
Mitten in der Nacht, der Blick geht zum Wecker – keine Uhrzeit, um wach im Bett zu liegen. Doch der Schlaf lässt auf sich warten, dafür kreist das Gedankenkarussell. Nach einer Forsa-Umfrage empfinden 53 Prozent der Deutschen ihren Schlaf als nicht erholsam. Sie können am Abend nicht einschlafen, wälzen sich nachts unruhig im Bett herum oder werden am Morgen viel zu früh wach. Beim Schlafen laufen im Körper viele wichtige Prozesse ab – und das dauert. Im Optimalfall mindestens sieben Stunden. In dieser Zeit nimmt eine riesige Werkstatt ihren Betrieb auf: Im Schlaf werden Zellen erneuert, Informationen im Gedächtnis verankert und Probleme weitergedacht, Wachstumshormone ausgeschüttet, der Fettstoffwechsel wird reguliert, das Immunsystem aufgebaut und frisches Blut produziert.
Bei dauerhaft weniger als 4–5 Stunden Schlaf pro Nacht steigt das Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht. Ein Mangel macht uns infektanfälliger, lässt uns unkonzentriert, vergesslich und leicht reizbar werden. Schlafstörungen sind daher ernst zu nehmen. „Wer über mehrere Monate hinweg vier bis sieben Mal pro Woche schlecht schläft und auch am Tag weniger leistungsfähig ist, sollte zum Arzt gehen“, rät Prof. Göran Hajak, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Bamberg. Denn auch körperliche Ursachen, wie etwa Hormonschwankungen oder eine Schilddrüsenüberfunktion, können uns um die Nachtruhe bringen. Konnten derartige physische Gründe ausgeschlossen werden, sollten Sie es mit folgenden Strategien probieren:
Hier finden Sie unsere Tipps für einen besseren Schlaf
1. Schaffen Sie sich ein Schlaf-Paradies
Wenn Sie mit Ihrem Partner im Doppelbett schlafen, sollte jeder seine eigene, hochwertige Matratze bekommen. Nutzen Sie das Angebot, vor dem Kauf einige Tage darauf Probe zu schlafen. Bei der Bett- und Nachtwäsche setzen Sie am besten auf natürliche Materialien wie Baumwolle, Leinen und Seide. Diese nehmen Feuchtigkeit gut auf, geben sie auch schnell wieder ab. In kleinen Wohnungen wird das Schlafzimmer häufig als Abstellkammer genutzt. Das ist keine gute Idee, denn Sie sollten sich dort wohlfühlen und gerne aufhalten. Deshalb hat auch der Schreibtisch im Schlafraum nichts zu suchen. Bettkästen schaffen Stauraum, gründliches Ausmisten kann auch nicht schaden. Wenn Sie gerne noch ein wenig im Bett lesen, greifen Sie besser zum Buch aus Papier oder indirekt beleuchteten E-Book-Readern, denn Computerlicht schickt Wach-Signale ins Auge. Absolute Dunkelheit muss für einen guten Schlaf nicht unbedingt herrschen. Doch leuchten Straßenlaternen direkt ins Schlafzimmer, lohnt es, blickdichte Vorhänge oder Jalousien anzubringen. Laut Schlafforschern liegt nachts die ideale Zimmertemperatur bei 18 Grad. Am besten direkt vor dem Schlafengehen eine Viertelstunde lang stoßlüften. Und weil kalte Füße Schlaf-Killer sind: Ein warmes Fußbad mit Aromen von Lavendel, Rose oder Neroli-Öl aus Bitterorangen-Blüten hilft wunderbar beim Entspannen und Einschlafen.
2. Bauen Sie sich einen Ort der Ruhe
Das Schlafzimmer sollte am besten in der ruhigsten Ecke des Hauses oder der Wohnung liegen. Lässt sich das nicht einrichten, dienen bodentiefe Vorhänge, Grünpflanzen und Teppichböden als Schallschlucker. Um Verkehrslärm auszusperren, zahlt sich die Investition in Schallschutzfenster und -türen aus. Für Härtefälle, z.B. bei sehr lauten Nachbarn: Sie können das Schlafzimmer auch mit natürlichen Dämmstoffen wie Holzfaserplatten, Hanf oder Zellulose auskleiden. Lassen Sie sich im Fachhandel beraten. Oft liegt das Lärmproblem auch direkt neben einem. Damit Sie nachts schlafen können, müsste der Schnarcher also ruhiggestellt werden. Viel bringt meist ein Wechsel der Schlaflage. Ideal ist es, auf der Seite zu liegen. Bei Rückenschläfern kann es helfen, entweder auf ein sehr flaches Kissen umzusteigen oder das Bett am Kopfende um zehn bis 15 Zentimeter aufzubocken. Einfach ausprobieren, welche der beiden Methoden besser funktioniert. Mediziner haben zudem die Möglichkeit, Zahnschienen oder Atemmasken zu verschreiben. Je nach Ursache des Schnarchens hilft nur eine Operation, etwa eine Nasen-OP oder Gaumenstraffung oder - verkleinerung. Dem Verursacher selbst machen die Töne, die Presslufthammer-Lautstärke erreichen können, übrigens nichts aus. Da der Organismus das Geräusch selbst erzeugt, wird es nicht als potenzielle Gefahr wahrgenommen. Doch Schnarchen kann Anzeichen der gefährlichen Schlafapnoe sein. Die Betroffenen haben oft minutenlange Atemaussetzer und der Körper wird nicht gleichmäßig mit Sauerstoff versorgt. Die Folge: Konzentrationsschwierigkeiten, Bluthochdruck und ein erhöhtes Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt. Bis hier endlich Ruhe einkehrt, bleiben Ohrstöpsel (verschiedene Modelle ausprobieren) das wichtigste Utensil für die armen Ohrenzeugen.
3. Schließen Sie Freundschaft mit sich selbst
Karin Wolf
Die Entspannungstherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie betreibt eine Praxis in Germering bei München.
„Stress an sich ist nicht schädlich, sondern erst Dauerstress und fehlende Regeneration“, sagt Karin Wolf, Heilpraktikerin für Psychotherapie aus Germering. „Wenn das Stresssystem ständig aktiviert ist und nicht mehr in den Entspannungsmodus umschalten kann, wirkt sich das auf unseren Schlaf aus.“ Sie rät deshalb, das körpereigene Beruhigungssystem zu aktivieren. „Ein großes Problem ist, dass wir alles nebenbei machen. Wir sind in einem Hamsterrad gefangen und werden multitaskend durch den Tag getrieben. Achtsamkeit dagegen ist die Fähigkeit, bewusst im Hier und Jetzt zu sein“, erklärt die Expertin. Doch das will gelernt sein. Beginnen Sie damit, bewusst mit allen Sinnen wahrzunehmen und zu genießen. Beispiel: Teekochen. Zelebrieren Sie jeden Schritt: Machen Sie es sich bequem, nehmen Sie die Aromenwahr, fühlen Sie die warme Tasse zwischen Ihren Händen, den duftenden Dampf in der Nase. Versuchen Sie, die einzelnen Inhaltsstoffe zu schmecken. Gönnen Sie sich außerdem jeden Tag kleine Einheiten, in denen Sie einfach nur im Moment sind – ohne Musik, Smartphone und Co. Ein weiterer Punkt ist das Selbst-Mitgefühl. „Im Grunde geht es darum, Freundschaft mit sich selbst zu schließen, sich selbst nicht zu kritisch zu sehen und zu schnell zu verurteilen“, sagt Karin Wolf. Perfektionistische Menschen sind anfälliger für Schlafstörungen, da sie sich selbst oft stark unter Druck setzen. „Jeder Tag enthält etwas Positives“, sagt die Heilpraktikerin. „Wenn Sie sich dann vor dem Einschlafen bewusst daran erinnern und die guten Gefühle, die damit verbunden sind, mit in den Schlaf nehmen, ist das ein guter Abschluss.“
Bauch und Kopf von aller Last befreien

Tipps gegen Schlafstörungen
4. Auch den Magen zur Ruhe kommen lassen
Gewöhnen Sie sich an, nicht zu spät zu Abend zu essen und auf blähende Lebensmittel wie Kohl, Sauerkraut und Hülsenfrüchte sowie auf fett- und zuckerreiche Speisen zu verzichten. Auch Mandarinen und Orangen eignen sich nicht als Betthupferl, denn Fruchtsäure stimuliert den Kreislauf. Günstig wirken sich dagegen Lebensmittel wie Cashewkerne, Haferflocken, Sojabohnen, Kakao, Lachs und Erbsen aus. Sie enthalten den schlaffördernden Botenstoff L-Tryptophan. Der vermeintliche Schlummertrunk aus größeren Mengen Alkohol führt zwar schnell zu einem narkoseähnlichen Zustand, doch gesunder Schlaf sieht anders aus. Mit Alkohol im Blut sinkt der Blutzuckerspiegel rasch ab und das Stresshormon Adrenalin wird ausgeschüttet. Folge: Die wichtige, erholsame Tiefschlafphase fehlt, wir wachen am Morgen wie gerädert auf.
5. Mit Umsicht ruhig mal Schlummerhelfer nutzen
Wer mehrere Nächte in Folge keine Ruhe findet, sollte das Gespräch mit dem Arzt suchen. „Der Stresslevel am frühen Abend entscheidet über den Schlaf in der Nacht. Deshalb ist es manchmal sinnvoll, in den frühen Abendstunden ein niedrig dosiertes Beruhigungsmittel zu nehmen. Vor allem naturheilkundliche Produkte wirken als sanfte Schlaf-Unterstützer“, sagt Prof. Hajak. Gerade wenn eine innere Anspannung an der Schlaflosigkeit schuld ist, helfen homöopathische oder pflanzliche Mittel. Vor allem Lavendel, aber auch Passionsblume, Baldrian, Hopfen oder Melisse helfen zu entspannen, machen dabei aber nicht abhängig, wie viele befürchten. „Bei chemischen Substanzen gilt: Wer drei- bis fünfmal pro Woche eine Tablette nimmt, wird davon nicht abhängig“, so Prof. Hajak. „Diese Therapie benötigen aber vor allem Patienten mit chronischer und schwerer Insomnie, die über mehr als einen Monat hinweg mehr als dreimal pro Woche so schwer an Schlafstörungen leiden, dass ihre Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit am Tag nachhaltig gestört wird“, erklärt der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Schlafmedizin. Unterschieden werden Hypnotika (z.B. Benzodiazepine wie Valium, Antihistaminika, Melatoninantagonisten) und sedierend wirkende Psychopharmaka (z. B. Antidepressiva, Neuroleptika). „Hypnotika verbessern den Schlaf, aber nicht unbedingt die Tagesbefindlichkeit. Doch zum modernen Maß der Schlafmittelerfassung gehört eben auch die Frage nach dem Tag“, erklärt Hajak. Frei von Nebenwirkungen sind diese Varianten alle nicht. Sie sollten immer streng nach Verordnung eingenommen werden. Vor allem Benzodiazepine machen schnell abhängig, unterdrücken den Tiefschlaf und können Ängste auslösen. Sogenannte Z-Substanzen, eine Klasse von Präparaten, die mit „Z“ beginnen (Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon), machen langsamer abhängig, stehen in Verdacht, eine Art Schlafwandel zu verursachen.
Zu guter Letzt:
Bei all den guten Tipps kommt es vor allem auf eine Sache an: Denken Sie nicht zu viel darüber nach. Allein mit dem Verstand oder dem Willen lässt sich der Schlaf nicht erzwingen. Vielmehr bewirkt der Druck, unbedingt schlafen zu müssen, das glatte Gegenteil – und wir finden erst recht keine Ruhe. Es ist wie beim Shoppen: Wer krampfhaft sucht, wird nicht fündig. Wer locker lässt und etwas auf sich zukommen lässt, entdeckt die tollsten Dinge. Oder – aufs Schlafen übertragen – kann nachts endlich wieder schlummern.
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