
Feierabend. Noch auf dem Firmenparkplatz klingelt das Handy. Lucas, mein elfjähriger Sohn, ruft an. „Mama, was gibt es heute zu essen?“ „Lass dich überraschen“, antworte ich. Von wegen, denke ich während der Fahrt nach Hause. Mein Kopf ist leer. Mir fallen nur schnelle Spaghetti mit Gemüse und Tomatensoße ein. Hab ich eigentlich alle Zutaten? Nein. Also noch kurz einen Abstecher in den Supermarkt. Ich merke mal wieder: Ich muss mich besser organisieren. Die Lösung meines typischen Feierabend-Problems: Ich werde mal die Lieferdienste für frische Lebensmittel ausprobieren.
Das Experiment beginnt
Ich beginne mit Hello Fresh. Die Idee der drei Gründer Jessica Nielsen, Thomas Griesel und Dominik Richter: Sie wollen einen Lieferdienst anbieten, der es Menschen wie mir ermöglicht, zu Hause gesund zu kochen – ohne sich um Rezeptideen und Einkäufe kümmern zu müssen. Die Zutaten kommen jede Woche frisch ins Haus. Ich klicke mich durch die bunte, übersichtliche Online-Seite und bestelle für die kommende Woche die vegetarische Box mit drei kompletten Gerichten für jeweils vier Personen. 59 Euro inklusive Lieferung – ein stolzer Preis. Ich bekomme einen Liefertermin genannt: Dienstag zwischen 17.30 und 22.30 Uhr. Passt, da ist auf jeden Fall jemand im Haus.
Die Lieferung kommt pünktlich. Perfekt. Schon beim Öffnen strömt uns der Duft frischer Kräuter in die Nase. Zuoberst ein großer Blumenkohl, daneben Möhren, Rosinen, Pastinaken, Sahnejoghurt ... insgesamt 18 herrlich frische Zutaten, die für die nächsten drei Tage genussvolle Abendessen versprechen. Ein vier Seiten dünnes Heftchen mit den drei Menüs liegt bei. Wie lange die Zubereitung dauern wird, erfahre ich zwar nicht, aber die Kalorien und Nährwerte, die auf jeden Esser entfallen.Hinter den etwas blumigen Rezeptnamen „Scharfes Duo“, „Cremige grüne Aue“ und „Reich der Pilze und Sonne“ verbirgt sich Bodenständiges: Blumenkohl-Linsen-Curry, Pastinakensuppe mit karamellisierten Zwiebeln und Apfel, geröstete Pilze mit Kartoffeln und Salat.
Die Zubereitung
Nach kurzem Familienrat starten wir mit dem Blumenkohl. Das Rezept kann ich leicht nachkochen. Der cremige Bio-Sahnejoghurt bringt das gewisse Etwas ins Curry. Allen schmeckt’s. Die Pastinakensuppe am nächsten Tag erhält nicht so viel Zuspruch. Hier kommen nur die karamellisierten Zwiebeln und Apfelwürfel richtig gut an. Egal, genörgelt wird auch sonst mal. Das dritte Gericht: allgemeine Würdigung. Nur bei Lucas fallen die gerösteten Pilze durch. Kein Wunder: Er hasst Pilze. Wir anderen mögen gerade das warme Gemüse zum knackigen Salat.
Lebensmittel liefern lassen
Eine gute Idee, die schnell viele Freunde gewinnt Diese praktischen Lieferdienste sind ein relativ junges Phänomen. Im Februar 2010 eröffnete Lisa Rentrop den ersten in Deutschland: Sie holte die Idee aus ihrer Heimat Schweden nach Hamburg und gründete KommtEssen. Als Mutter von zwei Kindern hatte Lisa Rentrop den Spagat zwischen Haushalt und Job satt. Ihr folgten Ende 2011 Hello Fresh und im März dieses Jahres Kochzauber – beide ansässig in Berlin.
„Mit unseren Kochzauber-Boxen möchten wir Familien dabei unterstützen, sich abwechslungsreich und gesund zu ernähren. Besonders wichtig ist uns, dass Kochen nicht als zusätzliche Belastung im hektischen Alltag angesehen wird“, erklärt Steffi Keuler, die Gründerin und Geschäftsführerin von Kochzauber. Die sportliche junge Frau, die im kommenden Jahr am Ironman teilnehmen will, und ihr Geschäftspartner Frederic Knaudt sind überzeugt, dass der Online-Handel mit Lebensmitteln in den nächsten Jahren rasant wachsen wird. Die Demografie spricht dafür: 2009 waren laut Statistischem Bundesamt 72 Prozent der 25- bis 49-jährigen Mütter mit mindestens einem im Haushalt lebenden Kind unter 25 Jahren erwerbstätig. Vorteil für Kunden: keine komplizierten Verträge. Gerade Familien profitieren von einem Lieferservice. Auf die will sich das Kochzauber-Team mit seinem Angebot noch mehr spezialisieren und beispielsweise Boxen entwickeln, die auf die Bedürfnisse kleiner Kinder zugeschnitten sind.
Bio-Lieferdienste - mein Fazit
Die Kochzauber-Box, die ich teste, überzeugt mich schon jetzt. Die Kalbsmedaillons sind außergewöhnlich zart und das cremige Pilzrisotto mit Rosmarinsoße passt perfekt dazu. Mit dem genau beschriebenen Rezept habe ich es in gerade mal 30 Minuten nachgekocht – ganz offensichtlich sind die Rezepte vorher ausprobiert worden.

Nach vier Kochexperimenten bin ich begeistert von diesem unkomplizierten Kochen ohne zeitraubendes Einkaufen und ohne dass etwas von den Zutaten übrig bleibt. Dass nur saisonale, frische Lebensmittel von Produzenten aus der Region verwendet werden, finde ich auch super.
Ich beschließe, mir und meiner Familie ab und zu ein paar Tage Lieferservice zu gönnen. Da ich jederzeit bestellen kann und keine Verträge abschließen muss, bleibe ich flexibel. Bequemer geht’s nicht: Sogar ein Dinner gibt es. Als hätten sie meinen Wunsch geahnt, schenkt mir eine Freundin zum Geburtstag einen Gutschein – für ein 2-Gang-Paket für zwei Personen aus dem Kochhaus. Das kannte ich bisher nur in Hamburg und Berlin als Läden, in denen die Lebensmittel nicht nach Warengruppen, sondern nach Rezepten sortiert angeboten werden. Mit einem schnellen Griff haben Kunden so die Zutaten für ein Gericht beisammen – Rezept inklusive. Sogar für ein Candle-Light-Dinner. Ein Geschenk nach meinem Geschmack. Und nun weiß ich auch, wie gut organisiert ich sein kann.