
Schöne, fließende Bewegungen – ihnen verdankt die Eurythmie ihren Namen. Vor genau 100 Jahren entwickelte der Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, diese Bewegungskunst. Besonders effektiv: die Vital-Eurythmie. „Diese Art von beseelter, rhythmischer Bewegung wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus“, sagt Annette Weißkircher, die weltweit einzige Professorin für Eurythmietherapie von der Alanus Hochschule in Alfter bei Bonn.
„Unsere Studien haben gezeigt, dass die Übungen über die körperliche Ebene hinaus deutlich positive Einflüsse auf die innere Zufriedenheit und die persönliche Weiterentwicklung haben.“ Wir zeigen auf den nächsten Seiten sechs Übungen, die Ihnen helfen werden, Ihren eigenen Lebensrhythmus zu finden, Puls- und Atemfrequenz zu regulieren, sich zu ordnen und zu zentrieren. Gut zu wissen: Bei starker Überlastung können Sie den gesunden Effekt durch anthroposophische Arzneimittel (z.B. „Neurodoron“, Apotheke) unterstützen.

Entspannen mit der Vital-Eurythmie
Sterntaler
So geht’s:
Aufrecht auf einen Stuhl setzen, die Beine anwinkeln, die Füße dicht nebeneinander fest auf den Boden stellen. Die Hände vor dem Zwerchfell locker ineinanderlegen (Ruhehaltung). Nun die Arme mit den Handflächen nach vorn strecken und sie in einer empfangenden Geste schräg nach oben öffnen. Zur Ruhe kommen. Die Schultern nach oben in Richtung Kopf ziehen und in einer dynamischen Bewegung die Arme öffnen, sodass die Hände einen Bogen beschreiben. Die Arme nach unten „fließen“ lassen, wieder die Ruhehaltung einnehmen. 10-mal wiederholen.
Hilft bei Nackenverspannungen und um Ballast abzuwerfen. Sie können sich leichter vom Tag verabschieden und für die Nacht öffnen.

Mit den Füßen atmen
So geht’s:
Sie liegen entspannt auf Ihrem Bett, die Arme locker neben dem Körper. Für die Bequemlichkeit ein kleines Kissen unter Kopf und Nacken legen. Dann ziehen Sie langsam ein Bein an, dabei einatmen. Aufstellen und mit dem Fuß am Boden wieder nach vorn schieben, bis das Bein maximal gestreckt ist, wieder ausatmen. Dabei kann sich die Ferse etwas vom Boden abheben. Dann die gesamte Spannung lösen. Einen Moment warten, und die Bewegung mit dem anderen Bein wiederholen. Drei Durchgänge. Zum Schluss entspannt liegen bleiben. Tief durchatmen – und wenn möglich, relaxt in den Schlaf sinken.
Hilft beim Einschlafen. Die Übung eignet sich auch, wenn Sie sich in kurzer Zeit ein wenig erholen und erfrischen möchten, beispielsweise in der Mittagspause.

Den Meereswellen folgen
So geht’s:
Stellen Sie sich vor, Sie stehen bis zum Zwerchfell im wogenden Meer. Legen Sie in Schrittstellung die Hände auf das Brustbein. Das Wasser trägt Ihre Arme. Lassen Sie das Gewicht zwischen dem vorderen und hinteren Fuß hin- und herpendeln. Die Arme beschreiben eine fließende, kreis förmige Bewegung, bei der Sie immer in die Handflächen schauen können. Dann kommt eine größere „Welle“, die Sie beim Pendeln einen Schritt nach vorn treibt. Einmal auf der Stelle pendeln, bis die nächste große Welle Sie erneut vorantreibt. So einige Schritte vorwärts machen. Auf der Stelle pendeln, bis eine von vorn kommende Welle Sie einen Schritt zurückgehen lässt. Einmal pendeln, noch einen Schritt zurück – so lange, bis Sie wieder in der Ausgangsposition stehen. 5-mal wiederholen.
Hilft bei Blockaden, verbessert die Atmung. Sie fühlen sich geerdet, stehen fest, aufrecht und sind entspannt.

Wurzeln entwickeln
So geht’s:
Aufrecht hinstellen, die Füße locker nebeneinander, Knie entspannt. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit in die Füße, und spüren Sie in Fersen, Fuß gewölbe, Ballen und Zehen hinein. Nun entspannen Sie die Wirbel säule schrittweise von oben nach unten: Kopf (kippt auf die Brust), Nacken, Schultern, Rücken, Hüfte, Knie. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Füße, drücken Sie sie gegen den Boden. Spüren Sie, wie Sie fest verwurzelt sind – wie ein Baum. Richten Sie sich nun Wirbel für Wirbel wieder auf. Wachsen Sie dem Licht entgegen. 3-mal wiederholen.
Hilft bei Blockaden an der Wirbelsäule, Nackenverspannungen, sich im Kreis drehenden Gedanken. Sie stehen wieder fester im Leben.

Schulterdusche
So geht’s:
Sie sitzen aufrecht mit angewinkelten Beinen auf der Stuhlkante. Die Arme hängen locker neben dem Körper. Nun stellen Sie sich vor, bis zu den Schultern in einem warmen Bad zu sitzen. Mit einer kreisenden Bewegung tauchen Sie die Schultern von hinten unten nach vorn oben ins Wasser hinein und dann wieder mit derselben kreisenden Bewegung hinaus. Die leicht geöffneten Arme folgen dem Halbkreis. Beim Eintauchen alle Anspannung loslassen. Während Sie die Schultern nach oben bewegen, die Füße fest in den Boden drücken. 8-mal wiederholen, zur Ruhe kommen. Arme locker hängen lassen und durchatmen. Nun beide Schultern tief eintauchen, dann kräftig ausschütteln.
Hilft bei Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich, entlang der Wirbelsäule und rund um den Kopf.

Die Quelle sprudeln lassen
So geht’s:
Setzen Sie sich entspannt auf den Boden, die Beine locker nach vorn strecken. Die Hände liegen auf den Oberschenkeln. Lassen Sie nun die Füße von innen nach außen kreisen. Stellen Sie sich dabei vor, Sie sitzen im Meer und tauchen die Füße immer wieder in angenehm warmes Wasser. Beim Auftauchen sprudelt es wie eine Quelle von unten nach oben. Dabei ziehen Sie die Füße an. Beim Abtauchen lösen Sie die Spannung wieder. Eine Weile kreisen lassen. Die Fersen bleiben am Boden. Dann die Beine wieder locker ausstrecken, den Atem strömen lassen, zur Ruhe kommen. 10-mal.
Hilft bei Kälte und jeder Art von Verspannung. Die Übung regt den Kreislauf an und macht den Kopf frei. Sie eignet sich gut, um im Büroalltag oder nach der Arbeit mal kurz abzuschalten oder um sich auf das Schlafengehen einzustimmen.