Self-Tracking: Was ist dran?

Self-Tracking: Was ist dran?

Sich um die eigene Gesundheit zu kümmern fällt mit der neuen Technik leicht: Informationen wie Schrittzahl, Pulsschlag und Kalorienverbrauch behalten Sie spielerisch im Blick, nicht nur beim Sport. Doch im „Self-Tracking“ steckt Fluch und Segen zugleich.

der-self-tracking-trend© Xavier Arnau/iStock
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Es fing damit an, dass Handys zu tragbaren Minicomputern mutierten. Toll, was so ein Smartphone alles speichern kann! Und wir teilen es, im Netz. Inzwischen kennen wir neben den Essgewohnheiten unzählige Details unseres erweiterten Freundeskreises. Zum Beispiel wissen wir, dass viele ernsthaft Sport zu treiben scheinen – was uns jedoch sofort frustriert: „Mist, da hat jemand heute schon viel mehr Kalorien verbraucht als ich!“ Früher hing hier und da mal ein Schrittzähler am Gürtel, die Informationen behielt der Gehende aber meist für sich. Heute heißt das Ding „Activity-Tracker“, und das Hightech-Gerät überträgt die eifrig gesammelten Daten an ein Programm im Smartphone. Unter den wachsamen Augen der Internet-Gemeinde kann dann ein regelrechter Wettbewerb stattfinden: Wer ist der oder die Fitteste, Disziplinierteste, Gesündeste?

So bleibt der olympische Gedanke des Sports – „Dabei sein ist alles“ – auf der Strecke. Doch den können Sportexperten und Mediziner nur empfehlen: Spaß haben, sich regelmäßig bewegen, einfach mehr Schritte im Alltag schaffen. Dafür kommen Sie auch ohne Pulsgurt, GPS-Tracker oder andere Gadgets aus. Unter Hightech-Kontrolle lauert die Gefahr, immer noch mehr aus dem Körper rausholen zu wollen und das richtige Maß aus den Augen zu verlieren.

Man kann’s auch übertreiben

Der Markt für Gesundheits-Apps und -Gadgets boomt. Etwa vier von zehn Smartphone-Besitzern haben mindestens eine Gesundheits-App auf ihrem Handy installiert – und nutzen sie meist auch regelmäßig. So können sie neben der Erfassung ihrer Herzdaten überprüfen, wie viel sie nachts schwitzen, ihre Laune in einem schicken Stimmungsbarometer darstellen oder sich jede einzelne Kalorie auf dem Teller ausrechnen lassen. Finden Sie übertrieben? Manche Apps helfen auch, schlechte Angewohnheiten aufzudecken, wie z. B. Stress- oder Langeweilefuttern. Wenn Sie die dann ändern, hat sich das Runterladen schon gelohnt.

Der Wahn, alles technisch Machbare tatsächlich umzusetzen, macht auch vor unseren Gedanken nicht halt. Das Stirnband „Muse“ zeichnet Hirnströme auf. Laut Hersteller hilft es, sich besser konzentrieren zu können. Es warnt per App, wenn wir gedanklich abschweifen. Gleichzeitig hilft es auch beim Meditieren, das macht ja bekanntlich geistig auch topfit. Um uns das kopfhörerartige Ding über Stirn und Ohren stülpen zu können, müssen wir 300 Dollar berappen. Ein Schnäppchen!

Doch nur weil manche mit ihrer technischen Experimentierfreude über das Ziel hinausschießen, muss niemand moderne, mobile Gesundheitshelfer generell ablehnen. Viele sind durchaus sinnvoll. Zumindest wenn die App nicht den Arztbesuch ersetzt und wir, wie der Psychologe Stephan Grünewald betont, die Verantwortung für uns selbst nicht an das Gerät abgeben.

App in eine gesunde Zukunft

Vor allem chronisch Kranke profitieren von dieser Technik, die beispielsweise an die rechtzeitige Medikamenten-Einnahme erinnert, ein Migräne- oder Ernährungstagebuch zu führen hilft oder Cholesterin- oder Insulinwerte für den Arztbesuch dokumentiert. Mithilfe einer Spezial-App, die an der Mayo Clinic in den USA entwickelt wurde, konnten sich Patienten nach einer Gefäßoperation an eine herzgesunde Lebensweise gewöhnen. Nach der Testphase landeten nur 20 Prozent erneut im Krankenhaus, während von denen, die die App nicht nutzten, bei 60 Prozent erneut eine OP nötig wurde.

In den nächsten Jahren werden vermutlich noch viele weitere hilfreiche Anwendungen folgen, vielleicht sogar die blutzuckermessende Kontaktlinse, an der Google gerade arbeitet.

Was ist was? Kleine Übersetzungshilfe

SELF-TRACKING Das digitale Erfassen der eigenen körperbezogenen Daten (wörtlich: das Selbstvermessen, das Sich-selbst-Aufspüren).

QUANTIFIED SELF Das in Zahlen ausgedrückte Selbst. Ursprünglich eine US-amerikanische Bewegung bzw. ein Netzwerk zum Zweck, den eigenen Körper mithilfe gesammelter Daten zu optimieren .

GADGET Technisches Gerät, meist handlich, Apparat, auch Spielerei.

APP Ein Miniprogramm für das Smartphone, zugeschnitten auf dessen Betriebssystem. Abkürzung für „application“ (engl.): Anwendung.

WEARABLES Technische Hilfsmittel zur Datenerfassung, die direkt am Körper getragen werden, z. B. Armbänder. Wörtlich übersetzt: „Tragbare“.

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