Mit Pillen gegen Schuldgefühle
Schuldgefühle sind sehr individuelle, soziale Emotionen. Wann und wie stark wir uns schuldig fühlen, hängt ganz eng mit unseren eigenen Wertevorstellungen, moralischen Überzeugungen und Ansprüchen an uns selbst ab. Es ist vor diesem Hintergrund nicht überraschend, dass sich einige Menschen selten schuldig fühlen, andere aber regelmäßig unter Schuldgefühlen leiden. Schuldgefühle entstehen aus negativen Bewertungen bestimmter Verhaltensweisen und sind völlig normale emotionale Reaktionen. Da Schuld immer mit Verhalten zu tun hat, treten Schuldgefühle auch normalerweise situativ auf. Typische körperliche Reaktionen bei Schuldgefühlen sind Hitzegefühl im Kopf, Erröten, depressive Stimmungen und körperliche Leiden wie Bauchschmerzen oder Verdauungsstörungen.
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Schuld ist also sehr komplex, höchst individuell und mitunter schwer zu greifen. Und genau diesen Bereich sozialer Emotion haben nun Forschende der Universität Basel genauer untersucht. Sie wollten herausfinden, ob sich Schuldgefühle durch die Verabreichung von Placebos verringern lassen.
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Und warum wollten Sie das? Schuldgefühle spielen auch eine wichtige Rolle bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen. Ständige Schuldgefühle können krank machen oder vorhandene psychische Leiden verstärken. Mitunter könnte es aus therapeutischer Sicht notwendig sein, die unangemessenen und irrationalen Schuldgefühle von Patienten und Patientinnen zu lindern.
So lief die Studie ab
Die Probanden des Experiments wurden gebeten, sich emotional in eine selbst erlebte Situation zurückzuversetzen, in der sie sich stark fehl verhielten. Es sollte dabei ein vergangenes Fehlverhalten erinnert werden, für das sich die Probanden immer noch aktiv schämten und schuldig fühlten. Um Schuldgefühle möglichst stark zu reaktivieren, mussten die Probanden ihre Erinnerungen bezüglich des Ereignisses aufschreiben.
Nun wurden drei Gruppen von den Forschenden gebildet. Probanden der ersten Gruppe erhielten ein vermeintliches Arzneimittel gegen Schuldgefühle. Dass dieses Mittel keinen Wirkstoff enthielt, also ein Placebo war, wussten die Probanden der ersten Gruppe nicht. Die zweite Gruppe erhielt dasselbe Placebo, wurde aber darüber informiert, dass es sich um ein wirkstofffreies Placebo handelte. Die Probanden der dritten Gruppe erhielten keine Behandlung.
Das Ergebnis: Die Forschenden stellten danach fest, dass sich Schuldgefühle bei allen Probanden, die Placebos erhielten, signifikant gegenüber Probanden der unbehandelten dritten Gruppe verbesserten.
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Was bedeuten die Forschungsergebnisse?
Aber was bedeuten diese Ergebnisse überhaupt? Dass Placebos Schuldgefühle lindern können? Eher nicht. Den Forschenden war die Erkenntnis viel wichtiger, dass Placebos auch dann zu wirken scheinen, wenn wir wissen, dass es Placebos sind. Damit bestätigt sich, dass es für erfolgreiche Behandlungen enorm wichtig ist, Patienten und Patientinnen über Wirkung und Wirkweisen von Medikamenten oder Placebos aufzuklären. Ein wichtiger Teil des Gesundungsprozesses scheint nämlich im Kopf ausgelöst zu werden.
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Dass Schuldgefühle scheinbar auch durch Placebos gelindert werden können, ist natürlich für die Depressionstherapie eine wertvolle Information. Inwiefern die Ergebnisse dieser skurrilen Studien aber klinisch und therapeutisch verwendet werden können, muss erst noch festgestellt werden.
Was tun bei Schuldgefühlen? Diese Tipps helfen
Schuld ist ein unangenehmes und sehr komplexes Gefühl. Wann und wie stark wir uns schuldig fühlen, hängt immer auch mit unseren eigenen, tiefsten Wertevorstellungen und Überzeugungen zusammen. Um Schuldgefühle aufzulösen, müssen wir uns quasi selbst therapieren. Dabei helfen folgende Tipps:
- Gehen Sie der Ursache der Schuldgefühle exakt auf den Grund
- Lernen Sie, sich selbst für begangene Fehler zu verzeihen
- Sprechen Sie mit anderen Menschen über Ihre Gefühle
- Betrachten Sie genau, ob Sie bestimmte Wertevorstellungen überdenken sollten
- Finden Sie heraus, ob Ihre Schuldgefühle nicht vielleicht auch durch manipulatives Verhalten anderer entstand
- Werden Sie großzügiger mit sich selbst