Gerade erst kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an, dass die Corona-Impfungen mit dem AstraZeneca-Vakzin vorerst ausgesetzt werden. Er betonte, dass es sich bei dem Impfstopp um eine "reine Vorsichtsmaßnahme" handele. Jüngst waren einige Fälle von Hirnvenenthrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit einer AstraZeneca-Impfung aufgetreten. Bislang gibt es jedoch noch keinen Hinweis, ob die Entstehung der Thrombosen direkt mit dem Impfstoff zusammenhängen. Das sollte jetzt jedoch weiter untersucht werden.
AstraZeneca-Impfstopp laut Lauterbach ein "großer Fehler"
Sowohl viele Experten als auch Politiker kritisieren die Entscheidung. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bezeichnet den Impfstopp sogar als "großen Fehler". Gegenüber der Rheinischen Post gab er an: "Das schafft nur große Verunsicherung und Misstrauen in einer Situation, in der es auf jede Impfung ankommt." Er halte eine Prüfung des Vakzins bei laufenden Impfungen für besser. Er betont auch, dass das Risiko für eine Thrombose in der Größenordnung von 1 zu 100.000 oder weniger liege und im Vergleich zu Ungeimpften nicht erhöht zu sein scheine. Auch der Linken-Europapolitiker Erik Marquardt twitterte: "Die AstraZeneca-Aussetzung zerstört Vertrauen in einen guten Impfstoff." Ebenso machte die Deutsche Stiftung für Patientenschutz der Bundesregierung Vorwürfe. Eugen Brysch, der Vorstandsvorsitzende, verkündete in Berlin, dass mit der Entscheidung Vertrauen verspielt werde. Er warf Spahn vor, "einen Flächenbrand" zu zünden.
AstraZeneca-Impfstopp: Höheres Thromboserisiko bei Pille
Eine durch eine Thrombose ausgelöste Lungenembolie zählt zu den häufigsten Todesursachen junger, gesunder Frauen. Von vielen Seiten wird nun kritisiert, dass es aufgrund eines deutlich geringeren Thromboserisikos bei dem AstraZeneca-Vakzin einen Impfstopp gegeben habe, während die Pille zur Verhütung meist unreflektiert eingenommen werde. So äußerte sich beispielsweise die SPD-Europapolitikerin Katarina Barley bei Twitter: "Übrigens: die neueste Generation der Antibabypille hat als Nebenwirkung Thrombosen bei 8-12 von 10.000 Frauen. Hat das bisher irgendwen gestört?"
Christoph Spinner, Infektiologe an der Technischen Universität (TU) München, wies in einem Interview mit der Rundschau im BR Fernsehen darauf hin, dass Risikopatienten, welche momentan zuerst geimpft werden, immer auch ein erhöhtes Thromboserisiko hätten.
EMA-Einschätzung zu AstraZeneca
Heute (18.3.) soll die EMA ihre abschließende Einschätzung zum AstraZeneca-Impfstoff bekannt geben. Seit dem Impfstopp am Montag hat es weitere Fälle von Hirnvenenthrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit der AstraZeneca-Impfung gegeben. Insgesamt seien laut Bundesgesundheitsministerium zwölf Frauen und ein Mann zwischen 20 und 63 betroffen gewesen – drei von ihnen seien gestorben. Experten gehen davon aus, dass der Impfstoff weiter zugelassen wird, allerdings mit Einschränkungen. So könnte es in Zukunft Beschränkungen für bestimmte Patienten geben – beispielsweise könnten Menschen, die an Gerinnungsstörungen leiden oder Frauen, die die Anti-Baby-Pille einnehmen, von der Impfung ausgenommen werden.
Die Symptome der Thrombosen in den Hirnhäuten sind auffällig starke Kopfschmerzen zum Beispiel. Die Ärzte können die meisten Patienten mit einer Blutverdünnung heilen. Die Gefahr ist also überschaubar. Nebenbei: Frauen, die die Pille nehmen, gehen ein deutlich höheres Thromboserisiko ein. Aber das Abwägen von Risiken ist wenig populär. Entweder werden sie verdrängt – siehe die Pille – oder es wird absolute Sicherheit gefordert – siehe Impfungen. Die aber gibt es nicht, kann es aber nicht geben.
Quellen: br.de, zeit.de, deutschlandfunk.de