosigkeit: Sie können das Gefühl haben, dass Ihre Arbeit oder Ihr Leben keinen Sinn hat oder dass Sie keinen Beitrag leisten.
Diese Symptome müssen nicht alle gleichzeitig oder mit derselben Intensität auftreten. Bemerken Sie einige dieser Zustände bei sich, vertrauen Sie sich Partnern und Partnerinnen an, sprechen Sie mit Ihren Freunden und suchen Sie sich ärztlichen Rat.
Was kann ich gegen mentale Erschöpfung tun?
Wenn Sie sich ausgebrannt und mental erschöpft fühlen, sprechen Sie mit Familie und Freunden darüber. Es gibt einige Möglichkeiten, wie Sie einer mentalen Erschöpfung durch eigene Initiativen begegnen können, sollte sich Ihr Zustand aber verschlechtern oder depressive Gedanken Überhand nehmen, suchen Sie ärztliche Hilfe.
Diese Tipps bieten keinesfalls eine Erfolgsgarantie und sind nur als Inspiration zu verstehen. Wenn Sie mit Depressionen oder einem Burn-Out kämpfen, suchen Sie Rat bei Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin.
- Setzen Sie Prioritäten: Identifizieren Sie die wichtigsten Aufgaben und konzentrieren Sie sich darauf. Vermeiden Sie es, sich mit unwichtigen oder übermäßig belastenden Aufgaben zu überladen.
- Legen Sie Pausen ein: Planen Sie regelmäßige Pausen in Ihren Tag ein, um sich zu erholen und neue Energie zu tanken. Nutzen Sie diese Zeit für Entspannungsübungen, Spaziergänge an der frischen Luft oder einfach nur zum Ausruhen.
- Verbessern Sie die Schlafqualität: Achten Sie auf ausreichend Schlaf und versuchen Sie, eine regelmäßige Schlafroutine zu etablieren. Ein guter Schlaf ist wichtig, um Körper und Geist zu regenerieren.
- Wenden Sie Stressbewältigungstechniken an: Finden Sie heraus, welche Techniken Ihnen helfen, Stress abzubauen und mentale Entspannung zu fördern. Das können Meditation, Yoga, Atemübungen oder auch Hobbys sein, die Ihnen Freude bereiten.
- Suchen Sie soziale Unterstützung: Sprechen Sie mit Freunden, Familie oder anderen vertrauenswürdigen Personen über Ihre Gefühle und Herausforderungen. Der Austausch kann helfen, den Druck zu mindern und neue Perspektiven zu gewinnen.
- Setzen Sie Grenzen: Lernen Sie, "Nein" zu sagen und Ihre eigenen Grenzen zu respektieren. Überlegen Sie, welche Verpflichtungen wirklich notwendig sind und welche Sie ablehnen können, um Ihre mentale Gesundheit zu schützen.
- Praktizieren Sie Selbstfürsorge: Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst und tun Sie Dinge, die Ihnen Freude bereiten. Das kann Sport, Lesen, Musik hören oder andere Aktivitäten sein, die Ihnen Entspannung und Zufriedenheit bringen.