
1996 begann mit der Einführung der Wahlfreiheit für den Abschluss der Krankenversicherung eine neue Ära. Die 2015 von der Großen Koalition eingebrachte Novelle, den allgemeinen Beitragssatz für Krankenkassen von 15,5 % auf 14,6 % zu senken und zugleich den Krankenkassen die Erhebung eines Zusatzbeitrags zu gestatten, kurbelte den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen weiter an. Inwiefern können Versicherte von einem Anbieterwechsel profitieren und welche Bedingungen sind an den Wechsel der Krankenversicherung gebunden?
Ist es überhaupt sinnvoll, die Krankenversicherung zu wechseln?
Der Sinn eines Anbieterwechsels der Krankenversicherung liegt im Auge des Betrachters. Für die meisten Kunden, die zum Beispiel in die Berliner Krankenkasse wechseln, sind die Beitragskosten und der Umfang der angebotenen Leistungen entscheidende Gründe. Vor allem hinsichtlich der Zusatzleistungen können sich die einzelnen Krankenkassen erheblich voneinander unterscheiden und die Art der eigenen Erkrankung sowie der Bedarf an Hilfs- und Heilmittel sowie Haushaltshilfen, Rollatoren und Rampen für Rollstuhlfahrer können eine entscheidende Rolle beim Wechsel spielen.
Hinzu kommt, dass die einzelnen Krankenversicherungen unterschiedliche Leistungen bei der Bewilligung und Finanzierung langfristiger Heilkonzepte und Kuraufenthalte zur Wiederherstellung der Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Hierbei ist insbesondere das Portfolio möglicher Zusatzleistungen zu beachten. Nicht zuletzt kann von Interesse sein, wie offen sich die Krankenkasse zum Einsatz homöopathischer Heilmethoden verhält. Manche Krankenkassen bewilligen hier eine ganze Menge, während andere der Heilpflanzenkunde zutiefst skeptisch gegenüberstehen.
Vergleich der Leistungen
Beim Leistungsvergleich der Krankenkassen sind besonders chronische Erkrankungen von Bedeutung, für die es eine Reihe an Heilmethoden und Hilfen zur Lebensbewältigung gibt. Nicht alle diese Leistungen werden unentgeltlich angeboten. Mögliche Zusatzleistungen können folgende sein:
- Entspannungskurse
- alternative Medikamente
- erweiterte Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt
- Anspruch auf Haushaltshilfen
- Akupunktur
- Bewilligung von Seh- und Hörhilfen
- Sauerstofftherapie
- künstliche Befruchtung
- Hautkrebsscreening
- Osteopathie
- Anspruch auf Mutterschaftsgeld
- Chiropraktik
- keine Mehrkosten bei freier Krankenhauswahl
- Leistungen bei Zahnoperationen
Wahltarife
Seit 2007 dürfen Krankenkassen Wahltarife anbieten. Kunden müssen für den Tarif weniger bezahlen oder erhalten Prämien, wenn sie vereinbarte Verhaltensweisen an den Tag legen wie das grundsätzliche Erstaufsuchen des Hausarztes im Krankheitsfall oder die Teilnahme an strukturierten Behandlungsprogrammen. Andere Tarife bieten Vergünstigungen beim Verzicht auf bestimmte Leistungen oder belohnen, dass Patienten ein ganzes Jahr lang keinen Arzt aufsuchen. Die möglichen Wahltarife sind grundsätzlich vielfältig und es lohnt sich, sie zu studieren.
Wie wechselt man die Krankenversicherung?
In Deutschland können Kunden die Krankenkasse nach einer Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten wechseln, sofern die Bedingungen für das Sonderkündigungsrecht nicht greifen. Den Wechsel erleichtert eine Neuregelung des Bundes, die nur noch den Aufnahmeantrag bei einem neuen Anbieter, nicht aber mehr die Kündigung beim alten Anbieter erforderlich macht. Somit brauchen Kunden lediglich den gewünschten Neuanbieter auswählen und dieser kümmert sich um alle Formalien einschließlich der Kündigung beim Altanbieter.
Sonderkündigungsrecht
Krankenversicherte dürfen vor Ablauf der gesetzlich festgelegten zwölfmonatigen Mindestvertragslaufzeit den Anbieter bei einer Kündigungsfrist von zwei Monaten wechseln, wenn dieser erstmalig einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht. Voraussetzung für das Sonderkündigungsrecht ist die Inanspruchnahme bis zum Ende des Monats, in dem die Änderung in Kraft trat.
Kann man auch von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenkasse wechseln?
Zwar ist ein Wechsel von einer privaten Krankenversicherung zurück zur gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich möglich. Vor allem Kunden ab 55 Jahren stoßen beim Wechsel aber immer wieder auf Schwierigkeiten aufgrund einer mangelnden Aufnahmebereitschaft vonseiten der Pflichtversicherung. Treffen die folgenden Voraussetzungen allerdings zu, ist die gesetzliche Krankenversicherung zur Aufnahme gezwungen, wenn der Jahresverdienst unter die Jahresentgeltgrenze von 56.250 EUR fällt oder der Versicherte die Familienversicherung des Ehepartners beansprucht.
Wann sollte man die Krankenkasse nicht wechseln?
Ein Wechsel der Krankenkasse kann zu Problemen führen, wenn infolge einer chronischen Erkrankung bestimmte Leistungen wie Haushaltshilfen und Rehabilitationsmaßnahmen neu beantragt werden müssen. Wird vom Altanbieter Krankengeld oder Pflegegeld bezogen, muss auch dieses neu bewilligt werden, sodass es in diesen Fällen zu Verzögerungen kommen kann. Insbesondere bei alternativen und homöopathischen Heilmitteln, die von der vorherigen Krankenkasse bewilligt wurden, ist darauf zu achten, ob der Neuanbieter ebenfalls die Kostenübernahme für diese Medikamente übernimmt.