
Der erste Nagellack glänzte in transparentem Rosarot und war ein ungeschöntes Nebenprodukt der Automobilindustrie. Als er 1925 auf dem US-Markt erschien, trauten sich nur wenige Frauen, Farbe zu bekennen. Heute stehen glänzende Nägel hoch im Kurs. Die Textur ist geschmeidiger, der Glanz brillanter und der Lack haltbarer. Allerdings kommen die meisten Nagellacke, aber auch die Nagelhärter und Nagellackentferner immer noch nicht ohne Chemie aus. Doch die größten Übeltäter unter den chemischen Zusätzen sind auf dem Rückzug. Und – wie schön: Es gibt noch andere Methoden, die Nägel wie gelackt aussehen zu lassen.
Alles im Lack?
Nagellack ist eines der beliebtesten Beauty-Accessoires. Der Umsatz hat sich 2008 im Vorjahresvergleich um zehn Prozent auf 31 Millionen verkaufte Fläschchen erhöht, Tendenz steigend. Im kommenden Jahr wird er matt aufgelegt. Mit klassischem Rot, elegantem Mauve und dezentem Beige pinseln wir uns allerdings manchmal auch problematische Stoffe auf die Nägel. Zu den üblichen Verdächtigen, nach denen in Umwelt-Labors gefahndet wird, gehört Formaldehyd, das den Nagellack flüssig hält, gleichzeitig in die Keratinzellen des Nagels eindringt und sie festigt. Doch Formaldehyd ist eine ausgesprochen kritische Substanz, kann die Schleimhäute reizen und Krebs im Nasenrachenraum auslösen, wenn es eingeatmet wird. Das ist das Ergebnis einer Bewertung neuer Studien, die das Bundesinstitut für Risikobewertung vorgestellt hat. Phthalate können Leber, Nieren und Fortpflanzungsorgane schädigen. Im Nagellack werden sie als Weichmacher eingesetzt, um die Lackschicht elastisch zu halten und schnelles Abblättern zu vermeiden. Lösungsmittel wie Toluol, Aceton und allen voran Benzol wirken auf die inneren Organe und das Nervensystem. Forscher der Nationalen Gesundheitsforschungsinstitute der USA fanden selbst bei geringster Benzolbelastung (1 Millionstel Anteil) nachweisbare Schäden an Blut- und Knochenmarkzellen.
Auf Spurensuche
Auf Spurensuche
„Keine Panik“ – beruhigen viele Hersteller und verweisen auf verbesserte Rezepturen z.B. ohne Formaldehyd. Und statt der Lösungsmittel Toluol und Aceton setzen sie auf die sanfteren Alternativen Buthylacetat, Ethylacetat oder Isopropylalkohol. „Die meisten Lacke, Nagelhärter und Entferner sind aus toxikologischer Sicht für die Gesundheit tatsächlich unbedenklich. Weil kritische Stoffe, sofern sie enthalten sind, in den allermeisten Fällen weit unter der gesetzlichen Höchstgrenze liegen“, so ein unabhängiger Toxikologe. Anders sieht es bei Benzol aus. „Ein sehr aggressives Lösungsmittel, höchst giftig. Und verboten. Wir finden es zum Glück nur ganz selten“, sagt der Experte. „Bei einem gesunden Nagel dringt allerdings kaum etwas durch die Hornschicht. Und sobald der Lack getrocknet ist, ist er biologisch nicht mehr aktiv und damit unschädlich.“ Allergiker und Empfindliche mit lackierten Nägeln sollten dennoch lieber die Finger vom Gesicht lassen, um Hautirritationen zu vermeiden. Bei Nagelhärtern setzen einige Hersteller nach wie vor auf Formaldehyd als Stärkungsmittel. Es geht aber auch ohne, z.B. mit Hexanal, einem Molekül aus Fettsäuren. Als natürlicher Ersatzstoff hat sich auch Kalialaun bewährt. Es bildet kleine Kristalle auf dem Nagel und stärkt ihn so.
Lackentferner können gut auf Aceton verzichten. Doch auch der Ersatzstoff Ethylacetat ist aus dermatologischer Sicht nicht viel sanfter. Alternative: Entferner auf reiner Alkoholbasis. Sie haben zwar eine etwas längere Anlaufphase, reizen die Haut aber nicht so stark.
Bio-Lack
Glänzende Aussichten mit Bio-Lack?
Bio und Nagellack schließen sich eigentlich aus. „Denn der Lack muss glänzen, schnell trocknen, kratzfest und haltbar sein“, beschreibt Kosmetikhersteller Jerg Wohnhas die Herausforderungen bei der Herstellung eines ökologisch-korrekten Nagellacks. Sein Nagellack „Living Nails“ enthält Bioalkohol, Schellack, Benzoeharz, natürliche ätherische Öle und Carnaubawachs. „Das ist im Prinzip essbar“, so Jerg Wohnhas. Der Nachteil: Bio-Lack muss 20 Minuten trocknen, um nicht zu kleben, und ist nur in Glasklar zu haben. „Ich habe bisher kein natürliches Verdickungsmittel gefunden, das Farbpigmente in einen Lack auf Alkoholbasis einbinden kann.“ Tipp: Wer auf Farbe nicht verzichten und seine Nägel schonen möchte, kann den Bio-Lack als Unterlack verwenden.
Natürlich schöne Nägel
Glänzend aufgelegt sind Nägel auch von Natur aus – wenn die Pflege stimmt. Nagelöle oder -cremes versorgen die Oberfläche mit Nährstoffen, die im Alltag durch Seife und Co. baden gehen. Beste Basis: Mandel-, Jojoba-, Samen- oder Nussöle. Mit entzündungshemmenden Auszügen – z.B. aus Kampfer, Kamille, Wundklee oder Calendula. Toll: Nagelpflege erweicht zugleich die Nagelhaut, die sich dann leichter mit einem Rosenholzstäbchen zurückschieben lässt. Am besten täglich einmassieren. Auch Polierfeilen bringen Glanz. Ihre verschiedenen Oberflächen beseitigen unschöne Rillen und Verfärbungen, versiegeln die Nageloberfläche und lassen sie schimmern. Sieht (fast) aus wie gelackt!
Gutes für die Nägel
Gutes für die Nägel
Nagellack „Living Nails“ von Provida mit Schellack (10 ml, ca. 10 Euro, www.provida.de), „Source Organic Nail Polish“ von Alessandro mit Bioalkohol (15 ml, ca. 16 Euro, www.alessandro.de).
Nagellackentferner Ohne Aceton: „Living Nails Nagellack Entferner“ von Provida (50 ml, ca. 4 Euro, www.provida.de), „Nagellackentferner“ von Santé (100 ml, ca. 5 Euro, www.sante.de). „Nails Hands Feet Correct it Nail Polish Corrector“ von Douglas (3 ml, ca. 5 Euro). „Gentle Nail Polish Remover“ von Isadora (100 ml, ca. 5 Euro, www.isadora.com).
Nagelpflege „Nail Oil“ von Organic Pharmacy (www.theorganicpharmacy.com), u. a. mit Zitronenöl (30 ml, ca. 27 Euro), „Nagelöl“ von Dr. Hauschka, u. a. mit Neemöl (30 ml, ca. 17 Euro), „Fuß- und Nagelöl“ von Just Pure (www.justpure.de) mit Pfefferminz und Grapefruitöl (100 ml, ca. 32 Euro).
Nagelhärter Ohne Formaldehyd: „Diamond Hardener Nagelhärter“ von Artdeco (10 ml, ca. 11 Euro) „Base Coat Nagelhärter“ von Dior (10 ml, 17,50 Euro).
Polierfeilen z. B. von Koh (www.kohcosmetics.com), Artdeco, Douglas, Alessandro (www.alessandro.de)