Menschenkennerin Tatjana Strobel

Menschenkennerin Tatjana Strobel

Unser Gesicht verrät mehr über unsere Persönlichkeit, als wir vermuten. Im Interview mit vital.de verrät Menschenkennerin Tatjana Strobel, wie wir anhand von Gesichtsmerkmalen das Wesen eines Menschen deuten können und auch über uns selber jede Menge lernen können. 

Tatjana Strobel © Sylvio Kühn
Tatjana Strobel

Vital.de: Sie sind „Expertin für Menschenkenntnis“. Wie kommt man dazu?
Tatjana Strobel: Ich habe mich schon immer für das Thema Mensch in allen Facetten interessiert. Ich habe zum Beispiel bei der Schweizer Kosmetikkette Marionnaud 600 Mitarbeiter geführt und hatte daher viel mit Menschen zu tun. Und ich habe sehr früh angefangen, mich in diesem Bereich weiterzubilden. Anschließend lag es irgendwann auf der Hand, mich ebenfalls mit der Physiognomik von Menschen zu beschäftigen.

Verraten Mimik, Gestik und Körpersprache wirklich so viel über uns?
Absolut. Es gibt zwei Seiten, die man beleuchten kann. Zum Einen wird jeder Gedanke sofort in Muskelaktivität umgewandelt, die sich in Mimik, Stimme und Körpersprache bemerkbar machen. Und das Ergebnis ist eine Momentaufnahmen von Gefühlen und Gedanken. Zum anderen kann man Menschen generell in grobe Kategorien aufteilen. Es gibt zum Beispiel den Typ Mensch "Bummler", der das Leben eher gemütlich angeht. Oder aber die schnelleren Menschen, die immer in Bewegung sind und auch oft das Wort "schnell" benutzen. Im Gegensatz zur vorherigen Momentaufnahme lassen sich hier Tendenzen erkennen, die den Charakter angehen.

Kann man lernen, Körpersignale richtig zu deuten?
Ja, denn ich glaube, wir haben alle dieses Talent. Schließlich gab es zuerst als Mittel der Kommunikation nur Mimik und Körpersprache. Erst später kam die Sprach dazu. Daher erklärt sich vielleicht auch, dass der Inhalt des Gesagten nur etwa sieben Prozent ausmacht. Den Rest machen Körpersprache und Tonalität der Stimme aus. Wir spüren also alle, wenn irgendetwas nicht stimmt.

Wie verlässlich ist das Deuten solcher Merkmale?
Natürlich gehört Übung dazu. Ich habe eine Trefferquote von 90-95 Prozent. Ich denke, das Deuten kann man sehr gut lernen kann, aber man muss es schaffen, die Beobachtungen ins Bewusste zu holen. Ein Händedruck lässt beispielsweise viele Schlüsse zu. Sie müssen sich dessen nur einfach bewusst sein und genau auf die Hinweise achten.


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Widersprechen sich Worte und Körpersprache denn oft?
Ja, natürlich! Der Mensch ist das einzige Wesen auf dieser Welt, das lügen kann. Die häufigste Lüge, die jeder fast jeden Tag begeht, ist das "soziale Lächeln". Wir lächeln, obwohl uns gar nicht danach ist. Einfach, weil es sich so gehört.

Wie erkenne ich, wenn jemand nicht die Wahrheit sagt?
Profis in Sachen Lügen können Sie nicht so leicht entlarven. Bei den "Amateuren" gibt es dagegen Indizien. Das Wischen im Augenbereich zum Beispiel, häufiges Blinzeln oder das Vermeiden von Augenkontakt. Dieses Verhalten bedeutet zwar nicht automatisch, dass jemand lügt, aber es ist auf jeden Fall ein Indiz emotionaler Befindlichkeiten.

Funktioniert das Prinzip auch umgekehrt: Kann ich durch das Kontrollieren bestimmter Signale etwas zurückhalten, Menschen täuschen?
Ich kann versuchen, Menschen damit zu manipulieren. Das ist häufig in der Politik zu beobachten. Politiker agieren oft mit ihrer rechten Körperhälfte. Sie ist unsere logisch-rationale Seite, weil sie mit unserer linken Gehirnhälfte verknüpft ist. Links ist dagegen unsere persönlich-emotionale Hälfte. Wenn Sie darauf achten, wird Ihnen auffallen, dass Politiker, wenn sie überhaupt mal Gestik einsetzen, das meist mit rechts tun. Das ist eine der ersten Übungen, die sie in ihrer Karriere vermittelt bekommen.

Tatjana Strobel über den Nutzen von Physiognomik

In welchen Lebensbereichen kann mir das Wissen um bestimmte Signale weiterhelfen?
Es gibt eigentlich keinen Bereich, in dem es mir nicht weiterhilft! Für den Wocheneinkauf, das Lehrergespräch, in Berufen mit viel persönlichen Kontakten. Wenn Sie über dieses bestimmte Wissen verfügen, kann es Ihnen in jedem Bereich nutzen.

Tatjana Strobel© Sylvio Kühn
Tatjana Strobel

Meine Gesichtsattribute kann ich nicht ändern. Vielleicht gefallen mir aber einige meiner Merkmale nicht. Kann ich diese kaschieren?
Das tun viele Menschen ja bereits, indem sie sich ihre Falten wegspritzen lassen. Dabei gibt es ganz wunderschöne Falten, die man sich tunlichst nicht entfernen lassen sollte. Lachfalten zum Beispiel. Durch große Ereignisse im Leben kann sich unser Gesicht auch stark verändern. Prominente Beispiele sind Robbie Williams oder Angela Merkel. Am auffälligsten ist die Veränderung aber bei Daniela Katzenberger: Innerhalb kürzester Zeit haben sich ihre Gesichtsmerkmale total verändert. Und damit meine ich nicht die Dinge, die sie durch Kosmetik selbst manipulieren kann, sondern beispielsweise ihre gesamte Gesichtsform.

Sie bieten Seminare und Vorträge an – was vermitteln Sie „Laien“ dort ?
Als erstes schauen wir uns natürlich die Gesichtsmerkmale der Teilnehmer an. In den vier bis sechs Wochen Pause zwischen den Terminen bekommt jeder Hausaufgaben. Und dann kommt immer wieder ein neuer Bereich dazu. Schließlich müssen sieüben und sich das Gelernte ins Bewusste holen, damit sie es verinnerliche. Wenn sie solche Kenntnisse über sich gewonnen habe, kann das sogar bei der Partnerwahl helfen. Sie können ihr Gegenüber nach Merkmalen scannen und so vielleicht jemanden finden, der ihnen ähnelt.


© Knaur Taschenbuch
In ihrem Buch "Ich weiß, wer du bist" erklärt Tatjana Strobel Schritt für Schritt, wie man durch das menschliche Gesicht Charakter und Persönlickeit erkennen kann.
Kann ich auch im Selbststudium durch Ihre Bücher zum „Menschenkenner“ werden?
Ja, natürlich! Im Prinzip finden Sie dort alles, um die eigene Menschenkenntnis zu schulen. Auch Seminarinhalte. Ich arbeite in den Büchern sehr viel mit Selbsttests und Bildern, sodass man auch ohne persönlichen Workshop einiges an Praxiserfahrung bekommt. Die Frage ist nur, inwieweit der Mensch das Gelesene auch umsetzt und übt.

Wie groß ist dabei die Gefahr, dass sich Fehler bei der Deutung einschleichen, die dann zu falschen Rückschlüssen führen?
Das kann natürlich mal passieren. Allerdings gibt es so viele Merkmale im Gesicht, dass man sich ohnehin nicht nur auf einen Aspekt konzentrieren sollte oder muss. Wenn Sie sich mit bestimmten Gesichts-Partien unsicher sind, legen Sie eben Ihr Augenmerk auf die restlichen Attribute. Manche Merkmale sind so prägnant, zum Beispiel Lippenfülle oder Ohrläppchen, dass Sie sie relativ problemlos deuten können.

Inwieweit schränkt solches Wissen die Unbefangenheit ein, z.B. bei neuen Kontakten? Können Sie noch neutral auf neue Leute zugehen?
Es ist grundsätzlich eher so, dass die Physiognomik uns hilft, unserer Intuition mehr zu vertrauen. Wir haben ja alle ein Bauchgefühl und mit der geschulten Menschenkenntnis haben wir zusätzlich ein paar Instrumente, mit denen wir uns dieses Gefühl erklären können. Jeder scannt unbewusst die Menschen, die er kennenlernt. Wer sich aber mit Physiognomik auskennt, kennt nicht nur das Ergebnis „Mag ich" oder "Mag ich nicht“, sondern weiß auch, was der Grund für diese Einschätzung ist. Viele Sympathien oder Abneigungen hängen zum Beispiel mit früheren Erfahrungen zusammen. Wenn ich das einzuordnen weiß, hilft mir das ganz stark weiter.

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