Long-Covid: Das sind die Spätfolgen des Coronavirus

Long-Covid: 40 Prozent der Corona-Infizierten laut Studie betroffen

Als Long-Covid bezeichnet man Symptome und Beschwerden, die länger als vier Wochen nach der Corona-Infektion anhalten. Einer Studie der Universität Mainz zufolge sind bis zu 40 Prozent der Infizierten sogar länger als sechs Monate betroffen. Diese Symptome treten dabei auf.

Dass Covid-19 eine ernste Erkrankung ist und selbst bei jüngeren und fitten Menschen schwere Verläufe annehmen kann, ist mittlerweile den meisten klar. Leichte Verläufe sind meist nach zwei Wochen mit milden Symptomen wie Husten, Fieber und Geruchsstörungen überstanden. Allerdings gibt es auch erstaunlich viele Fälle, in denen Betroffene noch Wochen oder gar Monate unter schweren Symptomen leiden, die einen normalen Alltag unmöglich machen. Doch wann spricht man von Long-Covid, welche Symptome treten dabei auf und wie viele Infizierte sind davon betroffen?

Was ist Long-Covid?

Bis vor Kurzem wurden die beiden Begriffe vermischt und zum Teil synonym verwendet. Nun hat jedoch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (DGP) in einer neuen Leitlinie den Unterschied eindeutig definiert. Long-Covid bezeichnet alle Verläufe einer Covid-19-Erkrankung, die über das akute Maß von vier Wochen hinausgehen und mit andauernden oder neu hinzukommenden Symptomen (s.u.) einhergehen. Bestehen die Beschwerden sogar länger als 12 Wochen und sind nicht durch eine andere Diagnose erklärbar, spricht man zusätzlich vom Post-Covid-19-Syndrom. 

Long-Covid: 40 Prozent der Corona-Infizierten laut Studie betroffen

Die Gutenberg COVID-19 Studie der Universitätsmedizin Mainz hat neue, erschreckende Zahlen geliefert. Seit Oktober 2020 haben die Forschenden über 10.000 Proband:innen untersucht und stellten dabei fest, dass etwa 40 Prozent aller mit dem Coronavirus Infizierten unter Symptomen leiden, die sogar länger als sechs Monate anhalten. Das Überraschende daran ist, dass auch jene davon betroffen sind, die ursprünglich einen milden oder symptomfreien Verlauf hatten. Nach Wochen oder Monaten berichten sie dann von Long-Covid-artigen Symptomen und den damit verbundenen Einschränkungen im Alltag.

Die Daten der Mainzer Studie gelten als äußerst bedeutsam – aufgrund der großen Teilnehmerzahl und der repräsentativen Altersstruktur (25 bis 88) seien die Ergebnisse auf die allgemeine Bevölkerung übertragbar. So stellten die Forschenden fest, dass das Alter kaum ausschlaggebend für das Auftreten von Long-Covid war. Ebenso konnten sie geschlechtsspezifische Unterschiede ermitteln: Während 46 Prozent der Frauen von Long-Covid-Symptomen berichteten, waren nur 35 Prozent der Männer davon betroffen. Bei rund einem Drittel aller Proband:innen ist die Leistungsfähigkeit durch Long-Covid seit der Infektion stark eingeschränkt.

Video: Neue Riesen-Studie – 40 Prozent aller Corona-Infizierten leiden an Long-Covid

Die Symptome bei Long-Covid

Die Symptome von Long-Covid sind individuell sehr unterschiedlich und können sogar länger als sechs Monate nach einer Infektion auftreten. Als häufigste Symptome wurden bisher die folgenden erfasst:

  • Fatigue (ungewöhnliche Erschöpfung)
  • Müdigkeit
  • Gedächtnisprobleme
  • Wortfindungsstörungen
  • Kurzatmigkeit
  • Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns
  • Anhaltender Husten
  • Brustschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Halsschmerzen
  • Schwindel
  • plötzliches Erbrechen

Neben dem Auftreten dieser Symptome können auch verschiedene Organe langfristig durch Long-Covid geschädigt werden. 

Wer ist besonders anfällig für Langzeitfolgen?

Verläuft die akute Covid-19-Erkrankung schwer, ist auch das Risiko für Long-Covid erhöht. Daten aus England zeigen, dass etwa 40 Prozent der an Covid-19 Erkrankten, die ins Krankenhaus eingeliefert wurden, auch über längerfristige Symptome klagten. Doch auch andere Faktoren machen die Langzeitfolgen von Corona wahrscheinlicher.

Als Hauptrisikofaktoren gelten demnach:

  • höheres Alter,
  • höherer Body-Mass-Index (BMI),
  • weibliches Geschlecht.

Long-Covid-Behandlung: Diese Therapieansätze gibt es

Da es noch kein Medikament gibt, das Covid-19 heilen kann, stellt sich auch bei Long-Covid die Frage nach möglichen und wirksamen Behandlungsmethoden. In der klinischen und ärztlichen Betreuung richten sich die Maßnahmen derzeit nach den Symptomen, da je nach Symptomatik unterschiedliche Organe und Organsysteme betroffen sind. Leidet eine erkrankte Person etwa unter Atemnot, spielen Atemübungen und das Ausschalten von reizenden Faktoren auf die Lunge, z.B. Rauchen, eine große Rolle. Ist hingegen das Herz betroffen und es bestehen Herzrhythmusstörungen, können entsprechende Medikamente wie Betablocker eingesetzt werden.

Derzeit werden zahlreiche klinische Studien durchgeführt, um verschiedene Therapieansätze und ihre Wirksamkeit bei Long-Covid zu überprüfen. So werden unter anderem Sportprogramme und Vitamin-Supplemente zur Behandlung des chronischen Erschöpfungssyndroms (Fatigue) getestet. Ebenso wird untersucht, ob Probiotika entzündliche Prozesse im Darm von Betroffenen stoppen können, um das Mikrobiom wiederherzustellen und das Immunsystem zu stärken. Die Forschenden hoffen, dass sich mit einer an die Organ-Symptomatik des Individuums ausgerichteten Therapie Long-Covid und Post-Covid künftig effektiver bekämpfen lassen.

Studie: Impfung könnte bei Long-Covid helfen

Vorsichtigen Optimismus für an Long-Covid Leidende bietet eine neue britische Preprint-Studie. In dieser wurden 900 Long-Covid-Patienten mit einem Corona-Impfstoff geimpft und anschließend zum weiteren Verlauf befragt. Immerhin gaben 57 Prozent der Probanden an, dass sich ihre Symptome nach der Impfung besserten. 24 Prozent stellten keinen Unterschied fest, 19 Prozent gaben jedoch eine Verschlechterung ihres Krankheitsverlaufs an. Der Autor der Studie, Professor Dr. David Strain von der Universität Exeter, schätzt dennoch anhand der Ergebnisse vorsichtig ein, „dass die Impfung bei den Betroffenen wahrscheinlich keine Verschlechterung verursacht und bei Long Covid möglicherweise von Vorteil sein kann.“

Studien zeigen: Schlafstörungen bei Long-Covid sehr häufig

Mittlerweile liegen mehrere wissenschaftliche Studien vor, in denen Patienten mit Long-Covid von Schlafstörungen berichteten. In einer groß angelegten Untersuchung in einem Krankenhaus in Wuhan gaben 26 Prozent der 1733 Patienten an, sechs Monate nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus an Schlafstörungen zu leiden. In einer italienischen Studie mit 402 Patienten litten sogar 40 Prozent der Fälle unter Insomnie. Besonders häufig traten die Schlafstörungen bei jüngeren Patienten, Frauen und Menschen mit psychiatrischen Vorerkrankungen auf. Ursächlich für die durch Long-Covid ausgelöste Insomnie könnten direkte Effekte des Coronavirus auf das zentrale Nervensystem sein. Ebenso könnte die Antwort des Immunsystems auf die Virusinfektion neurologische Veränderungen hervorrufen und den Tag-Nacht-Rhythmus stören.

Geruchs- und Geschmacksverlust kann monatelang andauern

Eines der auffälligsten und typischsten Symptome für Covid-19 und Long-Covid ist der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns. Betroffene können zum Teil sogar Schärfe nicht mehr auf ihrer Zunge wahrnehmen. In verschiedenen Untersuchungen klagten zwischen 40 und 80 Prozent der Covid-Patienten über den Verlust ihrer Geruchs- oder Geschmackssinne. Bis zu 38 Prozent der Betroffenen berichten auch noch nach fünf Monaten, dass Ihr Geruchs- oder Geschmackssinn noch vollständig oder teilweise gestört ist.

Die Ursachen hierfür sind zwar noch nicht vollständig geklärt. Als wahrscheinlichste Erklärung sehen Wissenschaftler jedoch neurologische Schäden in der Nase an. Eine Hypothese ist, dass das Coronavirus Nervenzellen in der Nase befällt und damit untauglich macht. Ein Befall der olfaktorischen Riechkolben im Gehirn gilt als unwahrscheinlich, da das Virus nur in seltenen Fällen bis ins Gehirn vordringt.

Lässt sich Long-Covid vorhersagen?

Neben Geschlecht, Alter und Gewicht hat nun eine neue Studie weitere Faktoren identifiziert, die Spätfolgen wahrscheinlicher machen. Darin heißt es: 

Die Patienten, die in der ersten Woche mehr als fünf Symptome dokumentierten, hatten ein signifikant größeres Risiko, auch nach mehr als einem Monat noch unter Beschwerden zu leiden.

Am höchsten sei demnach das Risiko für Spätfolgen bei den Symptomen:

  • Erschöpfung,
  • Kopfschmerzen,
  • Schlafstörungen,
  • Heiserkeit,
  • Muskelschwäche.

Ein organübergreifender Verlauf, der mehrere Teile des Körpers betrifft, scheint somit besonders oft zu Spätfolgen zu führen. Die folgenden Symptome können generell bei Long-Covid auftreten.

Video: Der Unterschied zwischen Long-Covid und Post-Covid

Quellen: rki.de, aerzteblatt.de, nature.com, awmf.org

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