Die Seele wohnt mit

Wie wir uns einrichten, verrät viel über uns. Umgekehrt gilt: Die Einrichtung beeinflusst unsere Psyche. Was wir brauchen, um uns zu Hause wohlzufühlen, sagen verschiedene Frauen und Expertinnen.

Zusammen Wohnen

Tür zu, Schuhe aus und ankommen. Zu Hause! Kaum ein Ort auf der Welt bedeutet uns mehr. Hier dürfen wir sein, wie wir sind. Hier dürfen wir machen, was wir wollen, ohne bewertet zu werden. Es heißt nicht ohne Grund: Das Zuhause ist die dritte Haut. Unsere Seele füllt die Wohnung erst mit Geschichte. „Wir selbst sind das Haus oder die Wohnung“, sagt die Architektin Katja Heinen. Umso wichtiger ist, wie wir wohnen. Tut es uns gut? Was können wir verbessern?

Welche Wirkung eine Wohnung auf die Seele hat und wie wir mit geschickter Einrichtung unser Wohlbefinden optimieren können – das analysiert die Wohnpsychologie. Einrichtungsexperten mit Architekturstudium, Psychologen mit einer Weiterbildung im Designbereich oder Feng-Shui-Berater nehmen sich der Sorgen der Menschen an, die verzweifelt in ihren kahlen und kühlen Räumen vor riesigen Fensterfronten mit sensationellem Ausblick stehen und sich wundern, warum sich der Wohntraum als Albtraum entpuppt hat. Warum die Sonntagabend-Tradition des „Tatort“-Gucken ihnen plötzlich so seelenlos erscheint, obwohl doch das nagelneue weiße Rolf-Benz-Ledersofa im frisch mit Laminat ausgelegten Wohnzimmer steht.

Manche Menschen spüren von vornherein, welcher Möbelstil ihnen nicht guttut, und entscheiden sich intuitiv für das Richtige. Gegen den Wohnkatalog und die Abbildung im Trendmagazin. Gegen das, was die Werbung der Masse verspricht. Gegen das, was sich die Nachbarn vielleicht gekauft haben. Für das Eigene. Für Geborgenheit. „Allen, die das allein nicht schaffen, geben wir gerne Hilfestellung“, sagt die Wohnexpertin Katja Heinen.

Ein Test aus der Apotheke

Lautsprecher

Bewohnern offener Häuser mit Blick aufs Meer, lichtdurchfluteter Altbauwohnungen mit vielen Rückzugsnischen oder verwunschener Romantik-Holzhäuschen sei an dieser Stelle gratuliert. Sie haben ihrer Seele Platz gegeben und das gefunden, wonach ihr Innerstes gesucht hat. Dieses Glück wird nicht jedem zuteil. Die meisten müssen sich mit ihrer Wohnsituation arrangieren und auf ihre Seele aufpassen. So können beengte Wohnungen ihre Bewohner stressen, weil sie dem individuellen Bedürfnis nach Freiraum nicht gerecht werden. Und sogar im neuen Architektenhaus können die Menschen krank werden, weil die überdimensionierten Fenster das innere Alarmsystem ständig in Bereitschaft versetzen.

Die Wohnpsychologie geht von der Grundannahme aus, dass die Wohnung Einfluss auf unsere Seele nimmt, umgekehrt aber auch unsere Seele die Wohnung prägt. Kaum etwas sagt mehr über uns aus als die Art, wie wir uns einrichten. Ob die Farbe der Wände weiß, blau oder orange sein wird, das überlassen die Wohnberater am Ende ihren Kunden. „Aber wir zeigen ihnen, wie es aussehen würde, wenn der ganze Raum orange gestrichen wird. Ich lade sie ein, ihr neues Wohnzimmer in Gedanken zu betreten und Platz zu nehmen. Wie fühlt es sich an?“ Ist der Raum mein Freund oder mein Feind? Denn wie Farben uns beeinflussen, hängt meist von der Lebenssituation ab, in der wir uns gerade befinden. Rot wirkt vitalisierend, jemand anderer kann es aber als Alarmzeichen wahrnehmen. Was der eine unmöglich findet, birgt für den anderen das große Glück. Der eine schafft sich Gemütlichkeit mit Möbeln aus Naturmaterialien, der andere durch gelbe Wände. Ziel der Wohnpsychologie ist das Wohlfühlen. Und das ist ebenso individuell wie der Geschmack bei Kleidung oder Essen.

Wohnpsychologen sind sich daher einig: Das Zuhause neu zu gestalten heißt, Seelenarbeit zu leisten – Klarheit zu schaffen. Gerade kleine und dunkle Wohnungen lassen sich mit geringem Aufwand und einfachen Mitteln freundlicher gestalten. Ein Beispiel: Volle Zimmer gewinnen enorm an Raum und Ruhe, wenn der Blick beim Betreten als Erstes auf eine Situation gelenkt wird, die Ruhe ausstrahlt – der Lesesessel, das Bett, nicht aber das Bücherregal. Die Couch schaut besser in Richtung Fenster statt in Richtung Schrankwand. Mit solchen kleinen Änderungen lässt sich schon viel erreichen. Noch ein Beispiel: Ein Farbmix verursacht Unruhe, harmonischer sieht es aus, wenn man Nuancen aus einer Farbfamilie wählt. Und fehlt es den Räumen an Tageslicht, sollte es keinesfalls nur durch Deckenlicht oder Fluter ersetzt werden. Stattdessen schafft indirekte Beleuchtung eine schöne Stimmung. Aber vor allem nach dem Umstellen und Streichen nicht vergessen: aufs Sofa fallen lassen und prüfen, ob die Seele angekommen ist – im eigenen Zuhause.