Wer Muskelmasse aufbauen will, muss seine Muskeln fortlaufend überanspruchen. In Fachkreisen heißt dieses Trainingsprinzip „progressive overload“, also progressive Überlastung. Denn nur wenn unsere Muskeln in einer Weise strapaziert werden, bei denen sie an ihr Limit geraten, werden sie in der regenerativen Phase dermaßen repariert, dass sie stärker und leistungsfähiger sind als zuvor.
Um also Muskeln aufzubauen, heißt es: regelmäßig ins Fitnessstudio und an die Leistungslimits gehen. Doch genau hier, bei den Leistungslimits, wird es mitunter etwas kompliziert. Wann wir besonders leistungsfähig sind, also unsere Muskeln beim Workout gezielt überlasten können, hängt immer auch davon ab, zu welcher Zeit wir trainieren. Und wann ist nun die beste Zeit für den Muskelaufbau?
Trainingserfolge sind abhängig vom biologischen Rhythmus
Wann wir das Maximum aus unseren Energie- und Leistungspotenzialen herausholen können, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Unsere Leistungsfähigkeit ist sehr individuell von der Tageszeit abhängig.
Im Video: So erfahren Sie Ihren Schlaftypen
Hier kommt unsere innere Uhr ins Spiel. Sie gibt unseren individuellen Biorhythmus vor und bestimmt, ob wir Frühaufsteher oder Spätaufsteher sind, beziehungsweise, ob wir eher Richtung Früh- oder Spätaufsteher tendieren. Denn die meisten Menschen liegen irgendwo in der Mitte des Spektrums.
Frühaufsteher, sogenannte Lerchen-Typen, erreichen ihr Leistungspotenzial schon sehr früh am Tag. Spätaufsteher, als Eulen-Typen bezeichnet, können eher am frühen Abend das Meiste aus ihren Kraftreserven herausholen. Wann Sie in Tageshöchstform sind, wissen Sie selbst natürlich am besten.
Um Muskeln so effektiv wie möglich aufzubauen, sollten Sie Ihr Training auf die Tageszeiten legen, die Ihrem Biorhythmus am ehesten entsprechen. Für die progressive Muskelüberlastung ist Training nach Biorhythmus entscheidend. Denn wer sich als Spätaufsteher früh am Morgen zum Krafttraining zwingt, wird nur schwer über die Belastungsgrenzen der Muskeln hinaustrainieren können. Eulen-Typen sollten, wenn möglich, ihre Übungen auf den späten Nachmittag oder frühen Abend legen. Für Lerchen hingegen gelingt der Muskelaufbau effektiver, wenn sie zwischen Morgen und Mittag trainieren.
Die besten Trainingszeiten für verschiedene Typen – Das sagt die Forschung
In einer Studie von 2015 untersuchten Forschende, wie stark sich die jeweilige sportliche Leistungsfähigkeit von Athleten und Athletinnen zu bestimmten Tageszeiten unterscheidet. Dazu wurde zunächst der individuelle zirkadiane Rhythmus der Studienteilnehmenden ermittelt. Der zirkadiane Rhythmus bestimmt, wann ein Individuum innerhalb eines Tages schläft oder wach ist. So wird also ermittelt, ob eine Person Frühaufsteher oder Spätaufsteher ist, oder, wie die meisten Menschen, irgendwo dazwischen liegt. Etwa ein Viertel der Athleten und Athletinnen waren Frühaufsteher, ein Viertel Spätaufsteher und die Hälfte lagen in der Mitte.
Nachdem klar war, welcher Studienteilnehmende wo auf dem zirkadianen Spektrum liegt, wurden über mehrere Wochen sportliche Leistungstests unternommen. Die Leistungsbewertung nach Uhrzeiten verteilte sich wie folgt:
- 16:00 und 19:00 Uhr: die meisten Bestleistung
- 10:00, 13:00 und 22:00 Uhr: die meisten durchschnittlichen Leistungen
- 07:00 Uhr: die meisten schlechtesten Leistungen
In einer späteren Phase der Studie untersuchten die Forschenden die sportliche Leistungsfähigkeit anhand der zirkadianen Einordnung der Teilnehmenden. Für die drei Gruppen Frühaufsteher, Mittelgruppe, Spätaufsteher wurden zu folgenden Uhrzeiten Bestleistungen abgerufen:
- Frühaufsteher: Bestleistung um 12:11 Uhr plus-minus 1,43 Stunden
- Mittelgruppe: Bestleistung um 15:48 Uhr plus-minus 0,51 Stunden
- Spätaufsteher: Bestleistung um 19:39 Uhr plus-minus 0,67 Stunden
Finden Sie Ihre eigene Tagesbestzeit heraus
Uhrzeiten wie diese können Ihnen nur als Orientierung dienen, wann Sie wahrscheinlich auf einem Leistungshoch sind. Da jeder Mensch unterschiedlich ist und auf dem Spektrum zwischen Früh- und Spätaufsteher in den meisten Fällen nur tendenziell in die eine oder andere Richtung ausschlägt, müssen Sie selbst herausfinden, wann Ihre Tagesbestzeit ist.
Mitunter denken Sie vielleicht, dass Sie eher ein Frühaufsteher sind, liegen damit aber womöglich falsch. Denn nur da viele von uns früh am Morgen aufstehen und funktionieren müssen, bedeutet das nicht, dass unser Biorhythmus tatsächlich schon in Schwung ist. An das frühe Aufstehen können wir uns über die Jahre gewöhnen. Wie unser Biorhythmus aber aussieht, steht auf einem anderen Blatt. Daher gilt: Probieren Sie selbst aus, wann Sie körperlich am leistungsfähigsten sind.
Anzeichen, dass Ihr Biorhythmus in Schwung ist
Es gibt einen Unterschied zwischen funktionsfähig sein und leistungsfähig sein. Um einzugrenzen, wann Ihr Körper zur Höchstform aufläuft, behalten Sie folgende Aspekte im Blick:
- Bewegungen fallen leicht (keine steifen Glieder oder Verspanntheit)
- das Denken fällt leicht
- Entscheidungen werden ohne Schwierigkeiten getroffen
- Multitasking geht einfach von der Hand
- Reflexe und Aufmerksamkeit sind gut
- körperliche Leistung ist weniger anstrengend
All diese Punkte sind klare Anzeichen, dass der Stoffwechsel auf Hochtouren läuft. Die Muskeln und Nerven werden mit genügend Nährstoffen versorgt, um Leistung zu erbringen, das Gehirn ist jetzt definitiv im Wachzustand angekommen. Dieses Zeitfenster sollten Sie nutzen, um Ihre Workouts zu absolvieren!
So bringen Sie Ihren Stoffwechsel in Schwung
Sie kennen nun Ihr optimales Zeitfenster für das Training? Sehr gut. Doch leider kommt vielen von uns der Alltag ständig dazwischen. Viele Fitnessfans müssen daher auf Uhrzeiten ausweichen, die eigentlich nicht ihrem Biorhythmus entsprechen. Wer also früh am Morgen schon fit und belastbar sein muss, kann mit einigen natürlichen Tricks nachhelfen, den eigenen Rhythmus in Schwung zu bringen. Trinken Sie direkt nach dem Aufstehen ein großes Glas lauwarmes Wasser. Nach den vielen nächtlichen Stunden ohne Flüssigkeitszufuhr sehnt sich unser Körper nach Wasser. Danach sind Sie bestimmt schon etwas wacher. Auch Kaffee am Morgen hilft, Stoffwechsel und Verdauung anzukurbeln. Außerdem hilft frische Luft am Morgen, den Nebel aus dem Kopf und die Müdigkeit aus den Knochen zu vertreiben. Wer kann, sollte den Weg ins Fitnessstudio zu Fuß oder auf dem Rad zurücklegen. Übrigens: Kauen Sie zuckerfreie Kaugummis, das macht wach!