
Mit gerade mal 29 Jahren erhielt Carolin Kotke die Diagnose Brustkrebs. Fünf Jahre später fühlt sie sich besser denn je. Nun will sie anderen Menschen Mut machen und als Ernährungsberaterin aufklären und anderen helfen, gesund und gestärkt im Leben zu stehen. Im Interview erzählt sie von ihrer Diagnose, wie der Krebs ihr Leben verändert hat und was sie anderen Menschen rät, die an Krebs erkrankt sind.
Autorin und Healthfluencerin Carolin Kotke: „Meine Krebsdiagnose war ein Schock“
Vital.de: Wie haben Sie von Ihrer Brustkrebsdiagnose erfahren und wie sind Sie damit umgegangen?
Carolin Kotke: Ich erhielt im November 2017 die Diagnose Brustkrebs. Ich war erst wenige Monate vorher, im Juli, zur Vorsorge bei meiner Frauenärztin, bei der nichts Auffälliges festgestellt worden ist. Im Oktober hatte ich dann durch Zufall einen Knubbel in meiner Brust ertastet, bei dem ich mir nicht viel dachte. Nachdem dieser einen Monat später immer noch da war, bestand mein Freund darauf, dass ich diesen beim Arzt abchecken lassen sollte. Mein Glück! Denn damit rettete er mein Leben. Wie sich herausstellte, wuchs ein recht aggressiver und schnell wachsender Tumor in meiner Brust.
Für mich damals ein absoluter Schock. Ich war gerade einmal 29 Jahre alt und hätte in dem Alter niemals mit einer Krebsdiagnose gerechnet. Ich hatte erst einen neuen Job begonnen und wollte gerade so richtig durchstarten. Die Krankheit war ein Schock und stellte mich vor komplett neue Herausforderungen, zeigte mir aber auch, was wirklich wichtig ist im Leben.
Vital.de: Welche medizinischen Behandlungen haben Sie durchlaufen?
Carolin Kotke: Insgesamt war ich ein Jahr in der akuten Krebstherapie und befinde mich selbst heute noch in der Anti-Hormontherapie. Ich erhielt sechs Monate lang Chemotherapie und hatte diverse Operationen. Unter anderem hatte ich mich nach der Chemotherapie dazu entschlossen, eine beidseitige Mastektomie mit Wiederaufbau zu machen. Das heißt, dass mir mein komplettes Brustgewebe entfernt wurde und mit Silikon wieder aufgebaut wurde. So will ich mein Risiko eines Rezidivs weitestgehend reduzieren.
Da noch weitere Krebszellen und Metastasen in meinen Lymphknoten gefunden worden sind, hatte ich zusätzlich zur Chemotherapie noch eine Bestrahlung. Dieser Moment als mir mitgeteilt worden ist, dass die Chemotherapie nicht alle Krebszellen „getötet“ hatte, war wohl der größte Schock während der kompletten Therapie, denn kurzzeitig war nicht klar, wie weit der Krebs bereits gestreut hatte und wie hoch meine Überlebenschancen sind. Zu diesem Zeitpunkt brauchte ich psychologische Hilfe, um mit der Situation zurechtzukommen. Heute bin ich ein Glück wieder gesund und feiere im November die magischen fünf Jahre, das heißt, ich habe die 5-Jahre-Überlebensrate nach meiner Krebsdiagnose überstanden, womit sich das Rückfallrisiko drastisch reduziert hat.
Vital.de: Welche Herausforderungen mussten Sie während Ihrer Genesung meistern?
Carolin Kotke: Neben all der seelischen Belastung und den Ängsten, die dich tagtäglich begleiten, waren auch die körperlichen Herausforderungen in dieser Zeit enorm. Bereits nach den ersten Chemotherapie-Sitzungen verlor ich drastisch an Gewicht, nichts wollte mehr im Magen bleiben. Ich hatte keinerlei Energie mehr und wusste, dass ich selbst aktiv werden und etwas unternehmen muss, um die nächsten Monate halbwegs zu überstehen. Ich wollte nicht nur blind den Ärzten vertrauen, sondern selbst aktiv werden. Und so kam ich zur Ernährung. Ich schaute, wie ich meinen Körper aktiv bei seiner Arbeit unterstützen kann und merkte schnell, wie es mir durch meine Ernährungsumstellung besser ging und kam dann sehr gut und ohne viel Nebenwirkungen durch die Therapie.
„Die Ernährung hat mir durch die Therapie geholfen“
Vital.de: Hat sich Ihre Einstellung zum Leben und zur Gesundheit geändert?
Carolin Kotke: Meine Einstellung zum Leben und zur Gesundheit hat sich komplett verändert. Ich sehe mein Leben heute in einer ganz neuen Perspektive und haben während der einjährigen Therapie viel Zeit gehabt, um über mein Leben nachzudenken, was dazu führte, dass ich mein ganzes Leben komplett auf den Kopf gestellt habe.
Durch die Diagnose habe ich ein neues Körperbewusstsein erhalten und sehe vieles nicht mehr als selbstverständlich an. Ich bin lieber und achtsamer zu mir selbst und meinem Körper geworden und probiere, mit ihm zusammenzuarbeiten und ihn zu unterstützen, statt über ihn zu meckern.
Einer meiner Lieblingstools hier, welches mir durch die Therapie geholfen hat: die Ernährung! Mit dem, was wir tagtäglich in unseren Körper hineingeben, können wir unseren Körper und seine Gesundheit und Wohlbefinden ganz gewiss aktiv unterstützen. Dieses Bewusstsein hat mir ein stückweit die „Kontrolle“ über meinen Körper wiedergegeben und meine Mission “eat well, feel better” war geboren. Damit will mehr über das Thema Ernährung aufklären und sensibilisieren. Ich kündigte nach meiner Krebstherapie meinen Job, ließ mich als ganzheitliche Ernährungsberaterin umschulen und zog aus der Großstadt Hamburg mitten aufs bayerische Land. Ein absoluter Life-Changer - und ich liebe es!

Vital.de: Welche Unterstützung haben Sie während der Krebsreise erhalten?
Carolin Kotke: Die richtige Unterstützung während solch einer Diagnose ist das A und O. Vor allem mein Partner, aber auch Freunde und Familie haben mir unfassbar viel Halt gegeben. Doch auch die Online-Krebscommunity hat mir Rückhalt gegeben und mich unfassbar gestärkt. Dadurch, dass ich mich dazu entschlossen hatte, meine Brustkrebserkrankung auf Instagram und meinem Blog carolionk.com öffentlich zu machen, erreichten mich zahlreiche mutmachende Nachrichten, aber auch Geschichten von jungen Frauen, die in ähnlicher Situation waren und mit denen ich mich austauschen konnte. Gerade dieser Zusammenhalt und das Gefühl, mit dieser Situation nicht allein zu sein, hat mir unfassbar viel Kraft und Hoffnung gegeben.
„Tauscht euch mit Gleichgesinnten aus“
Vital.de: Welche Tipps und Ratschläge können Sie anderen Frauen geben, die mit einer Brustkrebsdiagnose konfrontiert sind?
Carolin Kotke: Erstens glaub an dich und die Power, die dein Körper hat! Höre auf ihn und akzeptiere Grenzen. Zweitens unterstütze deinen Körper in dieser Zeit aktiv, z.B. durch ausreichend Bewegung, frische Luft, eine gesunde Ernährung oder einfache Yoga- und Meditationsübungen. Drittens habe Mut offen darüber zu reden. Was anfänglich erst eine Herausforderung ist, sich vielleicht so verletzlich zu zeigen, hilft am Ende wahnsinnig. Aber auch sich mit Gleichgesinnten auszutauschen gibt einem enorm viel Halt und Stärke.
Treffen Sie Carolin Kotke bei der Pink Style Tour
Carolin Kotke ist u.a. auch Teil der Pink Style Tour. Dort wird sie am 7. Oktober in Hamburg als Keynote-Speakerin über ihr Lieblingsthema sprechen: Gesunde Ernährung. Mehr dazu, erfahrt ihr hier.
Vital.de: Welche präventiven Maßnahmen und Empfehlungen können Sie Frauen geben, um Brustkrebsrisiken zu reduzieren?
Carolin Kotke: Wichtig ist es, Arzttermine nicht vor sich herzuschieben, sondern wirklich regelmäßig zur Krebsvorsorge zu gehen und sich Zeit für präventive Maßnahmen und seine Gesundheit zu nehmen. Zur Krebsvorsorge gehören bei uns Frauen z.B. die Gebärmutterhals-Krebs-Früherkennung ab 20 Jahren, Brustkrebsvorsorge ab 30 Jahren sowie Mammografie Screening ab 50 Jahren. Meines Erachtens sollte die Brustkrebsvorsorge aber schon viel früher ansetzen und liegt eben nicht nur bei dem Arzt/Ärztin, sondern auch bei uns. Mindestens einmal im Monat sollten wir unsere Brust abtasten. Der optimale Zeitpunkt hier ist eine Woche nach der Regelblutung.
Ich habe meinen Tumor z.B. auch selbst ertastet und bin daraufhin zu meiner Frauenärztin. Wäre ich stattdessen erst wieder zum regulären Kontrolltermin, hätte es für mich vielleicht schon zu spät sein können. Zudem kann ich jedem, der bereits mehrere Fälle an Brust-, Eierstock- oder Prostatakrebs in der Familie hat, nur dazu raten einen Test auf die BRCA-Genmutation zu machen. Ich selbst bin Trägerin der BRCA 1 Genmutation und hatte dadurch eine bis zu 85 % Wahrscheinlichkeit in meinem Leben an Brustkrebs zu erkranken. Auch das Risiko an Eierstockkrebs zu erkranken ist hier enorm hoch, sodass ich mich vor ein paar Jahren auch zu einer Ovarektomie entscheiden musste.
Vital.de: Welche Hoffnungen und Ziele haben Sie für die Zukunft?
Carolin Kotke: Ganz klar: Mehr Menschen mit meiner Arbeit für einen gesunden Lebensstil zu motivieren und ihnen damit mehr Gesundheit und Wohlbefinden zu schenken.
Aktuell schreibe ich an meinem zweiten Ernährungsbuch “Eat colourful, feel better: Der perfekte Nährstoffmix für einen wachen Geist und starken Körper”. Mein erstes Buch “Eat well, feel better: Die neue Säure-Basen-Formel” erschien 2022 und landete prompt in dem Bestseller-Ranking, was mich riesig freut und zeigt, dass Ernährung mittlerweile ein großes und wichtiges Thema in unserer Gesellschaft ist. Ich freue mich, dass ich mit meinem kleinen Lebenswerk so viele Menschen erreichen kann.
Mittlerweile bin ich wahnsinnig dankbar durch die Krebsdiagnose meinen Weg in die Ernährung gefunden zu haben und somit zahlreichen Menschen helfen zu können. Genau hierauf möchte ich mich weiter konzentrieren und neben meinem Buchprojekt viele weitere schöne Projekte wie Workshops und Retreats planen, aber auch meine Stimme erheben und dafür sorgen, dass das Thema Ernährung wieder mehr und mehr in den Fokus unserer Gesellschaft rückt. Gerade z.B. im Bereich Krankenhausessen herrscht noch so viel Aufklärungsbedarf und Potenzial. Aber auch darüber hinaus liegt leider noch sehr viel Arbeit vor uns.
Vital.de: Vielen Dank für das Interview!