Esssucht: Symptome und Therapie der Essstörung

Die Esssucht ist eine Essstörung, die durch unkontrollierte Essattacken charakterisiert wird und zu den psychischen Störungen zählt. Der Begriff Binge-Eating-Störung wird ebenfalls für die Esssucht verwendet.


In Kürze: Was Sie über Esssucht wissen müssen

  • Esssucht wird auch als Binge-Eating-Störung bezeichnet und ist eine psychische Erkrankung.
  • Betroffene verschlingen während Essattacken riesige Mengen meist ungesunder Lebensmittel und essen auch über das Sättigungsgefühl hinaus.
  • Esssucht ist eine der häufigsten Essstörungen und betrifft mehr Menschen als Bulimie oder Magersucht.
  • Zur Behandlung der Esssucht werden Verhaltenstherapie und Psychotherapie angewandt. Diäten spielen eine Rolle, um Übergewicht und Adipositas zu behandeln.

 

Was ist Esssucht?

Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist die Esssucht, oder Binge-Eating-Störung, die häufigste Essstörung in Deutschland. Junge Frauen sind besonders häufig von der Essstörung betroffen. Wer unter Esssucht leidet, erlebt regelmäßige Kontrollverluste und konsumiert große Mengen meist ungesunder Lebensmittel in kürzester Zeit. Solche Anfälle werden als Essattacken bezeichnet und haben mitunter verheerende Auswirkung auf die körperliche und psychische Gesundheit der Betroffenen.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geht davon aus, dass von 1.000 Mädchen und Frauen etwa 28 im Laufe ihrer Leben an Esssucht erkranken. Obwohl die Binge-Eating-Störung bei Jungen und Männern nicht so verbreitet ist wie bei Frauen, wird davon ausgegangen, dass etwa 10 von 1.000 Männern im Laufe ihrer Leben an der Esssucht erkranken.

Im Video: Betroffener spricht über seine Esssucht

Welche Essstörungen gibt es?

Essstörungen zeigen sich in vielfältigen Formen und Ausprägungen.© iStock/Natalia Kopyltsova

Die bekanntesten Essstörungen sind Magersucht, Bulimie und Esssucht (Binge-Eating-Störung). Obwohl Magersucht in der Gesellschaft wesentlich bekannter ist, zählt die Essstörung mit einer Lebenszeitprävalenz von 1,7 bis 3,6 Prozent bei den Frauen zu den eher selteneren Essstörungen. Durchschnittlich 2,6 Prozent der Frauen erkranken in ihrem Leben an Bulimie. Die häufigste Essstörung aber ist die Esssucht mit einer Lebenszeitprävalenz von 3,0 bis 3,6 Prozent unter den Frauen.

Essen als Sucht: Leben mit der Esssucht

Bei der Esssucht kommt es zu unkontrollierten Essattacken. Die Betroffenen verlieren die Kontrolle über die Nahrungsaufnahme und verschlingen in kürzester Zeit riesige Mengen Essen – meist sehr ungesunder Lebensmittel wie Fast Food. Industriell verarbeitete und sehr zuckerhaltige Lebensmittel werden während dieser Attacken bevorzugt vertilgt. Da durch die massenhafte Nahrungsaufnahme das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert wird, stellt sich bei den Betroffenen tatsächlich mit der Zeit ein Suchtverhalten ein.

Wurde längere Zeit kein Binge-Eating betrieben, können Betroffene an Stimmungsschwankungen und typischen Entzugserscheinungen leiden. Einen besonderen Stellenwert bei der Esssucht haben Fast-Food-Lebensmittel. Diese enthalten große Mengen zusätzlich zugefügten Zucker, der die Ausschüttung von Glückshormonen wie Dopamin bedingt. Wer an Esssucht erkrankt ist, versucht durch den Konsum von Lebensmitteln Glücksgefühle zu erreichen. Genau wie bei anderen Suchtformen benötigt der Körper aber immer mehr Suchtstoffe, um die notwendige Dopamin-Ausschüttung zu erreichen. Es entsteht auch bei der Esssucht-Störung dann ein Teufelskreis, bei dem immer mehr Nahrung während der Fressattacken konsumiert werden muss. Die Auswirkungen für Mensch und Körper sind mitunter verheerend. Es drohen Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Esssucht: Symptome der Erkrankung

1. Wiederholte, regelmäßige Essanfälle

Charakteristisch für die Esssucht-Störung sind Essanfälle. Solche Fressattacken finden mindesten einmal wöchentlich statt und treten in einem Zeitraum von mindestens drei Monaten auf. Diese Episoden der übermäßigen Nahrungsaufnahme sind gekennzeichnet von starkem Kontrollverlust während des Essens. Dabei nimmt vor allem das Tempo der Nahrungsaufnahme stark zu. Betroffene Menschen verschlingen ihr Essen geradezu. Auch die Menge der vertilgten Nahrung ist sehr groß. Infolge der übermäßigen und rasanten Nahrungsaufnahme treten unangenehme Völlegefühle schnell ein. Hunger spielt während der Essanfälle nicht immer eine Rolle. Esssüchtige verschlingen auch dann riesige Nahrungsmengen, wenn sie gar nicht hungrig sind.

2.Psychischer Leidensdruck

Die Binge-Eating-Essstörung ist eine psychische Erkrankung. Mit ihr geht auch enormer psychischer Leidensdruck einher. Im Anschluss an Essanfälle spüren betroffene Menschen sehr oft starke Scham und Ekelgefühle. Auch Depressionen und Schuldgefühle können entstehen. Sie sind sich über das gestörte Essverhalten bewusst und leiden unter den psychischen Auswirkungen enorm. Aus Verlegenheit und Scham findet die übermäßige Nahrungsaufnahme in der Regel auch im Privaten statt. Mitmenschen, Familienmitglieder und enge Freunde ahnen mitunter nichts von den unkontrollierten Essanfällen der Betroffenen.

3. Starkes Übergewichtig

Ein begleitendes Symptom und/oder eine Folgeerscheinung der Esssucht ist Übergewicht bis hin zur Adipositas. Etwa 40 Prozent der Betroffenen sind stark übergewichtig. Übergewicht ist ein wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung von Diabetes Typ 2 und kardiovaskulären Erkrankungen. Bluthochdruck, Arterienverkalkung, Herzinfarkte oder Schlaganfälle können die Folge von Adipositas sein. Übergewicht hat außerdem negative Auswirkungen auf die Gelenk- und Knochengesundheit.

Auch spannend: Meiden Sie diese Lebensmittel bei Bluthochdruck > >

Diagnose der Esssucht

Das gestörte Essverhalten beim Binge-Eating ist vor allem durch Kontrollverlust gekennzeichnet. Bei der Diagnose der Essstörung spielt aber auch eine Rolle, welche weiteren Verhaltensweisen beim oder nach dem Essen auftreten.

  • Wird während einer Essattacke bedeutend schneller als gewöhnlich gegessen?
  • Treten Scham- und Ekelgefühle nach dem Essen auf?
  • Wird auch über das Völlegefühl hinaus weitergegessen?
  • Finden die Essattacken auch statt, wenn kein Hungergefühl besteht?
  • Wird das Binge-Eating vor allem alleine ausgelebt?

Können Betroffene in Therapiegesprächen mit Ärzten und Ärztinnen mindestens drei dieser Fragen mit "ja" beantworten, könnte die Diagnose einer Binge-Eating-Störung naheliegen.

Bitte beachten: Dieser Artikel dient nicht zur Selbstdiagnose und ersetzt weder ärztlichen Rat noch professionelle Expertise. Wenn Sie vermuten, unter einer Essstörung wie Bulimie, Magersucht oder Esssucht zu leiden, gehen Sie zu einem Arzt oder einer Ärztin.

Ursachen der Binge-Eating-Essstörung

Einen expliziten Auslöser für die Esssucht gibt es nicht. In der Forschung wurden aber mehrere Risikofaktoren für die Entstehung der Binge-Eating-Essstörung ausfindig gemacht. So spielt Übergewicht in der Kindheit eine Rolle bei der möglichen Entstehung späterer Essstörungen im Erwachsenenalter. Auch eine generelle Anfälligkeit für psychische Erkrankungen gilt als Risikofaktor. Ursachen für Esssucht können auch in der Erziehung gefunden werden. Einige Betroffene der Essstörung erlebten während der Kindheit etwa sehr strenge elterliche Ernährungspraktiken. Fällt diese elterliche Kontrollinstanz im Erwachsenenalter weg, können gestörte Essverhalten entstehen.

Als Auslöser und unmittelbare Ursache für die unkontrollierten Essanfälle von Esssüchtigen wird übrigens Stress angenommen. Da während der Fressattacken Dopamin ausgeschüttet wird, lernt der Körper von Esssüchtigen, Stress und negative Gefühle mit der übermäßigen Nahrungsaufnahme zu beheben. Stress kann dann also unmittelbar Essanfälle auslösen.

Mehr erfahren: Diese Lebensmittel helfen gegen Stress > >

Esssucht: Therapie und Behandlung

Esssucht ist eine psychische Störung. Esssucht-Therapien und Behandlungen finden in der Regel in Form von Verhaltenstherapien statt. Ob diese Therapie in einem überwachten stationären Umfeld oder ambulant geschieht, hängt vom individuellen Fall ab. Ist die Esssucht stark ausgeprägt und hat besonders negative körperliche und psychische Auswirkungen wie Depressionen und extremes Übergewicht, kann eine stationäre Esssucht-Behandlung sinnvoll sein. Betroffene werden dann über mehrere Wochen oder Monate in einer Klinik behandelt. Ambulante Esssucht-Therapien kommen für Betroffene infrage, die körperlich und psychisch noch nicht stark unter der Essstörung leiden.

Bei der Esssucht-Therapie findet zunächst Aufklärung statt. Betroffene müssen das Krankheitsbild verstehen lernen. Sie müssen sich außerdem darüber bewusst werden, dass es sich bei der Krankheit um eine psychische Störung handelt, für deren Entstehung sie nicht verantwortlich sind. Dies kann helfen, falsche Schuld- und Schamgefühle zu vermeiden. Während der Therapie lernen Esssüchtige auch neue Ernährungsgewohnheiten, die ihnen wieder mehr Kontrolle über die Nahrungsaufnahme geben können.

Während der Esssucht-Therapie werden auch Strategien entwickelt und verinnerlicht, die helfen, ein positives Körpergefühl zu entwickeln und negative Gedankenspiralen aufzubrechen. Das Erlernen einer gesunden und ausgewogenen Ernährung ist für Betroffene besonders wichtig. Sie erhalten bei der Behandlung daher in der Regel auch Unterstützung von Ernährungsexperten, die mit hilfreichen Ratschlägen, einfachen Rezepten für den Alltag und Wissen über den Nährstoffgehalt von gesunden Lebensmitteln zur Seite stehen.

Gleich weiterlesen: Diese Rezepte sind gesund und gehen schnell > >

Diäten bei Esssucht?

Während der Esssucht-Therapie spielen Diäten auch eine wichtige Rolle. Abhängig vom jeweiligen Fall kann es entscheidend für die Gesundheit der Betroffenen sein, schnellstmöglich einen Gewichtsverlust einzuleiten. Adipositas kann durch Sport, regelmäßige Bewegung und eine Ernährungsumstellung behandelt werden. Mitunter spielen auch Medikamente eine Rolle. In letzter Zeit kommen immer wieder Abnehmspritzen ins Gespräch, die bei schwerer Adipositas helfen können.

Diäten kommen als alleinige Therapie bei Esssucht allerdings nur selten infrage. Zwar können die körperlichen Symptome der Esssucht durch Diäten behandelt werden, die zugrundeliegende Verhaltensstörung mit psychischen Ursachen bleibt aber bestehen. Studien zeigten etwa, dass Therapien zur Reduktion des Gewichts bei Esssucht und Binge-Eating-Störungen nicht so effektiv seien wie Psychotherapie und Verhaltenstherapie.