
Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des Zentralen Nervensystems, bei der Immunzellen körpereigenes Gewebe angreifen. Infolgedessen bilden sich Entzündungsherde im Gehirn und im Rückenmark. Letztlich verursacht MS eine Schädigung der Nerven, vor allem der Ummantelung der Nervenfasern, wodurch die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen beeinträchtigt wird, was zu den typischen Beschwerden wie Seh- und Sprechstörungen, spastischen Lähmungen und motorischen Störungen führt. Betroffene leiden zudem unter Schmerzen und Fatigue (Erschöpfung).
Entgegen landläufiger Meinung ist Multiple Sklerose weder eine tödliche Krankheit, noch muss sie zwangsläufig schwere Behinderungen oder gar ein Leben im Rollstuhl bedeuten. MS ist, Stand heute, zwar nicht heilbar, lässt sich jedoch dank moderner Therapien gut behandeln. Immunmodulierende oder immunsupprimierende Medikamente können beschwerdefreie Phasen verlängern, während bei akuten Schüben eine Cortison-Stoß-Therapie eingesetzt wird, um die Entzündungsreaktionen zu bekämpfen. Mit Sport und Bewegung lassen sich zudem mehrere für MS typische Beschwerden lindern: Sport stärkt die Muskulatur, verbessert die Koordination und reduziert die chronische Müdigkeit. Je nach Art der Multiple Sklerose Symptome kommen zudem Medikamente wie Analgetika (Schmerzmittel) und Antikonvulsiva/Antiepileptika zum Einsatz.

Warum Bewegung bei MS so wichtig ist
Von Bewegung und Sport profitieren an MS Erkrankte in noch höherem Maße als Gesunde. Dies liegt daran, dass die körperliche Betätigung sich sowohl positiv auf den gesamten Organismus auswirkt als auch konkrete Multiple Sklerose Symptome lindern kann. Nicht nur wird die Wirksamkeit sporttherapeutischer Maßnahmen durch zahlreiche Untersuchungen bestätigt, sondern neuere Studien legen auch nahe, dass Sport sogar direkt im Zentralen Nervensystem antiinflammatorisch wirken könnte – also dort, wo sich die MS-Entzündungsherde befinden.
Klar ist: Muskeltraining verbessert die allgemeine Fitness und Leistungsfähigkeit, was auch dem Gehirn zugutekommt. Durch den gesamten Körper wird mehr Blut gepumpt, sodass das Gehirn ebenfalls stärker durchblutet, dadurch besser mit Sauerstoff versorgt und infolgedessen leistungsfähiger wird. Sport trainiert Koordination und Körperbeherrschung und wirkt damit MS-Symptomen wie Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen entgegen. Muskelaufbau führt zu größerer Kraft – dies unterstützt die Verbesserung der durch Spastik, Schwäche und Lähmungen eingeschränkten Mobilität. Auch die von vielen MS-Patienten als überaus belastend erlebte chronische Erschöpfung wird durch die mittels sportlicher Betätigung erzielte Verbesserung der körperlichen Fitness positiv beeinflusst. So kann regelmäßiger Sport in gewisser Weise die durch Multiple Sklerose verursachten Einschränkungen ausgleichen oder abmildern.
Auch die allgemeinen Benefits regelmäßiger sportlicher Betätigung sind nicht zu vernachlässigen: Insbesondere auf das Herz-Kreislauf-System hat Sport deutliche positive Effekte, indem er die Blutgefäße weitet und den Herzmuskel kräftigt, was langfristig den Blutdruck senkt und so Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall vorbeugen hilft. Auch erhöhte Cholesterinwerte lassen sich mit sportlicher Aktivität positiv beeinflussen. Außerdem kann Sport dazu beitragen, Übergewicht vorzubeugen und zu reduzieren, indem die Fettverbrennung gesteigert und Körperfett in Muskelmasse umgewandelt wird. Dadurch kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Gelenkerkrankungen und Rückenschmerzen vorgebeugt beziehungsweise die durch diese Krankheiten verursachten Beschwerden gelindert werden. Last but not least sind Sport und Bewegung, vor allem an der frischen Luft und/oder in der Gruppe, eine fantastische Prophylaxe bei psychischen Erkrankungen, insbesondere Depressionen. Von MS Betroffene können so mit Sport ihre allgemeine physische und psychische Gesundheit stärken, um keine weiteren Erkrankungen entstehen zu lassen.
Sport-Empfehlungen für Menschen mit MS
Welche Sportart am besten geeignet ist, hängt natürlich in erster Linie von den persönlichen Vorlieben ab. War man bereits vor der Diagnose Multiple Sklerose sportlich aktiv, spricht nichts dagegen, den Lieblingssport weiterzubetreiben – so ambitioniert, wie man möchte. Leistungssportler müssen gegebenenfalls während eines akuten MS-Schubs vorübergehend kürzertreten: Hier ist eine Anpassung des Trainingsplans, am besten in Absprache sowohl mit einem Sportmediziner als auch mit dem behandelnden Neurologen und/oder Hausarzt, zu empfehlen. Und wer bis dato wenig oder keinen Sport betrieben hat, kann aus den oben genannten Gründen gerade wegen der MS-Erkrankung in besonderem Maße von Sport profitieren.
Als ideale sportliche Betätigung gilt bei Multipler Sklerose eine Mischung aus mehreren unterschiedlichen Bewegungs- und Sportarten, damit Kraft und Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination gleichermaßen gefördert werden. Empfohlen werden etwa Ausdauersportarten wie Joggen, (Nordic) Walking und Wandern/Gehen; außerdem Yoga, Tai-Chi und Pilates, welche alle Beweglichkeit und Gleichgewicht trainieren, sowie Ballsport und Tanzen: Dabei wird die Koordination von Bewegungsabläufen verbessert, gleichzeitig sorgt die soziale Interaktion beim Teamsport für Spaß und Freude. Mit (angepasstem) Krafttraining kann man gezielt Muskelgruppen stärken, die durch MS-Beschwerden beeinträchtigt sind, etwa die Beine.
Gut zu wissen: Durch den Anstieg der Körpertemperatur bei intensiverem Training kann es kurzfristig zu einer vorübergehenden Verschlechterung der neurologischen Symptome der MS kommen. Auch bei erhöhter Körpertemperatur aufgrund von heißen Bädern, einem Saunabesuch oder hoher Lufttemperatur im Sommer kann sich das sogenannte Uhthoff-Phänomen zeigen. Diese Zunahme der Beschwerden für kurze Zeit ist keine Kontraindikation für Sport, denn die Symptome gehen zurück, sobald man sich wieder abkühlt. Abhilfe können eine kalte Dusche oder erfrischende Getränke schaffen. Wer das harmlose, aber möglicherweise als unangenehm empfundene Phänomen vermeiden möchte, sollte beim Sport auf Schwimmen, Aquagymnastik oder Ähnliches setzen, da bei Wassersportarten der Körper nicht aufheizt.
Mittlerweile weiß man, dass selbst intensivstes Training keinen MS-Schub auslösen kann. Auch bei Überanstrengung besteht keinerlei Gefahr einer Beschleunigung des Verlaufs. Dennoch ist es sinnvoll, seine Belastungsgrenzen zu kennen und diese nur dann auszureizen, wenn man sich entsprechend fit und gut fühlt: Schließlich ist eines der Ziele einer Sporttherapie bei Multipler Sklerose ja gerade auch die Steigerung des subjektiven Wohlbefindens. Entsprechend sollte man sich keinen starren Vorgaben unterwerfen, sondern nicht zögern, den Trainingsplan individuell anzupassen. Wird während eines akuten Schubs mit Cortison behandelt, kann die Infektanfälligkeit erhöht sein – aus diesem Grund sollte man sich in solchen Phasen beim Trainieren nicht überanstrengen und eventuell einige Tage aussetzen. Ansonsten gelten die üblichen Empfehlungen: Aufwärmen vor und Abkühlen nach dem Sport nicht vergessen, auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten und bei Bedarf die Pulsfrequenz überwachen, zum Beispiel mit der Smartwatch.