
Die Hälfte der 18- bis 44-jährigen Frauen in Deutschland treibt mehr als zwei Stunden Sport pro Woche, gut ein Viertel ist mehr als vier Stunden sportlich aktiv. Ein stärkeres Immunsystem, stabilere Kreislaufwerte, eine widerstandsfähigere Muskel-, Sehnen- und Skelettstruktur – und nicht zuletzt auch ein attraktiveres Äußeres gehören zu den durchaus erwünschten "Nebenwirkungen". Diese regelmäßige Investition in die eigene körperliche Fitness kommt aber auch Schwangeren zugute, die erfahrungsgemäß leichtere und unkompliziertere Geburten erleben. Dementsprechend geht Dr. Renate Kirschner im BabyCare-Programm, das an der renommierten Berliner Charité Frauenklinik CVK entwickelt und von der FBE Forschung Beratung Evaluation GmbH betrieben wird, ganz gezielt auch auf das Thema "Fit bleiben in der Schwangerschaft" ein. Im programmbegleitenden Buch sowie der dazugehörigen App gibt sie konkrete Tipps für Frauen, die ihre mühsam antrainierte Fitness während ihrer Schwangerschaft behalten – oder sogar noch verbessern möchten: "Inzwischen werden auch Nicht-Sportlerinnen dazu aufgerufen, mit schwangerschaftskompatiblen Aktivitäten und Kursen nicht nur sich, sondern auch ihr Baby fit und gesund zu halten", erläutert Dr. Kirschner, die seit 35 Jahren in der epidemiologischen Forschung tätig ist. BabyCare kooperiert mittlerweile bereits mit der Hälfte der deutschen Krankenkassen, viele Versicherungen bieten das Programm sogar kostenfrei an.
Breitgefächerte Vorteile durch moderaten Sport in der Schwangerschaft
Die positiven Effekte angemessener körperlicher Aktivität vor und nach der Geburt überzeugen auf ganzer Linie:
- Kardiovaskuläre (Herz-Kreislauf-System) und kardiopulmonale (Herz- und Lungen-bezogen) Fitness wirkt sich positiv auf Glukoseaufnahme und Insulin-Sensitivität aus, die Gefahr einer Schwangerschaftsdiabetes wird deutlich verringert.
- Sport und der dadurch erhöhte Kalorienverbrauch wirken der Gewichtszunahme vor.
- Rückenschmerzen aufgrund der Schwerpunktverlagerung, insbesondere ab dem sechsten Monat, kann durch gezieltes Training vorgebeugt werden.
- Die individuelle Schmerzwahrnehmung/Schmerztoleranz vor und während der Niederkunft kann durch Sport positiv beeinflusst, der Einsatz schmerzstillender Mittel reduziert oder vermieden werden.

Keine Gefahr für das Baby, wenn Sportart und Intensität passen
"Viele Schwangere befürchten, dass ihr ungeborenes Kind selbst bei geringer sportlicher Betätigung dauerhaften Schaden erleiden kann. Diese Angst ist verständlich – aber zum allergrößten Teil unbegründet", fügt Dr. Kirschner hinzu. Tatsächlich profitieren Babys sowohl direkt als auch indirekt vom Sport ihrer Mütter. Diese müssen ihr gewohntes Training noch nicht einmal aufgeben, sondern lediglich einige schwangerschaftsspezifische Aspekt beachten. Dr. Renate Kirschner erläutert dazu: "Der Körper bereitet sich auf die kommende Geburt durch die Abgabe des Peptidhormons Relaxin vor – das seinem Namen im wahrsten Sinne alle Ehre macht und die Sehnen und Bänder lockert. Dementsprechend sollten Bewegungen nicht abrupt beendet werden". Generell wird auch empfohlen, die Atmung mit den Bewegungen zu synchronisieren, bei Belastung ein- und bei Entlastung auszuatmen. Natürlich eignen sich nicht alle sportlichen und körperlichen Aktivitäten für Schwangere, Dr. Kirschner hat in ihrem Programmbuch "BabyCare – gesund & schwanger" eine Liste von Dos & Don'ts der Sportarten sowie wichtige Hinweise zur Durchführung integriert:

Dos & Don'ts – Sportarten in der Schwangerschaft
Empfohlen:
- Schwimmen
- Wandern, Spaziergänge
- Radfahren (keine Mountainbike- und Downhill-Strecken)
- Laufen (mit gut gedämpften Laufschuhen, keine Sprints)
- Moderater Kraftsport
- Atemgymnastik
- Yoga, Tai-Chi, Quigong
- Ski-Langlauf, Nordic Walking
Nicht empfohlen:
- Kontaktsportarten, Disziplinen mit schnellen Tempowechseln, harten Stößen und "Bodychecks"
- Fallschirmspringen, Bungee-Jumping, Drachenfliegen, Surfen
- Ski alpin (wenn keine Vorerfahrung vorhanden ist)
- Intensives Bodybuilding ("Eisenbiegen")
- Tauchen (strengstens verboten u.a. wg. Stickstoffaufsättigung und Risiko von Lungenüberdehnung)
Fazit
"Bei sportlicher Betätigung während der Schwangerschaft kommt es auf die Dosis – und den gesunden Menschenverstand an", fasst Dr. Renate Kirschner ihre Empfehlungen zusammen, "Es müsste eigentlich jeder Schwangeren klar sein, dass sie sich im 6. Monat nicht mit einem Gleitschirm in die Tiefe stürzen sollte. Andererseits spricht nichts dagegen, weniger extreme Sportarten wie Laufen, Yoga, Schwimmen in moderater Form und in enger Abstimmung mit dem Gynäkologen weiterzuführen."