Zeigen Sie Mut zur Veränderung!

Zeigen Sie Mut zur Veränderung!

Werfen Sie alle Zweifel über Bord und zeigen Sie Mut: Nur wer seine Ängste überwindet, fühlt sich stärker! „Folgen Sie Ihren eigenen Idealen“, rät Dr. Andreas Dick. Der Fachpsychologe für Psychotherapie klärt über Temperaments- und Mut-Typen auf.

Schmetterlinge, Raupen© iStockphoto
Schmetterlinge, Raupen

VITAL: Wie definieren Sie Mut?

Dr. Andreas Dick: Die überlegte und hoffnungsvolle Selbsthingabe aus Liebe.

Das klingt poetisch, aber auch kompliziert. Kennen wir eigentlich nur eine Form von Mut?

Nein. Körperlichen Mut zeigen wir, wenn wir unter Einsatz des eigenen Lebens einen anderen Menschen aus einem brennenden Auto retten. Und moralischen Mut beweisen wir, indem wir etwas Unpopuläres tun, weil wir selbst es für wichtig halten.

Zum Beispiel seinen sicheren Job hinschmeißen, um eine Weltreise zu unternehmen?

Diese Entscheidung wird dem Arbeitgeber vielleicht nicht gefallen, insofern braucht es Mut, sie trotzdem zu realisieren. Das ist aber eher ein Beispiel für den existenziellen Mut: Eine bestimmte Handlung gefährdet die eigene seelische Stabilität. Das trifft auch zu, wenn sich jemand aus einer Abhängigkeit befreit. Aus meiner praktischen Erfahrung als Psychologe fällt mir da die Ehefrau ein, die ihren lieblosen Mann verlässt, obwohl sein Einkommen bisher auch sie ernährt hat.

Warum sind manche Menschen so ängstlich, während andere sich nahezu alles zutrauen? Ist Mut genetisch veranlagt?

Die Neigung zu einem eher draufgängerischen oder ängstlichen Temperament wird einem in die Wiege gelegt. Das haben wissenschaftliche Studien an Babys ergeben.

Wird Mut anerzogen?

Eltern können die Stärke ihrer Kinder herauskitzeln, indem sie sie ermutigen. Es ist besser, zu sagen „Ich weiß, dass du nicht gern ins Wasser springst, aber ich weiß auch, dass du es kannst“, als ihnen die Gefahr des Ertrinkens auszumalen.

Mutige Eltern, mutige Kinder?

Ja. Wenn Eltern vorleben, dass es sich lohnt, über den eigenen Schatten zu springen, und wenn sie selbst Zuversicht ausstrahlen, überträgt sich diese Einstellung oft auch auf die Kinder.

Wer seine Ängste überwindet, fühlt sich stärker. Das ist die Theorie. In der Praxis scheitert man oft an immer denselben Ängsten. Warum?

Weil unser Fokus zu sehr auf den Risiken liegt, auf allem, was schiefgehen könnte. Es liegt auch am Zeitgeist, dass Sicherheit in allen Lebensbereichen eine so große Rolle spielt. Sicherheitsdenken verhindert Leichtsinn. Übertriebenes Sicherheitsdenken kann sogar auf eine Angststörung hinauslaufen. Und darunter leidet in Deutschland immerhin rund jeder Zehnte. Man bekommt den Tunnelblick, wenn man ständig grübelt, wo die nächste Gefahr lauern könnte, welches Verhalten eventuell welche Krankheit auslöst und welche Gestik im Büro die Kündigung nach sich ziehen könnte.

Ist es mutig oder übermütig, mit Mitte 40 die sichere Festanstellung zu kündigen?

Das kommt auf die Person und ihre Einstellung an. Wer die nötige Zuversicht und die berufliche Qualifikation mitbringt, wird nach einer Auszeit auch den Neu-Einstieg schaffen. Grundsätzlich sollte sich jeder bewusst machen, dass er das Glück verdient hat. Wer an sich selbst und sein Schicksal glaubt, wird eher über sich hinauswachsen. Man darf sich aber auch nicht übernehmen, nicht zu großartige Taten von sich verlangen. Der Mittelweg ist das Optimale.

Der Glaube an sich selbst hilft einem nicht bei der Entscheidung, ob man sein ungeborenes behindertes Kind zur Welt bringen sollte. Ist es feige, sich dieser Verantwortung nicht zu stellen und das Kind abzutreiben?

So eine Entscheidung muss man individuell betrachten. Manch eine Frau gewichtet die Lebenserhaltung höher als die persönliche Belastbarkeit. Aber das muss letztlich jede Frau selbst wissen. Es kann auch mutig sein, sich gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft zu entscheiden, obwohl Eltern und Freunde gegen eine Abtreibung sind. Mutig ist diejenige, die sich traut, eine Entscheidung zu treffen, hinter der sie stehen kann, obwohl sie vielleicht gewisse Hindernisse überwinden muss.

Muss jeder Mensch für sich allein lernen, mutig zu sein, oder kann man sich Hilfe holen?

Wer extrem ängstlich ist, sollte sich professionelle Hilfe in Form einer Therapie suchen. Oft reicht es auch, wenn man von Freunden oder dem Partner motiviert wird und auf diese Weise die Chance packt, den Mut in sich selbst zu finden. Ungut sind hingegen Konstellationen, in denen ein sehr ängstlicher Mensch einen extrem dominanten Partner hat. Der eine fühlt sich klein, der andere bläst sich dadurch noch mehr auf. So eine Beziehung geht meistens nicht gut aus.

Wie viel Mut braucht es, um authentisch zu sein?

Da zitiere ich gern die Schauspielerin Sophia Loren: „Ganz und gar man selbst zu sein, kann schon einigen Mut erfordern.“ Was sie meint: Jeder ist selbst dafür verantwortlich, seine Bedürfnisse ernst zu nehmen und auf seine Gefühle zu achten, die meistens die Wahrheit verraten. Wer seine Bedürfnisse nicht verleugnet und den eigenen Idealen und Wünschen folgt, sofern sie anderen nicht schaden, zeigt Mut.

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