Immer mehr übergewichtige Kinder in Deutschland
Deutschland nimmt zu. Zwischen 2011 und 2021 stieg die Zahl der übergewichtigen Kinder hierzulande um mehr als 33 Prozent. Das Robert Koch-Institut errechnet, dass in Deutschland bereits 1 Prozent der Jungen im Alter zwischen 3 und 6 Jahren fettleibig sind; bei den Mädchen in der selben Altersgruppe sind es 3,2 Prozent. Ab diesem Alter steigen die Zahlen für Adipositas bei Kindern nur noch weiter:
- Kinder 7 bis 10 Jahre: 4,7 Prozent der Mädchen und 6,8 Prozent der Jungen fettleibig
- Kinder 11 bis 17 Jahre: 7,2 Prozent der Mädchen und 8,7 Prozent der Jungen adipös
Bei diesen Zahlen muss außerdem mitgedacht werden, dass es viele Kinder gibt, die knapp an der Grenze zur Fettleibigkeit stehen und bereits ein sehr problematisches Übergewicht haben. Im deutschen Durchschnitt sind etwa 15 Prozent der Kinder übergewichtig, 6 Prozent davon fettleibig.
Im Video: Dieses Werbeverbot plant der Minister
Konsumgewohnheiten und Verhaltensweisen seien laut RKI mitverantwortlich für immer dicker werdende Kinder. So trinken 11 Prozent der 3- bis 6-jährigen Kinder täglich zuckerhaltige Erfrischungsgetränke. Auch in anderen Lebensmitteln für Kinder steckt mitunter enorm viel zusätzlich zugesetzter Zucker.
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Industrie schummelt zusätzlichen Zucker in Lebensmittel für Kinder
Dass Eltern ihre Kids mit solchen ungesunden Lebensmittel versorgen, liegt in vielen Fällen wohl auch an Unwissenheit. Die Hersteller von Lebensmitteln für Kinder schummeln nämlich allzu häufig zusätzlichen Zucker in die Produkte. Denn selbst, wenn es auf den Verpackungen und in der Werbung heißt „ohne Zuckerzusatz“ oder „natürliche Süße aus Früchten“, steckt immer noch enorm viel Zucker in den Lebensmitteln.
Das Paradebeispiel sind die bei Kindern und ihren Eltern beliebten „Quetschies“. Auf Verpackungen und in der Werbung wird der hohe Fruchtgehalt angepriesen, auch der Vermerk „ohne Zuckerzusatz“ darf bei vielen Produkten nicht fehlen. Die Lebensmittel erwecken den Eindruck einer gesunden Vitaminquelle für die Kinder. Doch die Fruchtdrinks bestehen aus besonders süßen Früchten, aus Fruchtmark und Traubensaftkonzentraten. Das Gesunheitsmagazin der AOK berichtet, dass pro Quetschie etwa 18 Gramm Zucker in den Kindermagen kommen, so viel wie 6 Stück Würfelzucker – was übrigens in etwa der empfohlenen Tagesmenge an Zucker für Kinder entspricht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, dass Kinder täglich maximal 10 Prozent ihres Energiebedarfs aus Zucker konsumieren sollten. Das entspricht etwa 25 Gramm Zucker. Dabei ist völlig egal, ob dieser aus Obst oder anderen Quellen kommt.
Selbst Babynahrung erreicht die Kleinsten mitunter bereits gezuckert. Einige Hersteller fügen ihre Breien und Keksen Zucker hinzu oder setzen auf Saftkonzentrate und Dicksäfte für eine „natürliche Süße ohne Zuckerzusatz“.
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Werbeverbot für überzuckerte Kinderlebensmittel erzieht Industrie
Der Bundesminister für Ernährung, Cem Özdemir, hat vor Kurzem ein strenges Verbot für auf Kinder abzielende Werbung von stark zuckerhaltigen, salzigen oder fettigen Lebensmitteln ins Spiel gebracht. Sollte ein solches Verbot vom Gesetzgeber umgesetzt werden, könnten nach dem Vorschlag des Ministers Werbung für solche Lebensmittel in Fernsehen, Radio oder sozialen Netzwerken zwischen 6 Uhr Morgens und 23 Uhr Abends verboten werden. Auch könnte Außenwerbung für solche Lebensmittel im Umkreis von Schulen, Spielplätzen oder Kitas untersagt werden.
Ein solches Werbeverbot für Kinder-Süßigkeiten hätte vor allem den Effekt, dass Kinder und Jugendliche weniger Werbung für zuckrige, fettige und salzige Snacks sehen würden. Das ist gut, garantiert aber noch lange nicht, dass Kinder und Jugendliche mit eigenem Taschengeld diese Produkte nicht trotzdem noch kaufen würden. Der wesentlich wichtigere Effekt eines solchen Verbots ist daher auch auf Seiten der Industrie zu erwarten. Für ihre Produkte keine Werbung mehr ausstrahlen zu dürfen, käme vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Interessen nicht infrage. Es kann angenommen werden, dass die Hersteller überzuckerter, salziger oder fettiger Kinderlebensmittel einfach ihre Rezepturen ändern und etwa die Menge zugesetzten Zuckers verringern.
Da Selbstkontrolle, gesellschaftliches Verantwortungsgefühl und Selbstregulation die Hersteller bisher nicht dazu bewegen konnte, gesündere Lebensmittel für Kinder zu produzieren, scheinen Werbeverbote für Teile ihres Sortiments die logische Konsequenz.