Fröstelnde Finger und Füsse

Fröstelnde Finger und Füsse

Bei Frauen sind frostige Finger und Füsse eine Überlebensstrategie der Evolution. Doch frieren muss heute trotzdem keine mehr. Kreislauftraining und Wechselduschen können helfen.

Frierende Frau© iStockphoto
Frierende Frau

Es ist schlichtweg unfair: Mit dem Herbst beginnt bei rund 80 Prozent aller Frauen die Zeit der kalten Hände und Füsse. Sie klammern sich tagsüber dauernd an heiße Teebecher, wachen nachts mit fröstelnden Zehen auf oder schlafen wegen der Eisbeine erst gar nicht ein.

Frauen sind nicht besonders gut gegen Kälte isoliert
Männer kennen dieses Frier-Phänomen kaum, höchstens jeder fünfte spürt es – hin und wieder mal. Wie auch, denn Schuld an der permanenten Fröstelei ist ein Schutzmechanismus der Evolution speziell für Frauen: Der Muskelanteil des weiblichen Körpers liegt bei etwa 23 bis 25 Prozent, der von Männern bei 40. Frauen haben also einen fast doppelt so hohen Anteil an Körperfett, das aber nicht besonders gut gegen Kälte isoliert. Das schaffen nur die Muskeln. Der Physiologe Prof. Steffen-Sebastian Bolz von der Universität Toronto erklärt das so: „Muskeln setzen bei ihrer Arbeit rund 80 Prozent der Energie, die sie verbrauchen, in Wärme um. Und die wird dann im Körper verteilt.“ Ähnlich wie bei den alten Glühbirnen, die nur rund fünf Prozent des Stroms in Licht, aber 95 Prozent in Wärme verwandelt haben. Erschwerend kommt hinzu, dass die Haut bei Frauen um ein Siebtel dünner ist. Damit fällt ihr Wärmeverlust deutlich höher aus als beim Mann. Und: Weil Frauen auch bei gleicher Körpergröße 20 Prozent weniger Masse aufweisen, ist das Verhältnis von Körperoberfläche zu Masse ungünstig. Sie verlieren mehr Wärme. Das gilt besonders für große, schlanke Frauen.

Um bis zu acht Grad kann die Temperatur in den Zehen sinken
Genau hier greift eine clevere Überlebensstrategie. Wegen einer potenziellen Schwangerschaft will der Frauenkörper unbedingt das Gehirn und lebenswichtige Organe wie Herz, Leber oder Nieren schützen. Dazu muss er eine gleich bleibende Kerntemperatur von 37 Grad erhalten. Für dieses physiologische Ziel „opfert“ der weibliche Organismus eiskalt alle Körperteile, die er nicht für überlebenswichtig hält. Also verengen sich die Blutgefäße in Armen und Beinen, Händen und Füssen, aber auch in Ohren, Augen und der Nase. Dass die Adern in den Füssen schmaler werden, beweisen Aufnahmen mit Wärmebildkameras. Um bis zu acht Grad kann die Temperatur in den Zehen sinken – was übrigens der Hauptgrund ist, warum Klagen über kalte Füsse im Schnitt dreimal häufiger zu hören sind als über eisige Hände.

Kreislauftraining und Wechselduschen können helfen
Die häufigste Ursache für ausgekühlte Glieder ist ein zu niedriger Blutdruck. Sackt er bei Frauen unter 100/70 mmHg ab, wird der Körper schlechter durchblutet. Das spüren als Erstes Füsse und Hände. Hier hilft oft schon leichtes Kreislauftraining, etwa 20 Minuten Sport am Tag. Dazu Wechselduschen, um die Wärmeregulation zu trainieren: zwei Minuten angenehm warm duschen, dann den Hahn für zehn Sekunden auf „eiskalt“ drehen, dann wieder zwei Minuten auf „warm“. Dreimal wiederholen. Jeden Morgen, auch wenn’s anfangs schwerfällt. Doch Vorsicht: Permanent kalte Finger und Füsse – egal zu welcher Jahreszeit – können auch auf Krankheiten hindeuten. Wer länger als zwei Wochen am Stück darunter leidet, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen. Vor allem dann, wenn zum Kältereiz noch Schmerzen hinzukommen. Denn dahinter könnte z. B. das Raynaud-Syndrom stecken, unter dem vor allem jüngere Frauen fünfmal häufiger leiden als Männer. Dabei wird die Blutzufuhr in den Fingern durch anfallsartige Gefäßkrämpfe stark verringert. Sie sehen blass bis weiß aus, oft sogar blau. Häufig ist dies mit einem unangenehmen Kribbeln verbunden. Für das Leiden gibt es viele Ursachen: intensives Arbeiten am Computer etwa, aber auch eine Autoimmunstörung. Die sogenannte Weißfingerkrankheit ist lästig, aber meist eher harmlos.

Mögliche Ursache: ein verlangsamter Stoffwechsel
Auch eine Unterfunktion der Schilddrüse kann zu einer Störung im Wärmehaushalt führen. Klappt die Versorgung mit Schilddrüsenhormonen nicht optimal, frieren die betroffenen Frauen sehr leicht. Wem nicht nur oft kalt, sondern wer darüber hinaus auch häufig müde ist, lässt am besten seinen Hormonspiegel überprüfen.

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