
Die Hüfte ist ein zentraler Bestandteil des Bewegungsapparates. Das Hüftgelenk ist als zweitgrößtes Gelenk im menschlichen Körper die bewegliche Verbindung zwischen den Beckenknochen und dem Oberschenkelknochen. Das Kugelgelenk lässt sich um drei wesentliche Bewegungsachsen drehen und bietet so einen großen Bewegungsspielraum, der erforderlich ist, um gehen, stehen und die Beine flexibel bewegen zu können. Darüber hinaus verbindet die Hüfte den Rumpf mit dem Unterkörper und trägt somit gemeinsam mit der Wirbelsäule das Gewicht des Körpers.
Ist die Funktionalität der Hüfte beeinträchtigt, kann dies zu einer starken Einschränkung der Bewegungsfähigkeit und der Mobilität führen. Außerdem sind Erkrankungen und Einschränkungen im Hüftbereich häufig mit starken Schmerzen verbunden, da die Hüfte in viele alltägliche Bewegungsabläufe involviert ist.
Wenn die Hüfte streikt
Durch ihre vielfältigen Aufgaben ist die Hüfte im Laufe des Lebens starken Belastungen ausgesetzt. Mit zunehmendem Alter wird die Knorpelmasse abgebaut, die die Knochen schützend umgibt. Dies führt zum Gelenkverschleiß, der starke Bewegungsschmerzen und Einschränkungen in der Flexibilität und dem Bewegungsradius des Gelenkes mit sich bringen kann. Fachärzte sprechen in diesem Fall vom Krankheitsbild der Arthrose.
Durch einen gesunden und bewegungsintensiven Lebenswandel ist es möglich, Verschleißerscheinungen entgegenzuwirken und die Funktionalität der Hüfte lange aufrechtzuerhalten. Natürliche Abbauprozesse im Körper führen dennoch insbesondere mit zunehmendem Alter, bei Übergewicht und mit einem bewegungsarmen Alltag langfristig zu Beschwerden im Bewegungsapparat, die häufig im Zusammenhang mit der Hüfte stehen.
Konservative Behandlungsmethoden wie Medikamente und Physiotherapie können den Prozess je nach Ausprägung der Hüftbeeinträchtigung verlangsamen und Beschwerden lindern. Wenn konservative Maßnahmen ausgeschöpft sind, ist ein operativer Eingriff oft die einzige Möglichkeit, damit Betroffene einen Teil ihrer Bewegungsfähigkeit zurückerlangen und einen möglichst schmerzfreien Alltag genießen können.
Das künstliche Hüftgelenk als Ausweg
Ein künstliches Hüftgelenk ist der medizinische Ansatz, wenn das körpereigene Gelenk durch Arthrose so stark in Mitleidenschaft gezogen ist, dass schwere Bewegungseinschränkungen und starke Schmerzen durch konservative Therapiemaßnahen nicht mehr ausreichend verbessert werden können. Auch im Falle einer Fraktur, bei der die Knochen des Hüftgelenkes betroffen sind, kann ein künstliches Hüftgelenk medizinisch sinnvoll oder notwendig sein.
Der medizinische Fachbegriff für das künstliche Hüftgelenk ist Hüftendoprothese oder Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP). Die Prothese besteht aus Kobalt, Titan oder Edelstahl und ersetzt das durch Arthrose oder Fraktur nicht mehr funktionsfähige natürliche Hüftgelenk vollständig. In einem operativen Eingriff werden eine Hüftgelenkspfanne und der Gelenkkopf ausgetauscht. Ein künstlicher Hüftschaft verankert den Gelenkkopf im Oberschenkelknochen. Die Hüftgelenkspfanne wird im Becken verankert. Eine Innenpfanne aus Kunststoff sorgt dafür, dass der Gelenkkopf ebenso mühelos über die verschiedenen Bewegungsachsen gleiten kann, wie es eine gesunde körpereigene Hüfte tut.
Mit einem künstlichen Hüftgelenk ist es möglich, die volle Bewegungsfreiheit ohne Einschränkungen und Schmerzen zurückzuerlangen. Dafür ist nach dem Eingriff allerdings ein spezielles Training erforderlich, das die Mobilität und Belastbarkeit der Hüfte wiederherstellt. In den meisten Fällen schließt sich eine umfangreiche Physiotherapie nach Operationen an, mit der Patientinnen und Patienten ihre Mobilität mit der Unterstützung von Therapeuten wiederherstellen können.
Physiotherapie nach der Hüft-Operation
Nach Verletzungen oder operativen Eingriffen schließen sich häufig physiotherapeutische Behandlungen an, um den Körper wieder auf das gewünschte Bewegungs- und Leistungsniveau zu bringen. Eine zeitnahe Mobilisierung unter bewusst dosierter Belastung kann den Körper nach einer Operation effektiv beim Heilungsprozess unterstützen.
Wurde mit einer Operation aufgrund einer Fraktur oder schwerer Arthrose ein künstliches Hüftgelenk implantiert, ist die Physiotherapie mit leichter Belastung in den meisten Fällen bereits kurz nach dem Eingriff medizinisch indiziert. Schon im Krankenhaus oder in einer sich anschließenden Rehamaßnahme gehören physiotherapeutische Übungen zur klassischen Therapie, um die Mobilität der Patientinnen und Patienten schnell wiederherzustellen.
Viele Behandlungsansätze sehen vor, dass bereits am Tag nach der Operation eine erste leichte Belastung erfolgt. Patientinnen und Patienten werden unterstützt durch einen Physiotherapeuten dazu angeregt, aus dem Krankenbett aufzustehen und ihr Implantat kontrolliert, also mit Entlastung durch eine Gehhilfe, zu belasten. Die Bewegung kurz nach dem Eingriff soll Muskelabbau, Muskelverkürzungen und Verklebungen vorbeugen
Je nach Verlauf der Operation und allgemeinem Gesundheitszustand können viele Patientinnen und Patienten mit konsequenter Physiotherapie bereits nach einigen Tagen an Unterarmgehhilfen wieder mit dem Treppensteigen beginnen. Eine Vollbelastung ist bereits nach zwei bis vier Wochen grundsätzlich möglich, die meisten Ärzte und Physiotherapeuten empfehlen allerdings, die Unterarmgehhilfen in den ersten vier bis sechs Wochen nach der Operation unterstützen weiterzuverwenden, um eine kontrollierte Belastung gewährleisten zu können.
Durch Physiotherapie die Mobilität zurückerlangen
Physiotherapeutische Maßnahmen nach einer Hüft-Operation sind auf den gesamten Bewegungsapparat ausgelegt. Insbesondere, wenn die Hüftendoprothese aufgrund einer fortgeschrittenen Arthrose eingesetzt wurde, ist in den meisten Fällen eine lange Krankheitsgeschichte mit schleichendem Verlauf vorausgegangen. Die meisten Betroffenen haben sich durch zunehmende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen Fehl- und Schonhaltungen angewöhnt, die die Muskulatur im gesamten Bein-, Hüft- und Rückenbereich beeinflussen kann. Verkürzte und einseitig belastet Muskelpartien sind eine häufige Begleiterscheinung von Hüftbeschwerden.
Die Physiotherapie nach einer Hüft-Operation ist deshalb auf gezielten Kraft- und Muskelaufbau sowie auf die Regeneration natürlich gesunder Bewegungsabläufe ausgerichtet. Spezielle Verordnungen des behandelnden Arztes sowie individuelle Symptome und körperliche Fähigkeiten fließen in die Therapie mit ein.
In den ersten Tagen nach der Operation wird die Bewegungs- und Belastungstherapie durch symptomlindernde Maßnahmen ergänzt. Dazu zählen:
- Lymphdrainage zur Entstauung der Gefäße in betroffenen Bereichen
- Unterstützung der Patientinnen und Patienten bei der medizinisch indizierten und beschwerdelindernden Lagerung
- Eisanwendungen zur Unterstützung des Entzündungsrückganges
- Unterweisung in der Verwendung von Gehhilfen zur Entlastung des Implantates und des gesamten Bewegungsapparates
Zum gezielten Aufbau von Kraft und Beweglichkeit folgen aktive und passive Mobilisierungsübungen. Diese konzentrieren sich nicht nur auf den Hüft- und Beinbereich, sondern beziehen auch die wichtige Rumpfmuskulatur mit ein, die eine stützende Funktion hat und die Hüfte aktiv entlastet. In den ersten Wochen beschränkt der behandelnde Arzt die Beugung des Hüftgelenkes meist auf maximal 90 Grad. Das bedeutet, dass die Beine nicht überkreuzt oder über die Körpermitte hinaus bewegt werden sollten. Auch die Rotation des Hüftgelenkes nach innen oder außen ist in den ersten Wochen nach dem Eingriff meist kontraindiziert. Physiotherapeuten unterstützen beim Aufbau von Kraft und Beweglichkeit unter Berücksichtigung der ärztlichen Vorgaben.
Mit einer gezielten Gangschule wird die Regeneration der betroffenen Muskelpartien unterstützt. Hinzu kommen Koordinationsübungen, die einen stabilen Bewegungsablauf sicherstellen sollen.
Mit fortschreitendem Genesungsprozess wird der Bewegungsradius der Hüfte erweitert und die Gangschule wird schrittweise bis zur Vollbelastung gesteigert. Sobald eine größere Belastung und Beweglichkeit freigegeben ist, können auch erweiterte Koordinationsübungen wie der Einbeinstand oder Gleichgewichtsübungen auf einer beweglichen Unterlage in die Physiotherapie integriert werden.
Eine sinnvolle Ergänzung sind sportliche Aktivitäten mit einer niedrigen Gelenkbelastung. Dazu gehören verschiedene Varianten des Wassersports sowie Nordic Walking oder Fahrradfahren. Die Ausübung sollte immer in Absprache mit dem Physiotherapeuten und dem behandelnden Arzt und in Abhängigkeit vom Genesungsprozess erfolgen.
Physiotherapie zu Hause als ambulante Rehamaßnahme
Nach einer Hüft-Operation nehmen viele Patientinnen und Patienten eine mindestens dreiwöchige Rehamaßnahme in einer entsprechenden stationären Einrichtung in Anspruch. Eine Alternative oder ein sich an die Reha anschließender Therapieansatz kann die Physiotherapie als Hausbesuch sein. Dabei kommt die Therapeutin oder der Therapeut zwei- bis dreimal pro Woche zum Hausbesuch und unterstützt Patientinnen und Patienten dabei, ihre Mobilität im heimischen Umfeld wiederherzustellen.
Die Therapie im Hausbesuch hat mehrere Vorteile. Sie stellt sicher, dass die Belastung nicht zu früh nach der Operation durch die Anreise zur Praxis übermäßig ausfällt. Eine zu starke und unkontrollierte Belastung kann insbesondere in den ersten Wochen nach einem operativen Eingriff medizinisch kontraindiziert sein und den Heilungsprozess verzögern oder sogar nachhaltig beeinträchtigen. Ein weiterer Vorteil der Physiotherapie im häuslichen Umfeld besteht darin, dass die Wiederherstellung der Mobilität und der Bewegungsfähigkeit gezielt auf die Gegebenheiten im direkten Alltag angepasst werden kann. Müssen Patientinnen und Patienten beispielsweise im Alltag in den eigenen vier Wänden viele Treppen bewältigen, kann die Therapie an diese Anforderung angepasst werden. Durch Hausbesuche können Betroffene nach einer Operation zunächst ihren unmittelbaren Bewegungsradius zurückerobern und damit ihren Alltag möglichst schnell wieder selbstständig meistern.