Embodiment - Glück für Körper und Geist

Embodiment - Glück für Körper und Geist

Ein neues Vorsorgekonzept nutzt die enge Verbindung zwischen Körper und Psyche. Sein Name: Embodiment

Selbstbewusste Frau© thinkstockphoto
Selbstbewusste Frau

Machen Sie ein Experiment: Lassen Sie den Kopf hängen. Beugen Sie Ihren Rücken so, als müssten Sie eine Riesenlast tragen. Wie fühlen Sie sich jetzt? Könnten Sie Ihren Chef so um mehr Gehalt bitten? Kaum. Das klingt nach banaler Seelenklempnerei, doch es steckt viel mehr dahinter, wie immer neue Studien bestätigen: Körper und Psyche bilden eine Einheit. „Wenn sich eines von beiden verändert, muss das andere reagieren“, sagt Prof. Gerald Hüther, Hirnforscher an der Universität Göttingen. Sogar nach Jahrzehnten wirkt sich eine solche Einheit noch positiv aus, fanden Forscher der University of Kentucky heraus. Sie werteten Tagebücher aus, die 70- bis 95-jährige Nonnen als Teenager geschrieben hatten, und sahen: Klosterfrauen, denen es in jungen Jahren seelisch gut ging, wurden im Alter seltener körperlich krank.

Die Psychologin Prof. Janice Kiecolt-Glaser von der Ohio State University untersuchte dagegen Angehörige von Alzheimer- Patienten, die die tägliche Pflege enorm bedrückte, und fand heraus: Verglichen mit seelisch weniger stark belasteten Menschen, war ihre Wundheilung deutlich verlangsamt. Längst weiß man, dass negative Gefühle wie Angst oder Ärger nachweislich das Immunsystem schwächen. Andersherum bewältigen Frauen spontanes Reden oder schweres Kopfrechnen vor Publikum deutlich besser, wenn sie zuvor eine sanfte Schulter-Nacken-Massage von ihrem Partner bekommen, wie die Psychologin Beate Ditzen von der Universität Zürich herausfand. Sogar Brustkrebs-Patientinnen überstehen ihre Therapien besser, wenn ihr Partner sie stützt und wertschätzt.

Natürlich bedeutet das nicht, dass jemand „selbst schuld“ ist, wenn er krank wird. Das hat viele Ursachen, nicht nur seelische. Aber: Wer es schafft, dass es seiner Psyche gut geht, wird seltener krank und schneller gesund. Tatsächlich existiert so etwas wie Körperglück. Die 61-jährige Schweizerin Benita Cantieni (Infos: www.cantienica.com) ist das beste Beispiel: Seit ihrer Kindheit litt sie unter einer Fehlstellung der Wirbelsäule. „Doch statt mich meinem Schicksal zu ergeben, entwickelte ich erst für mich, dann für andere ein Verfahren, das den Körper aufrichtet und vernetzt.“ Heute lebt sie schmerzfrei. Und jeder Teil ihres Körpers scheint zu sagen: Mir geht’s gut! Genau das ist das Ziel ihrer Methode, die im Englischen „embodiment“ heißt (Verkörperung). Cantienis Übungen wecken das Körperglück und helfen, die Bindung zwischen Körper und Psyche zu verstehen – und zu nutzen. Die effektivsten haben wir für Sie zusammengestellt. Suchen Sie sich die aus, die am besten in Ihren Alltag passen, und machen Sie sie sooft wie möglich.

Angewinkeltes Bein© jalag-syndication.de
Angewinkeltes Bein

Übungen für Körper und Psyche

Das Fundament: aufgerichtet stehen

So geht's: Die Füße stehen hüftbreit auseinander und in leichter V-Stellung (Fersen etwas näher zueinander als die Zehen). Die Knie sind entspannt, nicht durchgedrückt, die Kniescheiben zeigen geradeaus. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Sitzbeinhöcker. Sie befinden sich in der Mitte der waagerechten Hautfalte zwischen Oberschenkel und Po. Richten Sie Ihr Becken so auf, dass Ihre Sitzbeinhöcker gerade nach unten zeigen. Spannen Sie die Bauch muskeln an und stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihren Bauchnabel zum Brustbein ziehen.

Aufgerichteter Stand© jalag-syndication.de
Aufgerichteter Stand

Der Effekt:


Das Schambein dehnt sich nach unten und Ihre Bauchmuskeln werden mit denen des Rückens vernetzt. Das Zusammenziehen der unteren Beckenöffnung aktiviert die Hüftmuskulatur und strafft die Oberschenkel. Sie stehen aufgerichtet und wirken und fühlen sich größer. Tipp: Das können Sie jederzeit machen (z. B. in der Warteschlange, am Bahnhof).

Kopf darf schweben© jalag-syndication.de
Kopf darf schweben

Der Kopf darf schweben

So geht’s: Sie sitzen (oder stehen) aufrecht. Die Schultern sind entspannt. Jetzt den „Kronenpunkt“, die höchste Stelle des Kopfes, zur Decke dehnen, Scham- und Steißbein in die Gegenrichtung. Die Sitzbeinhöcker sind aufgerichtet und leicht zum Damm gezogen. Das Kinn bildet mit dem Hals einen 90-Grad-Winkel. Mund nicht ganz schließen. Die Zungenwurzel hinten an den Gaumen legen. Nun stellen Sie sich vor, dass Sie rechts am Kinn einatmen und links oben an der „Geheimratsecke“ wieder aus. Danach atmen Sie links am Kinn ein und an der rechten Stirnseite aus. Die Übung dreimal wiederholen.

Der Effekt:
Die Schädelmuskulatur vernetzt sich. Es entsteht ein angenehmes Gefühl, als würde der Kopf schweben.

Den Brustkorb öffnen© jalag-syndication.de
Den Brustkorb öffnen

Den Brustkorb öffnen

So geht’s: Blasen Sie zwei Luftballons etwa mittelgroß auf. Nehmen Sie einen in jede Hand. Jetzt die Arme so anwinkeln, dass die Ellenbogen nach unten und die Hände nach oben zeigen. Führen Sie den Ballon in der rechten Hand mit einer geschmeidigen Bewegung zur rechten Schulter. Danach den Ballon in der linken Hand auf die gleiche Weise zur linken Schulter bewegen. Immer im Wechsel die Bewegung mit jedem Arm zehnmal wiederholen.

Der Effekt:
Die Übung öffnet den Brustkorb und dehnt Brust- und Schlüsselbein. So entsteht mehr Platz zum tiefen, befreiten Atmen.

Das innere Lächeln wecken © jalag-syndication.de
Das innere Lächeln wecken

Das innere Lächeln wecken

So geht’s: Legen Sie den Kopf (nicht den Nacken!) auf einen aufgeblasenen Luftballon. Stellen Sie sich vor, eine unsichtbare sanfte Kraft zieht gleichzeitig an Ihrem Schädeldach und an Ihrem Scham- und Steißbein, streckt den ganzen Körper. In Gedanken atmen Sie an der Kinnspitze ein und bei den Kiefergelenken wieder aus. Dreimal wiederholen. Dann atmen Sie am „Amorbogen“ (Mittelpunkt über der Oberlippe und unter der Nase) ein und an den Schläfen aus. Dreimal wiederholen. Zum Schluss dreimal über der Nasenwurzel (das „dritte Auge“) ein- und an den „Geheimratsecken“ ausatmen.

Der Effekt:
Eine tolle Ausstrahlung. Der Hals wird entspannt gedehnt.

Wirbelsäule strecken © jalag-syndication.de
Wirbelsäule strecken

Die Wirbelsäule strecken

So geht’s: Stellen Sie sich in den Rahmen einer Tür (oder: Balkongeländer, Säule, Pfeiler). Die Füße stehen in leichter V-Stellung fest auf dem Boden. Mit beiden Händen nach hinten den Türrahmen fassen. Spannen Sie jetzt Ihren Beckenboden an und lassen Sie den Oberkörper vorsichtig nach vorn fallen, bis die Arme gestreckt sind. Beckenboden noch mehr zusammenziehen und das Becken ganz leicht zum Bauchnabel heben. 40 Sekunden halten und fünfmal wiederholen.

Das bringt’s: Streckt die Wirbelsäule und aktiviert die mehr als 200 Rückenmuskeln.

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