
An Rheumatismen und an wahre Liebe glaubt man erst, wenn man davon befallen wird“ – das Zitat der österreichischen Schriftstellerin Marie Freifrau Ebner von Eschenbach (1830–1916) bringt es charmant auf den Punkt: Solange wir fit sind, beachten wir unsere Gelenke kaum. Reibungslos und von uns als selbstverständlich angesehen ermöglichen sie die alltäglichen Bewegungen: Treppen steigen, winken, in die Hocke gehen oder einen Stift halten. Erst wenn es irgendwo hakt, wird uns ihre Bedeutung schmerzhaft bewusst. Dann wissen wir, wie sich Gelenkbeschwerden anfühlen, von denen wir bislang nur in Gesprächen mit Älteren gehört hatten. Ob Schulter, Ellbogen, Hand, Hüfte oder Knie schmerzt – sofort schwirren uns viele Begriffe als mögliche Diagnose im Kopf herum: Handelt es sich schlicht um eine Alterserscheinung? Habe ich Arthritis oder Arthrose (und worin besteht eigentlich der Unterschied)? Steckt womöglich Rheuma oder Gicht hinter meinen Beschwerden? Um das einzuordnen, kommt es auf einen wesentlichen Unterschied an: Verschleiß oder Entzündung? Bei einer Arthritis handelt es sich um die Entzündung eines Gelenks. Der aus dem Griechischen stammende Begriff setzt sich aus „arthron“ (Gelenk) und der Endung „-itis“ (Entzündung) zusammen. Als Verursacher kommen drei Kandidaten infrage: erstens eine Infektion durch Erreger nach einer OP oder einer offenen Wunde, zweitens eine Autoimmunreaktion, wie es auf die rheumatische Arthritis (Rheuma) zutrifft, und drittens löst Gicht Entzündungen aus, weil sich wegen einer Stoffwechselstörung zu viel Harnsäure im Körper befindet.
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Gift für die Gelenke: Überlastung

Im Gegensatz dazu ist die Arthrose, die mit Abstand häufigste Gelenkerkrankung, kein entzündlicher, sondern ein degenerativer, chronischer Prozess. In einem schleichenden Verlauf kann sich der Knorpel, der in den Gelenken als Zwischenschicht Stöße abfängt und verhindert, dass Knochen aufeinanderreiben, immer weniger regenerieren und baut sich nach und nach ab. Auch die Knorpel umgebende und ernährende Gelenkschmiere, eine weitere Pufferschicht, kann betroffen sein. Bereits ab 30 geht es los: Erst zwickt es nur mal beim Joggen oder Treppensteigen, dann fällt es morgens immer schwerer, geschmeidig in die Gänge zu kommen. An Gelenkverschleiß denkt in dem Alter kaum einer. Doch der beginnt schon in jungen Jahren, wie Röntgenaufnahmen belegen. Im strapazierten Gelenk laufen Bewegungen nicht mehr wie geschmiert, es kann sich auch eine Entzündung entwickeln (aktivierte Arthrose). Fehlt die Knorpelschicht irgendwann völlig, stoßen die Knochen schmerzhaft aneinander. All das macht unter Umständen einen Gelenkersatz erforderlich. Übergewicht, Fehlhaltungen und damit verbundene Überbelastungen oder auch Verletzungen wie Bänderrisse oder Brüche können arthrotische Veränderungen im Gelenk auslösen. Durch zu viel Druck oder Zug auf die Gelenkschmiere verändert sich ihre Konsistenz, obendrein erhält sie nicht mehr ausreichend Nährstoffe. Mitunter begünstigen auch genetische Faktoren diesen Prozess. Am häufigsten trifft es das Kniegelenk, weil es so starke Belastungen aushalten muss. Typischerweise meldet sich Arthrose mit Morgensteifigkeit oder Anlaufschmerzen nach längeren Bewegungspausen. Weil die Beschwerden bald nachlassen, verpassen viele die Chance, rechtzeitig Schutzmaßnahmen für die Gelenke zu ergreifen und dadurch die Knorpelsubstanz so lange wie möglich zu erhalten. Denn was sich einmal abgebaut hat, kommt nicht zurück. Auch nicht durch Operationen. Das belegt eine kürzlich vom Harding-Zentrum für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut in Berlin veröffentlichte Studie. „Spritzen und Spiegelungen sind auf längere Sicht häufig wirkungslos. Ihr Nutzen wird oft überschätzt, und die verbundenen Risiken, wie etwa Entzündungen oder Schwellungen, werden ausgeblendet“, fasst der Direktor des Zentrums, Prof. Gerd Gigerenzer, die Ergebnisse zusammen. Bei einer Spiegelung wird das Gelenk meist gespült und bei Bedarf der Knorpel geglättet.
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Schmerzen lindern, aber wie?
Nötig sind also andere, weniger invasive Maßnahmen, z. B. Übergewicht abbauen. Und zwar am besten durch eine ausgewogene, kalorienreduzierte Mischkost. So lautet der wichtigste Rat, den Ärzte zu bieten haben. Die Belastung der Gelenke verringert sich, außerdem versorgt viel frisches Gemüse die Gelenke sowie den ganzen Körper mit wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen. Nahezu ebenso wichtig: Bewegung. Sie trägt dazu bei, den Verschleiß zu verlangsamen, weil sie die Zirkulation der Gelenkflüssigkeit fördert, was wiederum den Knorpel ernährt. Außerdem werden dadurch Stoffwechselprodukte, die sich eventuell im Gelenk gesammelt haben, ausgeschleust. Doch bevor an Bewegung überhaupt zu denken ist, muss oft erst einmal der Entzündungsschmerz gelindert werden. Bei einem akut entzündeten Gelenk lautet die Devise: schonen, hochlegen, kühlen. Das bringt schon was, doch um Schmerzmittel kommt kaum ein Betroffener herum. Klassische Schmerzmittel, die gleichzeitig entzündungshemmend wirken, lindern zuverlässig die Beschwerden. Nachteil: Sie eignen sich nicht für die Dauerbehandlung. Denn diese nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), zu denen die Wirkstoffe Diclofenac oder Ibuprofen zählen, müssen notwendigerweise hoch dosiert werden – doch das würde bei längerer Anwendung schwere Nebenwirkungen wie Blutungen in Magen und Darm oder ein erhöhtes Herzinfarkt und Schlaganfallrisiko nach sich ziehen. Kurzfristig eingesetzt sind die NSAR für die Betroffenen jedoch ein Segen, genau wie ihre pharmakologische Weiterentwicklung, die sogenannten COX2-Hemmer. Bei Rheuma steht zusätzlich Kortison als Behandlungsoption zur Verfügung. Ein Sonderfall ist die rheumaähnliche Erkrankung Gicht. Hierbei lagern sich Harnsäurekristalle in den Gelenken ab, sie versteifen. Das lässt sich ursächlich durch eine Ernährung mit wenig Fleisch und Fisch (bei deren Verstoffwechselung entsteht Harnsäure) und harnsäuresenkende Medikamente behandeln.
Enzyme helfen heilen
Bei Gelenkentzündungen jeder Art nützen aber auch Stoffe, die biochemische Prozesse anschieben. Dr. Birgit Mellis, Orthopädin aus Krefeld, kennt die Vorteile einer Kombinationstherapie mit Enzympräparaten wie „Wobenzym plus“ (rezeptfrei in Apotheken), die sie alternativ oder ergänzend einsetzt – je nach Stärke der Schmerzen. „Über die Entzündungshemmung und Abschwellung lindern sie die Schmerzen und verbessern die Ernährung des Knorpels“, erklärt sie. Und fügt hinzu: „Für Patienten bietet das den großen Vorteil, dass sie Schmerzmittel, die oft Nebenwirkungen haben, nach wenigen Tagen absetzen können.“ Eine Enzymtherapie unterdrückt die Entzündung nicht, sondern reguliert ihren Verlauf: Bestimmte Botenstoffe werden abgefangen, sodass sich die Entzündung auf ein normales Maß herunterschraubt. Die verschiedenen Inhaltsstoffe verbessern die Fließeigenschaften des Blutes, lassen Schwellungen abklingen und wirken antioxidativ. Letztlich bekommt der Gelenkknorpel mehr Nährstoffe und Sauerstoff zugeführt. Gerade das kann bei Arthrose den fortschreitenden Verlauf bremsen. Vor Nebenwirkungen braucht sich niemand zu fürchten. „Enzymkombinationspräparate eignen sich gut für eine Langzeittherapie. Gerade bei immer wiederkehrenden Beschwerden ist eine Einnahme über sechs bis acht Wochen möglich“, sagt Dr. Mellis. Je weniger Schmerzen Sie haben, desto beweglicher bleiben Sie und lassen die Gelenke nicht „einrosten“. Und der klugen Freifrau Ebner von Eschenbach haben Sie jetzt etwas voraus: Zu wissen, dass Rheumatismen existieren, heißt für Sie noch lange nicht, dass Sie befallen wurden.