Depression: Diese Symptome gibt es beim Mann

Gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit, Gleichgültigkeit – diese und weitere Symptome treten typischerweise bei einer Depression auf. Bei Männern kann sich die Erkrankung aber auch anders äußern, weshalb sie häufig unerkannt bleibt. 

Rund 20 Prozent der Menschen in Deutschland sind während Ihres Lebens von einer Depression betroffen. Obwohl Frauen statistisch gesehen ein höheres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken, sterben Männer häufiger durch Suizid als Folge der Erkrankung. Ein möglicher Grund: Bei Männern wird eine Depression nur halb so oft diagnostiziert wie bei Frauen. Dabei ist die Diagnose ungemein wichtig für die Behandlung der Erkrankung durch eine Psychotherapie und gegebenenfalls Medikamente. 

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Welche Symptome treten bei einer Depression auf?

Bei einer Depression können verschiedene Symptome auftreten, die sich auf die Stimmung, das Verhalten und die körperliche Gesundheit auswirken. Hier sind einige häufige Symptome:

  • Niedergeschlagene Stimmung: Eine anhaltend traurige, niedergeschlagene oder leere Stimmung, die über einen längeren Zeitraum besteht.
  • Interessenverlust: Der Verlust von Interesse oder Freude an Aktivitäten, die normalerweise als angenehm empfunden werden, einschließlich Hobbys, sozialen Aktivitäten oder sexueller Aktivität.
  • Energieverlust: Ein allgemeines Gefühl von Erschöpfung, Müdigkeit oder verminderter Energie, selbst bei geringer Anstrengung.
  • Schlafstörungen: Schwierigkeiten beim Einschlafen, Durchschlafen oder übermäßiges Schlafen.
  • Appetit- und Gewichtsveränderungen: Veränderungen im Appetit, entweder eine deutliche Gewichtszunahme oder -abnahme.
  • Konzentrations- und Gedächtnisprobleme: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, Entscheidungen zu treffen oder sich an Dinge zu erinnern.
  • Gefühl der Wertlosigkeit: Übermäßige Schuldgefühle, das Gefühl, nutzlos oder wertlos zu sein oder Selbstvorwürfe.
  • Rückzug von sozialen Aktivitäten: Das Vermeiden von sozialen Kontakten, sich zurückziehen und sich isoliert fühlen.
  • Körperliche Beschwerden: Unspezifische körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme oder Schmerzen, die keine klare körperliche Ursache haben.

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Depression: Symptome beim Mann

Wenn ein Mann an einer Depression erkrankt, ist das für ihn selber und sein Umfeld nicht unbedingt leicht zu erkennen. Denn die Erkrankung äußert sich nicht immer durch bekannte Beschwerden. Bei Männern können typische Beschwerden von weniger typischen überlagert werden. Diese können ebenso auftreten:

1. Übermäßige Gereiztheit

Es gibt immer mal Phasen im Leben, in denen wir unzufrieden mit uns und anderen sind und innerhalb von Sekunden an die Decke gehen könnten. Doch dieser Zustand sollte die Ausnahme und nicht die Regel sein. Nimmt dieser Zustand extreme Ausmaße an und äußert sich beispielsweise zusätzlich durch Wutattacken, Aggressionen oder sogar Gewaltbereitschaft, sollten Sie sich unter Umständen Hilfe suchen. Denn die übermäßige Gereiztheit könnte auf eine Depression hinweisen, insbesondere, wenn sie zusammen mit weiteren Symptomen auftritt. 

2. Suchtverhalten

Auch ein Suchtverhalten kann auf eine Depression hinweisen, da Männer häufig erst bei körperlichen Beschwerden zum Arzt gehen und versuchen negative Gefühle beispielsweise durch Rauschmittel wie Alkohol zu lindern. Prof. Maier, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn, erläutert gegenüber neurologen-und-psychiater-im-netz.org: "In vielen Fällen reagieren depressive Männer auf die Erkrankung mit vermehrtem Zigaretten- und Alkoholkonsum oder allgemein riskantem Verhalten." Doch ein Suchtverhalten muss sich nicht unbedingt durch Rauschmittel äußern, auch exzessiver Sport kann eine Sucht sein. 

3. Sexuelle Störungen

Neben der Einnahme von Medikamenten oder bestimmten körperlichen Erkrankungen zählen Depressionen zu den häufigsten Ursachen für sexuelle Störungen wie Erektionsprobleme. Ein Libidoverlust tritt sogar in 80 bis 90 Prozent der Fälle bei dem Krankheitsbild der Depression auf. Wenn Sie anhaltende Probleme feststellen, holen Sie sich ärztlichen Rat ein.  

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4. Erhöhte Risikobereitschaft

Depressionen bei Männern können sich auch durch gesteigerte Risikobereitschaft äußern. Dies wird auch als Hypomanie bezeichnet und ist eine schwächere Form der Manie. Bei Depressionen können sich beim Mann depressive Phasen mit Phasen gesteigerter Aktivität abwechseln. Diese hypomanischen Phasen sind durch große Kontaktfreudigkeit, sozialen Grenzüberschreitungen oder unangemessener Vertraulichkeit äußern. 

Hier bekommen Sie Hilfe

Wenn Sie glauben, an einer Depression zu leiden, holen Sie sich umgehend ärztlichen Rat ein. Auf der Website der Deutschen Depressionshilfe finden Sie außerdem eine Liste mit Anlaufstellen, an die Sie sich wenden können. Bei akutem Gesprächsbedarf können Sie rund um die Uhr die Nummer der Telefonseelsorge unter 0800 / 111 0 111 erreichen. 

"Männer machen bei einer Depression häufig zu viel von allem" – Prof. Stephanie Krüger im Interview

Vital.de: Was sind die ersten Anzeichen, an denen Betroffene, aber auch Angehörige eine Depression erkennen können?

Prof. Krüger: Das erste und auch sensibelste Anzeichen depressiver Phasen sind zumeist Schlafstörungen und danach folgen häufig Interessensverlust, Antriebsverlust und verminderte Sprachproduktion, also die Betroffenen reden weniger, als man es von ihnen kennt. Diese Symptome entwickeln sich über mehrere Wochen und dann kommen meist weitere spezifischere Symptome einer Depression hinzu.

Vital.de: Ab wann sollte man einen Arzt aufsuchen oder seinen Partner darauf ansprechen?

Prof. Krüger: Ein Symptom kommt selten allein. Wenn man feststellt, dass die betroffene Person sich in fundamentaler Weise verändert und man ihr Verhalten nicht mehr wiedererkennt und dann Schlafstörungen hinzukommen, ohne dass sich im Leben etwas großartig geändert hat, dann sollte man sich professionelle Hilfe suchen.

Vital.de: Welche „untypischen“ Symptome gibt es?

Prof. Krüger: Untypische Symptome sind bei Betroffenen von Depression keine Seltenheit. Allerdings unterscheiden sich die Symptome in diesem Fall von Männern und Frauen sehr stark voneinander.

Männer machen bei einer Depression häufig zu viel von allem - zu viel Arbeiten, zu viel Sport, zu viel Essen, aber auch zu viel Sex. Männer können aggressiv werden, sodass aus dem liebenden und ausgeglichenen Familienvater durch eine Depression ein leicht reizbarer und unausgeglichener Vater und Ehemann wird.

Frauen hingegen ziehen sich eher zurück und schlafen zu viel, sie betrifft dann die sogenannte Hypersomnie. Sogar nach 16-17 Stunden können sie nicht aufstehen und sind immer noch hundemüde. Auch die Hyperphagie ist typisch, das heißt, dass sich das Gewicht stark verändern kann und die Frau sehr viel ab- oder zunimmt.

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Unsere Expertin
Prof. Stephanie Krüger

Prof. Stephanie Krüger, Professorin für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärztin für Psychosomatische Medizin, Psychoonkologin und Gendermedizinerin und Chefärztin der Departments für seelische Gesundheit an den Vivantes Kliniken Spandau und Humboldt