
Es tuckert, zieht oder hämmert – rund zwei Millionen Frauen in Deutschland kennen solche ersten Anzeichen der Migräne und ertragen sie – in der Hoffnung, dass es schnell vorbeigeht. „Doch aktuelle Studien zeigen, dass eine zu späte Einnahme von Schmerzmitteln die Attacke verlängert“, so Prof. Dr. Hartmut Göbel, Kopfschmerzexperte und Leiter der Schmerzklinik Kiel. Sobald der Schmerz sich anbahnt, sollten Betroffene zu einem geeigneten Schmerzdämpfer greifen. „Bei leichteren Attacken kommen Aspirin, Paracetamol oder Ibuprofen in Frage. Bei schwerer Migräne sind Triptane die Mittel der ersten Wahl.“ Bestimmte Verfahren helfen aber, Attacken von vornherein zu verhindern.
So unterscheiden sich die verschiedenen Kopfschmerztypen
Typisch Migräne
- Der Schmerz überfällt einen meist anfallartig
- Der Kopf schmerzt überwiegend halbseitig
- Der Schmerz pulsiert und pocht, mittel bis stark
- Bei körperlicher Belastung nimmt der Schmerz zu
- Manchmal Begleiterscheinungen wie Lichtblitze
Typisch Spannungskopfschmerz
- Der Schmerz beginnt oft mit Verspannungen in Schultern und Nacken
- Der Schmerz tritt beidseitig auf, umfasst wie ein Helm den ganzen Kopf
- Eher dumpfe und ziehende Schmerzen, leicht bis mäßig
- Bei Bewegung verstärkt sich der Schmerz nicht
- Keine Begleiterscheinungen
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Echte und falsche Migräneauslöser kennen
Früher glaubten Ärzte, dass bestimmte Nahrungsmittel Migräne auslösen. Zu diesen sogenannten Triggern zählten sie Schokolade, Zitrusfrüchte und Käse. Prof. Göbel: „Heute wissen wir, dass der Heißhunger z. B. nach Süßem schon zum Symptomenkomplex der Migräne gehört. Denn im Vorfeld der Migräne entsteht ein Energiedefizit in den Nervenzellen. Darum lechzt das Nervensystem nach hochkalorischen Nahrungsmitteln.
Starke Migränetrigger sind hingegen Stress, Unregelmäßigkeiten im Lebensrhythmus und das Auslassen von Mahlzeiten.“ Auch das fürs Auge kaum wahrnehmbare Flackern von PC-Bildschirmen kann eine Migräne-Attacke auslösen.
Übrigens: Selbst bei unerträglichen Schmerzen nimmt das Gehirn vermutlich keinen Schaden. Das hatten Mediziner zeitweise befürchtet. Wissenschaftler von der niederländischen Universität Leiden konnten in einer aktuellen Studie aber auch bei chronischer Migräne keine Ausfälle bei Gedächtnisleistung, Konzentration oder Aufmerksamkeit nachweisen.
Behandlungsmöglichkeiten bei Migräne
Die Migränespritze als neueste Behandlungsmöglichkeit
Bei der sogenannten Migränespritze handelt es sich um eine speziell für die Migräne entwickelte Therapie mit monoklonalen Antikörpern, die im Nervensystem den Überträgerstoff (calcitonin gene-related peptide) CGRP oder dessen Rezeptor binden. Die Antikörper verhindern die Schmerzweitergabe an das Gehirn. Diese Art der Therapie kann auch selbstständig im eigenen Zuhause einmal im Monat durchgeführt werden. Patienten können somit auf die tägliche Einnahme von Tabletten verzichten. Bei Patienten, die mindestens 15 Mal pro Monat an Kopfschmerzen leiden, von denen mindestens acht Tage auf Migräne zurückzuführen sind, übernimmt in der Regel die Krankenkasse die Kosten von 688 Euro. Die Erstbehandlung dauert sechs Monate. Danach können mit dem Arzt weitere Behandlungsmöglichkeiten besprochen werden.
Migräne mit der Kraft der Gedanken ausbremsen
Das kann Biofeedback, eine sanfte Methode mit einfachem Prinzip: Über Sensoren, die mit einem Computer verkabelt werden, sieht der Erkrankte auf dem Monitor z.B., wie hoch sein Hautwiderstand ist oder die Muskelspannung – und lernt, sie mithilfe der Gedanken bewusst zu senken. Mehr Infos auf www.dgbfb.de
Klarheit dank Kopfschmerz-App
Das Führen eines Kopfschmerz-Tagebuchs hilft, die typischen Auslöser und Zusammenhänge zu erkennen. Besonders leicht macht das eine App für Smartphones, ein medizinisches Mini-Programm, das Prof. Göbel mit seinem Team entwickelt hat. Mit „migraine“ können Betroffene den Verlauf der Kopfschmerzen aufzeichnen und auswerten. Hier bekommen Sie es kostenlos: für iPhones über iTunes, für Android auf migraine-app.schmerzklinik.de runterladen.
Signale wahrnehmen, Gefühle zeigen
Die Konkordanztherapie, ein speziell für Migräne-Patienten ent wickeltes Verhaltenstraining, hilft ebenfalls, die Körpersignale in schwierigen Situationen besser wahrzunehmen. Es lehrt, Gefühle zu zeigen, über Sorgen und Probleme zu sprechen, statt sie „in sich hineinzufressen“. Das senkt den Stresslevel.
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