Da es noch keine Heilung für Covid-19 gibt, wurden bisher vor allem die auftretenden Symptome therapiert und gelindert. Nun hat der Pharmakonzern Merck in den USA die Notfallzulassung für ein neues Medikament beantragt, das alles verändern könnte.
Tablette gegen Covid: So wirkt Molnupiravir
Die Pille, deren Name zugegebenermaßen etwas sperrig klingt, wurde in einer klinischen Phase-III-Studie mit einem Placebo verglichen. Das Ergebnis: Die Studie mit insgesamt 800 Patient:innen musste abgebrochen werden. Allerdings nicht, weil Molnupiravir nicht wirkt, sondern weil es sogar so gut wirkt, dass es ethisch nicht vertretbar wäre, der Placebo-Gruppe das Medikament vorzuenthalten. Denn immerhin mussten 53 Infizierte der Placebo-Gruppe ins Krankenhaus eingeliefert werden und acht von ihnen starben. In der Medikamenten-Gruppe hingegen mussten nur halb so viele ins Krankenhaus und es gab keinen einzigen Todesfall.
Der größte Vorteil von Molnupiravir ist wohl seine einfache Einnahme. Sobald die ersten Symptome auftreten, muss man fünf Tage lang je acht Tabletten pro Tag einnehmen. Alle anderen bisher eingesetzten Medikamente (s. unten) müssen per Infusion verabreicht werden. Dabei greift Molnupiravir effektiv in die Vermehrung des Coronavirus ein, indem es sich als Bauteil der Virus-RNA tarnt. Sobald das Virus dann sein Erbgut kopieren möchte, schleichen sich aufgrund des Wirkstoffs so viele Fehler ein, dass keine weitere Vermehrung möglich ist und die Viruslast in Grenzen gehalten werden kann.
Wie lange es dauert, bis das Medikament erst in den USA und dann möglicherweise in Europa zugelassen wird, ist unklar. Die US-Regierung hat sich jedoch laut Zeit.de bereits 1,7 Millionen Dosen vormerken lassen.
Video: Wunder-Pille gegen Corona? Dieses Medikament soll das Risiko für einen schweren Verlauf deutlich senken
Coronavirus: So wird Covid-19 derzeit therapiert
Im Folgenden zeigen wir Ihnen, wie die Behandlung von Covid-19-Patienten sowohl bei milden als auch bei schweren Verläufen derzeit aussieht. Mit der möglichen Zulassung von Molnupiravir könnte sich das bald jedoch ändern.
Behandlung bei mildem Verlauf
Milde Verläufe von Covid-19 (ca. 81 % aller Fälle) ähneln einer Erkältung oder Grippe. Typische Symptome sind Husten, Fieber, Schnupfen sowie eine Störung des Geruchs- und Geschmackssinns. Zur Behandlung werden daher dieselben Maßnahmen wie bei einer Erkältungserkrankung empfohlen, um dem Körper den Kampf gegen die Erreger zu erleichtern:
- Ruhe,
- vermehrte Flüssigkeitszufuhr,
- bei Bedarf Medikamente zur Fiebersenkung oder Schmerzlinderung.
Behandlung bei schwerem Verlauf
Schwere Verläufe von Covid-19 (ca. 14 % aller Fälle) können lebensgefährlich sein und gehen mit starken Symptomen wie Entzündungen der Blutgefäße und Organe, z.B. Lungenentzündungen (Pneumonie) einher. Laut RKI müssen etwa 14 Prozent der wegen Covid-19 hospitalisierten Patienten intensivmedizinisch behandelt werden.
Medikamentöse Therapie
Derzeit gibt es noch kein Medikament, das die Erkrankung Covid-19 heilen kann. Allerdings werden in der klinischen Therapie hauptsächlich die folgenden drei Medikamente eingesetzt, um das Coronavirus zu bremsen oder den Verlauf abzumildern:
- Remdesivir
Dieser Virenhemmer soll die Vermehrung des Virenerbguts in den Körperzellen verhindern oder verlangsamen. Das Medikament ist nicht unumstritten, da es Schäden an Nieren und Leber hervorrufen kann. Bei gegebener Indikation, also bereits auftretender Lungenentzündung und Sauerstoffpflichtigkeit des Patienten, kann Remdesivir bei frühzeitiger Gabe jedoch vor einem schwereren Verlauf schützen, da es die Vermehrung und Verbreitung des Coronavirus im Körper deutlich einschränkt. Bei bereits fortgeschrittener Covid-19-Erkrankung (Symptomdauer über sieben Tage) hat Remdesivir jedoch keinen Nutzen mehr. - Cortison, z.B. Dexamethason
Vor allem bei schwer Erkrankten, die invasiv beatmet werden müssen, werden Kortikosteroide wie Dexamethason eingesetzt. Da das Coronavirus lebensgefährliche Entzündungsreaktionen in den Organen, z.B. Lungenentzündung (Pneumonie) sowie Blutgefäßen auslösen kann, können entzündungshemmende Kortikosteroide die Mortalität gefährdeter Patienten deutlich senken. Für Patienten ohne Sauerstoffbedarf wird die Therapie mit Dexamethason jedoch laut RKI nicht empfohlen, da sie in solchen Fällen sogar die Sterblichkeit erhöhen kann. - Gerinnungshemmer
Sogenannte Antikoagulantien werden gegen Thrombosen und Embolien eingesetzt. Hier ist eine prophylaktische Behandlung möglich und sinnvoll, um Hirnvenenthrombosen, aber auch Lungenembolien zu verhindern.
Sauerstofftherapie
Da sich Coronaviren vor allem in der Lunge ausbreiten, kommt es bei schweren Covid-19-Verläufen häufig zu Atembeschwerden (Dyspnoe) sowie Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxämie). Um diesen zu beheben und die Sauerstoffsättigung des Bluts zu erhöhen, wird den Patienten über eine Atemmaske Sauerstoff gegeben. Über die Hälfte (58 %) der intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten müssen mittels Intubation invasiv beatmet werden. Als letzte Option wird eine maschinelle Beatmung mittels externem ECMO-Gerät (extrakorporale Membran-Oxygenierung) angewendet. Hier wird das venöse Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert und dann wieder ins arterielle Blutgefäßsystem des Patienten geleitet. Das Verfahren ist jedoch hochkomplex und birgt einige Risiken, weswegen es nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt.
Rekonvaleszenten-Plasma
Bei diesem Therapieansatz soll das Blutplasma von bereits genesenen Covid-Patienten in den Blutkreislauf noch nicht genesener Patienten gebracht werden, um ihm Antikörper gegen SARS-CoV-2 zur Verfügung zu stellen. Widersprüchliche Studienergebnisse haben den Einsatz der Blutplasma-Therapie bisher verhindert. Dennoch werden derzeit wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, um weitere Evidenz hierzu zu liefern.
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper wirken schnell antiviral und könnten bei frühzeitiger Gabe theoretisch das Virus neutralisieren. Zurzeit laufen zahlreiche klinische Studien, in denen verschiedene monoklonale Antikörper untersucht werden, z.B. Bamlanivimab, Casirivimab oder Imdevimab. In den USA gab es vereinzelte Notzulassungen bestimmter Präparate. Aufgrund mangelnder Daten rät das RKI jedoch von vorschnellen Zulassungen von monoklonalen Antikörpern für die Covid-19-Behandlung ab.
Budesonid
Dieses Asthmaspray wurde als „Game Changer“ in der Behandlung von Covid-19 betitelt. Bei Budesonid handelt es sich um ein inhalatives Kortikosteroid, welches zur Therapie von Asthma eingesetzt wird. Aufgrund seiner entzündungshemmenden Wirkung scheint es frühe Verläufe sogar mildern zu können: „Für frühe Patienten ist es sicher ein Zusatzmedikament, was man einsetzen kann, aber sicher kein Gamechanger. Dann bräuchten wir ein Medikament, was die Patienten in allen Stadien der Krankheit adäquat therapiert“, sagte Dr. Thomas Grünewald, Leiter der Klinik für Infektions- und Tropenmedizin am Klinikum Chemnitz, dem MDR.
Quellen: rki.de, aerztezeitung.de, ndr.de, mdr.de, br.de