Depressionen in den Wechseljahren: Was jetzt hilft

Früher oder später kommt jede Frau in die Wechseljahre: Eine Lebensphase voller Veränderungen, die auch die Psyche gerne mal aus dem Gleichgewicht bringt. Schließlich spielen die Hormone verrückt, der Körper verändert sich und Hitzewallungen sind an der Tagesordnung. Doch was genau sind die Anzeichen und Ursachen für Depressionen in den Wechseljahren bei Frauen – und was können sie dagegen tun? Dieser Artikel liefert Antworten!

Die Wechseljahre, im Fachjargon auch als Klimakterium bezeichnet, treten im Leben einer Frau meist zwischen 45 und 55 Jahren auf. Im Schnitt haben Frauen ihre sogenannte Menopause – also ihre letzte Regelblutung – mit 51 Jahren. 

Depressionen in den Wechseljahren: Was hilft?

Wie kann man Depressionen in den Wechseljahren behandeln? Lesen Sie hier mehr über Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Dieser Artikel ersetzt keinen Besuch bei einem Facharzt. Für eine medizinische, therapeutische oder psychiatrische Beratung und Behandlung wenden Sie sich bitte an einen ausgewiesenen Experten. 

Bei einem Verdacht auf Depressionen kann beispielsweise Ihr Hausarzt als erste Anlaufstelle dienen. Er oder sie kann Ihre Lage einschätzen und Sie gegebenenfalls weitervermitteln. Darüber hinaus stehen Ihnen Krisendienste, Beratungsstellen und Zentren für seelische Frauengesundheit in dieser durchwachsenen Lebensphase zur Seite. Zusätzlich können Sie sich einer Vertrauensperson aus Ihrem Umfeld anvertrauen, lokale Selbsthilfegruppe und Online-Foren besuchen oder eine telefonische Beratung in Anspruch nehmen. All das kann Ihnen dabei helfen, Ängste in der Menopause zu lindern und Ihre Stimmung verbessern.

Die richtige Therapie finden

Ob es sich bei Ihren Beschwerden tatsächlich um eine Depression handelt, die man entsprechend behandeln sollte, kann nur ein Arzt oder eine Ärztin kann einschätzen. Die Fachleute kennen die Symptome und können beurteilen, ob eine Depression im Zusammenhang mit den Wechseljahren steht. Von Selbstdiagnosen ist in jedem Fall abzuraten. Liegt eine Diagnose vor, kommen verschiedene Therapiemöglichkeiten in Betracht. Dazu zählen unter anderem:

  • Die Gabe von Antidepressiva
  • Die Durchführung einer sogenannten Hormonersatztherapie (HRT), insbesondere bei Depressionen ausgelöst durch starke Hormonschwankungen
  • Psychotherapeutische Gespräche

Hinweis: In besonders schweren Fällen kann zudem die Einweisung in eine Psychiatrie sinnvoll sein.

In weniger schweren Fällen können pflanzliche Präparate von Heilpflanzen wie Johanniskraut, Baldrian oder Melisse helfen. Darüber hinaus kann eine gesunde Ernährung und Sport, zum Beispiel Schwimmen oder Fahrradfahren, positive Effekte auf Ihre Beschwerden haben.

Unterstützend zu einer Therapie können Schüssler-Salze oder der Besuch bei einer Heilpraktikerin positive Wirkungen gegen Ängste und die Stimmungsschwankungen mit sich bringen.

Wichtig: Ihr Arzt oder Ihre Ärztin berät Sie ausführlich in einem persönlichen Gespräch – gemeinsam finden Sie die passende Therapie gegen Ihre Beschwerden.

Phasen in den Wechseljahren 

Im Wesentlichen lässt sich dieser Lebensabschnitt bei Frauen in drei Phasen unterteilen: Perimenopause, Menopause und Postmenopause. Forschende sind sich uneinig, wie lange das Klimakterium dauert. Die wissenschaftliche Literatur nennt Zeiträume von sechs Monaten bis hin zu 13 Jahren.

An anderen Anzeichen können sie auch die Menopause erkennen >>

Der Wechsel von der reproduktiven hin zur postmenopausalen Phase ist für betroffene Frauen nicht immer leicht: Durch die körperlichen Veränderungen verlieren sie ihre Fruchtbarkeit und können keine Kinder mehr bekommen. Vor allem die hormonellen Umstellungen im Körper können Stimmungsschwankungen auslösen und zu seelischen Beschwerden sowie einem Gefühl der Überforderung führen. 

Welche Anzeichen können auf Depressionen in den Wechseljahren hindeuten?

Sie durchlaufen die Wechseljahre und fühlen sich niedergeschlagen, unwohl oder traurig? Bis zu einem gewissen Grad sind Wechseljahresbeschwerden – wie etwa Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen, Reizbarkeit oder Schlafstörungen – normal. Ihre Psyche und Ihr Körper müssen sich an die Veränderungen gewöhnen und die Hormone zur Ruhe kommen. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, vielleicht ziehen die Kinder aus und der Job ist aufgrund des sinkenden Energielevels anstrengender als je zuvor. All das kann zu einer emotionalen und körperlichen Niedergeschlagenheit führen. 

Jedoch: Manchmal können sich depressive Verstimmungen bis hin zu handfesten Depressionen entwickeln, oft ausgelöst durch die hormonelle Achterbahnfahrt während der Wechseljahre. Insbesondere das Hormon Östrogen fällt drastisch ab, was zu erheblichen psychischen Beschwerden führen kann. 

Sie vermuten, betroffen zu sein? Folgende Symptome können auf Depressionen in den Wechseljahren hindeuten:

  • Ihre Stimmung ist schlecht und Sie sind leicht reizbar
  • Sie haben kaum Appetit
  • Sie fühlen sich antriebslos und demotiviert
  • Sie haben Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
  • Sie fühlen sich erschöpft, abgeschlagen und schwach
  • Sie sind eher pessimistisch eingestellt
  • Sie leiden unter Schlafstörungen 
  • Sie haben starke Hitzewallungen
  • Ihre Verdauung ist gestört
  • Sie haben keine oder kaum noch Lust auf Sex und Intimität
  • Sie werden von Zukunftsängsten und Hoffnungslosigkeit geplagt

Im Video: Symptome eines Östrogenmangels

Was können die Ursachen sein? 

Das Klimakterium fordert Frauen psychisch und physisch heraus. Neben dem heftigen Abfall von Östrogen gibt es noch weitere Ursachen, die depressive Verstimmungen und Depressionen auslösen können – vornehmlich im Zusammenspiel. Dazu zählt unter anderem Stress, Ängste, Stoffwechselstörungen, ein Mangel an Serotonin. Auch zwischenmenschliche Konflikte, bestimmte Medikamente und Umwelteinflüsse sowie genetische Dispositionen und neuronale Störungen.

Hinweis: Vornehmlich die psychosozialen Belastungen in der Menopause sind nicht zu unterschätzen: Neben den üblichen Wechseljahresbeschwerden werden Frauen mit ihrer eintretenden Unfruchtbarkeit konfrontiert. Hinzu kommen Ängste bezüglich des Alterns sowie der vermeintlich sinkenden Attraktivität und Sexualität. Teilweise erschweren die Pflege von den eigenen Eltern – oder deren Tod – den Alltag massiv. Zusätzlich kann eine Verschlechterung der eigenen körperlichen Gesundheit eintreten oder Verlust des Partners die Depressionen in den Wechseljahren begünstigen.

Wie lange dauert eine Depression in den Wechseljahren?

Die Dauer der Erkrankung ist immer von Person zu Person unterschiedlich. Ein Zeitraum von vier Wochen bis sechs Monaten ist keine Seltenheit. Die meisten Depressionen in den Wechseljahren beginnen in der Perimenopause, also in der Zeit, bevor die Menstruation ganz aufhört. In dieser Zeit kommt es zu starken Schwankungen der Hormonspiegel, die zu Stimmungsschwankungen und anderen Beschwerden führen können.

Großen Einfluss auf die Dauer hat die psychotherapeutische Behandlung. Eine depressive Episode kann sogar bis zu einem Jahr und länger dauern. Scheuen Sie sich nicht, Hilfe zu suchen.

Werden Depressionen in den Wechseljahren schlimmer?

Ja, in den Wechseljahren kann es bei manchen Frauen zu einer Verschlechterung von Depressionssymptomen kommen. Die hormonellen Veränderungen während dieser Phase können sich auf die Stimmung auswirken. Es ist wichtig, diese Symptome ernst zu nehmen und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um eine angemessene Unterstützung und Behandlung zu erhalten.

Körperliche Aktivität kann depressive Symptome in den Wechseljahren lindern

Eine finnische Studie hat gezeigt, dass Frauen in den Wechseljahren ein erhöhtes Risiko für depressive Symptome haben. Die Forscher fanden heraus, dass postmenopausale Frauen im Durchschnitt mehr depressive Symptome zeigten als peri- oder prämenopausale Frauen.

Körperliche Aktivität kann jedoch dazu beitragen, diese Symptome zu lindern. In der Studie hatten körperlich aktive Frauen geringere depressive Symptome und waren im Vergleich zu inaktiven Frauen zufriedener mit dem Leben.

Die Forscher vermuten, dass körperliche Aktivität die Produktion von Glückshormonen wie Serotonin und Dopamin fördert. Diese Hormone können dazu beitragen, Stimmung, Energie und Wohlbefinden zu verbessern.

Die Studie deutet darauf hin, dass Frauen in den Wechseljahren von körperlicher Aktivität profitieren können. Regelmäßige Bewegung kann dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Wechseljahre auf die Psyche zu minimieren.

Test zu Depressionen in den Wechseljahren 

Sie vermuten, betroffen zu sein? Ein Selbsttest kann Ihnen erste Hinweise liefern. Bedenken Sie jedoch: Dieser Test ersetzt keine Diagnose! 

Globuli bei schlechter Stimmung in der Menopause? 

Globuli sind Arzneimittel aus dem Fachgebiet der Homöopathie – einer pseudowissenschaftlichen Behandlungsmethode der Alternativmedizin. Gegen depressive Verstimmungen und Depressionen führt die Homöopathie unter anderem Aurum, Cimicifuga, Ginseng und Hypericum als effektive Helfer auf.

Hinweis: Homöopathische Arzneimittel sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers anregen. Die generelle Wirkung von Mitteln aus dem Bereich der Homöopathie ist umstritten – auch jene gegen die Symptome und Beschwerden einer Depression und Wechseljahrsbeschwerden. 

Interview mit Prof. Dr. Mazda Adli, Psychiater und Stressforscher

Vital.de: Wie häufig sind Depressionen während der Wechseljahre?

Prof. Dr. Mazda Adli: Frauen durchlaufen im Laufe ihres Lebens einige Perioden von besonderen hormonellen Schwankungen, die auch mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für depressive Symptome, aber auch depressiven Erkrankungen einhergehen. Dazu gehören der sogenannte Baby-Blues, der bei 50-80 % aller Frauen in den ersten Tagen nach der Entbindung auftritt, die Wochenbettdepression (bei etwa 10 % im ersten Jahr nach Entbindung) oder eben die Wechseljahre, in denen das Depressionsrisiko um etwa das doppelte ansteigt. In diesen Episoden finden viele biologische Veränderungen statt, oft aber auch soziale Veränderungen in den Lebensumständen, die dabei eine Rolle spielen können. Und Depression kann sowohl eine biologische Reaktion als auch eine Reaktion auf Veränderungsstress sein.

Vital.de: Gibt es bestimmte Risikofaktoren, die Frauen anfälliger machen?

Prof. Dr. Mazda Adli: Es gibt Frauen, die besonders sensitiv auf hormonelle Schwankungen reagieren, man spricht dann von einem „hormonsensitiven Subtyp der Depression“. Diese Untergruppe von hormonsensitiven Frauen ist anfälliger für eine Depression in den Wechseljahren. Frauen tragen aber auch grundsätzlich ein deutlich höheres Depressionsrisiko als Männer: Jede vierte Frau (aber nur jeder achte Mann) erkrankt mindestens einmal im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Hier spielen natürlich hormonelle und genetische Faktoren eine Rolle. Aber auch psychische Belastungen. Frauen sind biografisch im Durchschnitt mehr Stress und belastenden, zuweilen auch traumatischen, Erlebnissen ausgesetzt. Wer schon vor den Wechseljahren unter perimenstruellen Problemen wie einem PMDS gelitten hat, hat ein höheres Risiko in der Menopause an einer Depression zu erkranken.

Vital.de: Welche Symptome treten bei Depressionen in den Wechseljahren auf?

Prof. Dr. Mazda Adli: Die Symptome reichen von Stimmungsschwankungen, Niedergeschlagenheit, vermindertem Selbstwertgefühl, innerer Unruhe, Erschöpftheit über Angst bis hin zu Libido-Minderung, Schlafstörungen und Reizbarkeit. Diese Symptome können auch zu den Symptomen der Menopause selbst gehören. Das ist dann mitunter schwer zu unterscheiden. Menopausale Symptome sind eher fluktuierend, während die einer „echten“ Depression eher anhaltend sind.

Vital.de: Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen Frauen mit Depressionen in den Wechseljahren zur Verfügung?

Prof. Dr. Mazda Adli: Am einfachsten umsetzbar sind Lifestyle-Maßnahmen wie selbst fürsorgliches Verhalten, körperliche Aktivität und eine gute Tagesstruktur. Frauen, die unter Depressionen in der Menopause leiden, sollten durch eine geeignete Psychotherapie unterstützt werden. Bei ausgeprägten depressiven Symptomen kann die Behandlung mit Antidepressiva sinnvoll sein. 

Vital.de: Wie behandelt man Patientinnen behandelt, die als austherapiert gelten?

Prof. Dr. Mazda Adli: Bei einer Depression kann man nicht von „austherapiert“ sprechen; eine Depression bleibt eine gut behandelbare Erkrankung, auch wenn sie mal hartnäckig verläuft. Rund die Hälfte der Betroffenen spricht auf das erste Antidepressivum nicht gleich an. Generell gilt: Die Behandlung einer Depression erfordert Zeit, manchmal auch „einen langen Atem“. Aber sie ist am Ende erfolgreich. Gehirn und Psyche sind einfach langsam reagierende Bereiche unseres Körpers.  

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Unser Experte Prof. Dr. Mazda Adli
Prof. Dr. Mazda Adli

In seiner klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeit widmet sich Prof. Dr. Mazda Adli der Entstehung, Therapie und Prävention Affektiver Störungen. Er ist Chefarzt der Fliedner Klinik Berlin und leitet an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte, den Forschungsbereich „Affektive Erkrankungen“.

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