
Unsere Seele braucht kein Vier-Sterne- Hotel. Denn sie ist Meisterin darin, ein paar Minuten, die uns ganz allein gehören, auszukosten wie einen ganzen Urlaub. Solche kleine Auszeiten sollten wir uns regelmäßig gönnen, denn dann entwickeln wir echte Gelassenheit. Nicht zu verwechseln mit Schicksalsergebenheit oder gar Faulheit. „Sie ist auch keine getarnte Hoffnungslosigkeit“, stellt Autor Thomas Hohensee klar. Vielmehr wirkt Gelassenheit im Alltag wie eine Pausentaste, die uns hilft, selbstbestimmt und handlungsfähig zu bleiben. Sie können wir ganz gezielt drücken, wenn wir wissen, wie wir am besten auf unsere „innere Insel“ kommen. Das hängt davon ab, welcher Wahrnehmungs-Typ wir sind.
Die 4 besten Übungen für jeden Typ
Die Handlungsorientierte
Sie mögen Dinge möglichst selbst tun, um sie zu lernen. Erst wenn Sie Ihre Umwelt buchstäblich „begriffen“ haben, Ihr Körper Kontakt mit ihr hatte, bleibt sie im Gedächtnis haften. Um gelassener zu werden, sollten Sie vor allem Übungen nutzen, bei denen Sie handeln können (z. B. die Arme ausschütteln, tief ein- und ausatmen).
1. Die Atem-Pause
WIE? Atmen Sie durch die Nase ein und zählen Sie bis fünf. Spüren Sie der Luft nach, wie sie Ihren Brustkorb füllt und neue Energie bringt. Halten Sie den Atem an und zählen Sie nochmals bis fünf. Formen Sie nun Ihre Lippen so, als würden Sie in einen Trinkhalm pusten, und atmen Sie langsam durch den Mund aus. Mehrmals wiederholen.
WARUM? Diese Atemübung erdet und belebt uns. Vor allem das tiefe, lange Ausatmen regt die Relax-Mechanismen unseres Körpers an.
2. Den Stress abschütteln
WIE? Schütteln Sie erst das rechte Bein und dann den rechten Fuß aus. Danach den linken Fuß und das linke Bein. Jetzt sind die Hände und die Arme dran – erst rechts, dann links. Lassen Sie den Kopf langsam kreisen, lockern Sie die Schultern und wiegen Sie den Oberkörper hin und her. Tief einatmen und mit einem Seufzer ausatmen.
WARUM? Beim Ausschütteln geht die Entspannung wie eine Welle durch den Körper, und Sie können hellwach in den Feierabend starten.
3. Briefe der Wertschätzung
WIE? Schreiben Sie jeden Tag einem Menschen, der Ihnen wichtig ist, eine aufmunternde Notiz, z. B.: „Danke, dass du heute die Kinder gefahren hast.“ Oder: „Schön, dich als Freundin zu haben.“ Deponieren Sie den Zettel dort, wo der/die andere ihn auf jeden Fall findet.
WARUM? Senden wir Wertschätzung aus, kehrt sie wie ein Lächeln zu uns zurück. Zusätzlich lenkt die Übung unsere Aufmerksamkeit zu all jenen Dingen, die bereits toll laufen in unserem Leben.
4. Die Fühlkiste
WIE? Sammeln Sie beim Spazierengehen alles auf, was Sie anspricht: Steine, Tannenzapfen, Eicheln, Muscheln, Federn usw. Legen Sie Ihre Fundstücke in einen Karton. Steigt Ihr Stresspegel, nehmen Sie jedes ein paar Augenblicke in die Hand.
WARUM? Draußen, in der Natur, entspannen wir uns am schnellsten. Holen Sie diese Kraft nach Hause und sich selbst zurück ins Hier und Jetzt.
Die Sprachliche
Der Worte sind genug gewechselt? Nicht bei Ihnen. Sie erschließen sich Ihre Umwelt über die Sprache. Sie lesen viel, reden gern mit anderen Menschen. Sie denken nicht in Bildern, sondern erzählen sich auch selbst kurze Geschichten. Am meisten profitieren Sie von Übungen, bei denen Sie feste Formulierungen laut aussprechen.
1. Friedlich starten
WIE? Bleiben Sie morgens noch einen Moment im Bett liegen. Atmen Sie einmal tief ein und sagen Sie beim Ausatmen zu sich selbst: „Heute bin ich ganz ruhig.“ oder: „Heute strahle ich Frieden aus.“ Formulieren Sie im Präsens, aktiv, als hätten Sie Ihren Plan bereits umgesetzt.
WARUM? Wachen wir morgens auf, fühlt sich der vor uns liegende Tag oft an wie eine schwere Last. Setzen Sie eine positive Intention dagegen.
2. Glücksmomente einfrieren
WIE? Das klappt am besten, während Sie ein Glas Wasser oder Tee trinken. Beim ersten Schluck drücken Sie in Gedanken auf den Auslöser einer Kamera. Verfolgen Sie, wie die Flüssigkeit in Ihrem Mund langsam hinabfließt. Genießen Sie ihren Geschmack. Sagen Sie jetzt (laut oder leise): „Ah, was für ein schöner Moment.“
WARUM? Die Übung trainiert Ihr Gehirn darauf, kleine Glücksmomente bewusst zu genießen. Das hilft, Dankbarkeit zu empfinden – eine wichtige Quelle für mehr Gelassenheit.
3. Mit anderen verbunden
WIE? Beobachten Sie beim Autofahren den/die Menschen im Wagen hinter Ihnen. Schicken Sie ihm/ihnen an der nächsten roten Ampel in Gedanken einen positiven Satz: „Ich wünsche dir Glück.“/„Ich hoffe, du hast einen schönen Tag.“
WARUM? Uneigennützige positive Gefühle für andere Menschen aktivieren postwendend die Ruhemechanismen unseres Nervensystems.
4. Sich selbst annehmen
WIE? Betrachten Sie regelmäßig Ihr Spiegelbild und sagen Sie dabei: „Ich akzeptiere mich voll und ganz.“ Fühlt sich das komisch an, versuchen Sie diesen Satz: „Lass dich nicht unterkriegen.“
WARUM? Wer Selbst-Akzeptanz übt, entwickelt ein besseres Gefühl für seinen Selbstwert und durchbricht so den Hang zur Selbstkritik, dem wir alle viel zu oft zum Opfer fallen. Niemand ist perfekt, jedem unterlaufen Fehler, kein Grund, sich dafür immer wieder zu verurteilen
Die Bildhafte
Treffende Symbole und schöne Bilder merken Sie sich am besten. Schon als Kind waren Sie vermutlich diejenige, die stets „mit ganz großen Augen“ neugierig die Welt erkundete. Es fällt Ihnen leicht, sich komplette Szenen bildhaft vorzustellen (Fantasiereisen). Bauen Sie deshalb vor allem Übungen in Ihren Alltag ein, die mit starken visuellen Reizen arbeiten.
1. Durchlässig für den Alltag
WIE? Atmen Sie einmal tief ein und stellen Sie sich vor, wie Sie sich in einen besonderen Stoff verwandeln. Alles, was geschieht, alles, was Sie wahrnehmen, fließt wie Wasser durch Sie hindurch. Oder: Alle Reize, die Sie zu überfluten drohten, werden zu bunten Blättern, die auf einem kleinen Bach davonschwimmen. Beobachten Sie diese Szene.
WARUM? So lernt Ihr Gehirn, dass es nicht jeden Reiz aufnehmen muss. Gedanken und Gefühle dürfen kommen – und einfach wieder gehen.
2. Sich wiegen lassen
WIE? Setzen Sie sich bequem. Lassen Sie den Kopf auf die Brust sinken. Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Seeanemone, fest im Meeresboden verankert, weit weg vom Sturm und von den Wellen. Sie schaukeln sanft hin und her. Sie sind sicher.
WARUM? Im Wasser fühlen wir uns geborgen wie im Uterus. Wir werden getragen. Die Übung schafft einen Ort, an dem wir Stress und Ängste einfach an der Wasseroberfläche zurücklassen und entspannt abtauchen können.
3. Auf Zeitreise gehen
WIE? Quält Sie ein Gedanke, schließen Sie für ein paar Minuten die Augen. Fragen Sie sich: Wird das in einem Jahr noch eine Rolle spielen? Und in fünf Jahren? In 50 Jahren? Stellen Sie sich jeden Zeitsprung so klar wie möglich vor. Wie wichtig wirkt Ihr gegenwärtiges Problem dann noch?
WARUM? Sich vorzustellen, wie klein wir Belasten- des in Zukunft sehen werden, erzeugt eine wohltuende Distanz. Wir können loslassen.
4. Die Zauberbrille
WIE? Betrachten Sie die Welt durch die „Sehhilfe“ eines anderen. Wie würde z. B. Angela Merkel Ihre gegenwärtige Lage erleben? Würde Ihre Lieblingsschauspielerin sie anders beurteilen? Welchen Blick hätte eine unerschütterliche Optimistin?
WARUM? Je gestresster wir sind, desto mehr nehmen wir unsere Lage mit Scheuklappen wahr. Diese Übung beugt dem Tunnelblick vor, und Sie behalten das große Ganze im Blick.