
Julius Cäsar und der Kaiserschnitt
Viele Legenden ranken sich um den Kaiserschnitt. So gehe der Name auf Gaius Julius Cäsar zurück, der auf diese Weise auf die Welt gekommen sein soll. Eine schöne Geschichte – nur kann sie nicht stimmen, weil die Mutter des römischen Imperators erst knapp 50 Jahre später starb. Doch ein Eingriff dieser Größenordnung hätte zu jener Zeit unweigerlich ihren Tod bedeutet. Sie wäre verblutet oder an einer Infektion gestorben. Schon die Vorstellung lässt uns gruseln. Die wörtliche, korrekte Herleitung ist viel banaler: Im Lateinischen bedeutet „caesus“ geschnitten, „caesura“ Schnitt, Einschnitt. Aus Caesar leitet sich das deutsche Wort Kaiser ab und so nennen wir den „sectio caesarea“ eben Kaiserschnitt. Zwar wurden schon seit der Antike Schnittentbindungen vorgenommen. Viele Jahrhunderte lang aber hauptsächlich, um bei einer Schwangeren, die bei der Geburt stirbt, das Kind zu bergen – vielleicht lebte es ja noch. Meist jedoch, um es separat beerdigen zu können, wie es das Gesetz vorsah.
Schweizer Notkaiserschnitt
Aus der Schweiz des Jahres 1500 ist eine weitere tolle Geschichte überliefert. Zu toll, um wahr zu sein? Jacob Nufer, der als gefragter Schweine-Kastrierer (!) virtuos mit Messern umgehen kann, bangt um das Leben seiner Frau, die mit dem ersten Kind in den Wehen liegt. Etliche Hebammen und Wundärzte stehen um das Bett herum, können ihr aber nicht helfen und erwarten das Schlimmste. Tagelang. Da schnappt sich der Mann eines seiner scharfen Messer, setzt beherzt einen Schnitt. Das munter krähende Baby übergibt er den Hebammen, er selbst vernäht den Bauch seiner Frau. Beide überleben. Die Familie bekommt später sogar noch weitere sechs Kinder. Ein bekannter Anatom hielt das in seinen Aufzeichnungen fest.
Vor- und Nachteile
Bis Mediziner diese Methode in ihr Repertoire aufnehmen, dauert es noch etwa 100 Jahre. Ärzte öffneten die Bauchdecke zunächst von oben nach unten. Ab 1881 verläuft der Schnitt quer – wie heute noch. Dieser Pfannenstielschnitt wurde benannt nach dem Gynäkologen und Geburtshelfer Hermann Johannes Pfannenstiel, der diese Technik im Jahr 1900 perfektionierte. Legendär – und in diesem Fall auch nachweislich wahr.
Die medizinische Notwendigkeit, ein Kind per Kaiserschnitt auf die Welt zu holen – etwa wenn das Becken zu schmal ist oder Komplikationen mit der Nabel- schnur auftreten – rückt heute immer mehr in den Hintergrund. Ein Wunsch-Kaiserschnitt wird aus Angst geplant oder um ein besonderes Datum zu erwischen, damit die Scheide nicht ausleiert, vielleicht sogar um gleich die Bauchdecke wieder etwas straffen lassen zu können. Aber: Im Vergleich zur vaginalen Geburt liegt die Mütter-Sterblichkeitsrate dabei etwa dreimal so hoch. Außer- dem leiden Kaiserschnitt-Kinder häufiger unter Atemproblemen, denn während der Wehen wird Wasser aus den Lungen gedrückt. Sie sind auch meist infektanfälliger, weil sie nicht im Geburtskanal mit der natürlichen Bakterienflora der Mutter in Kontakt kommen.