
Schlaf – die unbekannte Hälfte des Lebens: Seit rund 90 Jahren erforschen Wissenschaftler unseren Ruhezustand. Noch immer können sie einige Rätsel nicht lösen. Nur Teilaspekte sind bisher bekannt. Etwa, dass wir nur in den REM-Phasen des Schlafs träumen, dass es mehr als 80 Formen von Schlafstörungen gibt oder dass nächtliche Atemaussetzer zu Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck führen können. Doch immer wieder verblüffen uns Schlafforscher mit ganz und gar „ausgeschlafenen“ Erkenntnissen. Hier sind fünf Neuigkeiten:
Frauen schlafen anders
Im Vergleich zu Männern schlafen Frauen pro Nacht etwa eine Stunde länger. Sie schlafen langsamer ein, wachen häufiger auf und leiden doppelt so oft unter Schlafstörungen. Nach dem 40. Lebensjahr steigt die Zahl der Frauen mit richtigen Schlafproblemen von ca. 7 auf rund 10 Prozent an. Schuld daran sind spezielle weibliche Faktoren wie hormonelle Schwankungen in den Wechseljahren, Stress oder Sorgen. Doch schon lange vor der Menopause lassen die Sexualhormone den Großteil der Frauen während der Regel sehr viel unruhiger und weniger tief schlafen. Sogar die Hormone aus der Antibabypille können den Schlaf beeinflussen. Sie verursachen weniger Tief- und mehr Leichtschlafphasen. Die Körpertemperatur steigt, und die Menge des ausgeschütteten Schlafhormons Melatonin verändert sich. Auch die Schilddrüse macht Frauen häufiger zu schaffen als Männern. Bei einer Überfunktion ist der Körper aufgeputscht und kommt nicht zur Ruhe. Bei einer Unterfunktion fehlt ihm die nötige Energie. Die Betroffenen schlafen länger und fühlen sich trotzdem schlapp. Lieber allein schlafen Frauen haben weniger erholsamen Tiefschlaf, wenn sie neben einem Mann liegen. Das ergab eine Studie der Universität Wien. Dagegen schläft das starke Geschlecht besser an der Seite seiner Partnerin. Wissenschaftler erklären das so: Die Empfindsamkeit der Frau hat möglicherweise evolutionäre Gründe. Sie reagiert stets auf den Mann in ihrer Nähe. Männer dagegen sind „Paarschläfer“ und fühlen sich in der Nähe anderer Menschen sicherer.
Wer schön sein will, muss schlafen
In nur sieben Stunden Schlaf wird unser Körper komplett „generalüberholt“, weil unser Hormonhaushalt auf Hochtouren arbeitet. Nur im Tiefschlaf schüttet er ein Wachstumshormon aus. Es sorgt an den Problemzonen wie Po und Oberschenkel für den Abbau von Fett, aus dem in unseren Körperzellen Energie gewonnen wird. Und genau die brauchen unsere Hautzellen, um sich nachts wieder zu regenerieren. „Wer aber auf Dauer keinen erholsamen Schlaf findet, dem fehlt das Wachstumshormon natürlich. Die Haut wird dünner und es bilden sich Falten“, sagt Prof. Jürgen Zulley vom Schlafmedizinischen Zentrum des Bezirksklinikums Regensburg. Für weniger Falten und eine glatte Haut sorgt aber nicht nur das Wachstumshormon, sondern auch eine entspannte Muskulatur – wie im Schlaf. Durch diese Tiefenentspannung wird die Haut besser durchblutet und mit Nährstoffen versorgt.
Qualität statt Quantität
Qualität statt Quantität
Viele denken: Am besten schläft es sich ohne Licht und Lärm. Aber das stimmt nicht ganz. Wer meint, dass er sich mit Ohrstöpseln und komplett abgedunkelten Räumen einen Gefallen tut, irrt. Ganz reizarm darf unsere Schlafumgebung nämlich auch nicht sein. So erlebten Probanden im Schlaflabor der Universitätsklinik für Neurologie in Wien absolute Stille als unheimlich. Typische Geräusche einer vertrauten Umwelt „singen“ uns gleichsam in den Schlaf. Aber selbst in einer bekannten Umgebung schlafen wir nie ganz durch. „Es ist völlig normal, nachts hin und wieder aufzuwachen“, berichtet Dr. Tilmann Müller vom Zentrum für Schlafmedizin des Universitätsklinikums Münster. „Meist geschieht dies beim Wechseln der Schlafpositionen“, sagt der Schlafforscher. „So sorgen wir für eine ständige Durchblutung. Und das Gehirn arbeitet gleichzeitig weiter.“ Wie viel Schlaf jeder von uns braucht, ist individuell sehr verschieden. Die optimale Schlafzeit gibt es zwar nicht, aber sieben Stunden pro Nacht sind eine gute Orientierung. Viel wichtiger als die Dauer ist die Qualität der Nachtruhe.
Zu wenig Schlaf macht krank
Müdigkeit schadet unserem Körper auf Dauer. Setzt man Menschen, die weniger als sieben Stunden schlafen, gezielt Schnupfenviren aus, erkranken sie dreimal so oft an Husten und Heiserkeit wie Probanden, die mindestens acht Stunden schlafen. An der Warwick Medical School im britischen Coventry wurde die Schlafdauer von rund 10 300 Beamten im Alter von 35 bis 55 Jahren untersucht. Bei nur fünf Stunden Schlaf pro Nacht stieg das Risiko, an Bluthochdruck oder Diabetes zu erkranken, um das Doppelte. Und Schlafmangel macht auch dick, wie Forscher der Case Western Reserve University in Cleveland herausfanden. Sie untersuchten mehr als 68 000 Frauen im Alter von 39 bis 65 Jahren. Zu Beginn wogen die Teilnehmerinnen, die fünf Stunden oder weniger schliefen, durchschnittlich 2,5 Kilogramm mehr als die „Langschläferinnen“ mit sieben Stunden Schlaf pro Nacht. Nach 16 Jahren hatten die „Kurzschläferinnen“ im Durchschnitt weitere 1,5 Kilogramm zugenommen. Erstaunlich, denn sie ernährten sich ähnlich wie die Vergleichsgruppe und machten ebenso viel Sport. Es gibt also viele gute Gründe, sich gemütlich einzukuscheln, die Augen zu schließen und zu schlafen. Es ist das Einfachste, was Sie für Ihre Gesundheit tun können.